Bakterieller Biofilm – deutlich zu sehen

Die Mundgesundheit spielt eine wichtige Rolle für die allgemeine Gesundheit. Die Kontrolle des bakteriellen Biofilms ist in diesem Zusammenhang von zentraler Bedeutung. Im Rahmen der Befundaufnahme liefert das Anfärben der Plaque wichtige Informationen und erleichtert die professionelle Beratung der Patienten hinsichtlich einer gezielten Zahnpflege.
Bakterieller Biofilm – ein komplexes Ökosystem
Bakterieller Biofilm siedelt sich auf Zahnhartsubstanz, Restaurationen und prothetischen Versorgungen, Gingiva und Mukosa, Zunge und in parodontalen Taschen an [1]. Er bildet ein komplexes, hochorganisiertes Ökosystem aus verschiedenen Mikroorganismen, Polysacchariden und Eiweißverbindungen. Der Biofilm zeichnet sich durch eine hohe Widerstandsfähigkeit aus: Er kann Immunreaktionen des Wirtes aushalten, trocknet nicht so ohne Weiteres aus und reagiert mit Einschränkungen auf den Einsatz antimikrobieller Substanzen. Bakterielle Stoffwechselprodukte dienen als Nahrungsreservoir und sorgen für die Stabilität der Biofilmmatrix. Das ausgezeichnete Haftvermögen schützt vor dem Abspülen durch den Speichel.
Die Gefahr eines gestörten Gleichgewichts
Normalerweise befindet sich die Keimflora des Biofilms in einem gesunden Gleichgewicht. Sie steht in gesunder Beziehung zu ihrem Wirt und schützt vor dem Eindringen pathogener Keime von außen. Dieses Gleichgewicht kann allerdings durch eine Änderung der Rahmenbedingungen außer Balance geraten. Häufiger Konsum von Kohlenhydraten kann dazu führen, dass säurebildende (azidogene) und säuretolerante (azidurische) Mikroorganismen stark zunehmen. Zu diesen zählen unter anderem Mutans-Streptokokken, Laktobazillen und Hefen [1]. Infolge der erhöhten Säureproduktion steigt das Kariesrisiko. Eine verstärkte Plaque-Akkumulation zieht außerdem häufig eine Entzündung des Zahnfleischs oder periimplantären Gewebes nach sich.
Versteckte Retentionsnischen
Bakterielle Beläge sammeln sich bevorzugt an Stellen, die schwer einzusehen und zu reinigen sind. Zahnmedizinischen Laien sind die Problemstellen nicht von vornherein bewusst, und Plaque ist für sie nicht so ohne Weiteres identifizierbar. Sie benötigen professionelle Anleitung und Begleitung bei der Zahn- und Mundpflege – und das von Kindheit an. Eltern brauchen Hinweise, Problemzonen eindeutig zu erkennen. Bildet doch die frühzeitige konsequente Mundhygiene die Basis für die zukünftige Gesundheit der Zähne und des Zahnfleischs. Kieferorthopädische Apparaturen stellen die Patienten vor besondere Herausforderungen beim Zähneputzen. Brackets und Bänder bieten ideale Nischen für die Kolonisation des bakteriellen Biofilms (Abb. 1a u. b). Bei modernem Zahnersatz wie Implantatversorgungen gibt es Stellen, die besondere Aufmerksamkeit hinsichtlich ihrer Reinigung verdienen. Die richtige Handhabung von Zahn- und Interdentalbürste erfordert Training, um das erhöhte Risiko der Akkumulation bakterieller Beläge an komplexen Suprastrukturen oder natürlicher Zahnsubstanz zu minimieren. Nur so lässt sich eine langfristige Qualitätssicherung realisieren.
Retentionsnischen identifizieren
Eine anschauliche Beratung bildet die Basis für die erfolgreiche Mundpflege zu Hause. Professionell informierte Patienten haben die Chance, Zähne und Zahnhalteapparat langfristig gesund zu erhalten und prothetische Versorgungen adäquat zu pflegen. Methoden, die das Interesse für das Thema Mundpflege wecken und fundierte Informationen für die Diagnostik liefern, sind dabei erste Wahl. Hierzu zählt das Sichtbarmachen des Biofilms mithilfe eines Farbstoffes.
Farbstoffe zum Sichtbarmachen des Biofilms
Zum Anfärben der Plaque dienen Farbindikatoren, wobei Präparate mit unterschiedlichen Farbstoffen zur Auswahl stehen. Je nach verwendetem Produkt erscheint die Plaque unmittelbar nach dem Auftragen rotviolett oder blau. Ein anderer Farbstoff löst nach der Anregung mit Blaulicht ein gelbgrünes Leuchten (Fluoreszenz) aus. Dieses Konzept liegt z. B. der Indikatorflüssigkeit Plaque Test mit dem Inhaltsstoff Fluorescein von Ivoclar Vivadent (Ellwangen) zugrunde [2].
Im Vergleich mit anderen Plaque-Indikatoren ergeben sich folgende Vorteile: • Fluorescein erlaubt das gezielte Einfärben des bakteriellen Biofilms. Zähne, Zahnfleisch, Zunge, KFO-Apparaturen oder Restaurationen behalten ihre Eigenfarbe und werden nicht verfärbt [3].
- Bei Tageslicht ist der Farbstoff unsichtbar. Das Erscheinungsbild wird nicht beeinträchtigt.
- Die Befundaufnahme ist eindeutig: Unter der Blaulichtlampe erscheinen die Gingiva dunkelblau, die Zähne blau und die Plaque gelb.
- Es werden v. a. lebende Bakterien im Biofilm angefärbt.
- Fluorescein eignet sich sehr gut für die digitale Quantifizierung, da sich ein klarer Farbkontrast zur rötlichen Ginigiva ergibt [4]. Bei rotvioletter Einfärbung ist dies nicht gegeben. Plaque Test kann daher auch bei der computergestützten Auswertung des Plaqueaufkommens verwendet werden.
Die Applikation der Indikatorflüssigkeit erfolgt schnell und einfach: Um freien Zugang zu den Zahnflächen zu erhalten, empfiehlt sich das Einsetzen des flexiblen Lippen-Wangen- Halters OptraGate von Ivoclar Vivadent. Plaque Test wird mit einem Wattebausch großflächig auf alle Zahnoberflächen aufgetragen (Abb. 2). Die Flüssigkeit schmeckt aufgrund des Inhaltsstoffes Glycerin leicht süß. Zucker ist nicht enthalten. Danach spülen die Patienten kurz mit Wasser. So verbleibt das Präparat nur auf vorhandenem bakteriellem Biofilm. Beim Bestrahlen mit einer Polymerisationslampe, z. B. Bluephase Style von Ivoclar Vivadent, fluoreszieren die mit Plaque bedeckten Oberflächen gelb (Abb. 3). Im Rahmen der professionellen Zahnreinigung, z. B. mit den Prophy-Pasten Proxyt von Ivoclar Vivadent oder mit der Zahnbürste, werden die bakteriellen Beläge einfach entfernt (Abb. 4).
Visualisierter Biofilm – mehrfacher Nutzen
Das Anfärben des bakteriellen Biofilms ist eine Methode, die einfach, schnell und deutlich Risikostellen für Praxisteam und Patienten sichtbar macht. Zum einen erleichtert sie die Bestimmung von Plaque-Indizes im Rahmen der Befundaufnahme [5]. Zum anderen erkennen auch Laien die Bereiche, wo sich Plaque bevorzugt sammelt. Die Beratung zur gezielten Mundpflege verläuft damit problembezogener und schneller. Auch der Nutzen einer regelmäßigen professionellen Zahnreinigung lässt sich verständlich demonstrieren. So können z. B. Patienten mit komplexen prothetischen Versorgungen einfacher nachvollziehen, warum sie Zeit und Geld in diese Maßnahme investieren sollten. Außerdem lässt sich der Behandlungserfolg deutlich zeigen: Die Farbintensität fällt weniger stark aus, oder es tritt sogar überhaupt keine Färbung mehr auf, wenn der bakterielle Biofilm vollständig entfernt ist. Der Aufwand der professionellen und häuslichen Mundpflege rentiert sich also.