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Parodontologie

Der trockene Mund

Xerostomie und Hyposalivation treten relativ häufig auf und schränken die Lebensqualität der Betroffenen deutlich ein. Hauptursachen dafür sind Nebenwirkungen von Medikamenten, einer Bestrahlungstherapie maligner Kopf-Hals-Tumoren und bestimmte Syndrome. Die Diagnostik ist unproblematisch und kann klinisch sowie durch Messung der Speichelfließraten erfolgen, wie im folgenden Beitrag gezeigt wird. Die Autorinnen geben darüber hinaus einen Überblick über die Therapieoptionen, Speichelstimulation und Speichelersatzmittel, und klären über die Betreuung dieser Patienten auf.

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Speichel stellt einen unverzichtbaren Schutz der Mundhöhle dar. Er ist eine komplexe Körperflüssigkeit, welche zwar im Wesentlichen aus Wasser besteht, deren organische (z. B. Bicarbonat, Muzine, prolinreiche Proteine, Lysozym, Peroxidasen, Immunglobuline) und anorganische Bestandteile (z. B. Natrium, Kalium, Kalzium, Phosphat) jedoch eine Vielzahl wichtiger biologischer Funktionen in der Mundhöhle erfüllen. Dazu gehören die Befeuchtung oraler Strukturen, die Elimination von Mikroorganismen und Aufrechterhaltung der Mineralbalance der Zahnhartsubstanzen sowie eine Puffer- und Reinigungsfunktion.

Ferner spielt Speichel bei der Geschmacks- und Geruchsperzeption eine entscheidende Rolle [1]. Dementsprechend führt Hypo- oder Dysfunktion der Speicheldrüsen nicht nur zu einer deutlichen Erhöhung des Risikos für eine Vielzahl oraler Erkrankungen, sondern auch zu einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität. Wenn Patienten über Trockenheitsgefühl in der Mundhöhle klagen, spricht man von Xerostomie. Die Begriffe Hyposalivation oder Hypofunktion der Speicheldrüsen bezeichnen dagegen die objektiv messbare Reduktion der Speichelfließrate.

Über die Prävalenz von Xerostomie und Hyposalivation ist wenig bekannt. Die in der Literatur berichteten Häufigkeiten liegen zwischen 1 % und 65 %. Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer [2]. Inzwischen geht man davon aus, dass Hyposalivation keine Alterserscheinung ist; die Prävalenz nimmt jedoch allein aufgrund der vermehrten Medikamenteneinnahme mit höherem Lebensalter zu. Immerhin scheinen aber bereits 10 % der jungen Erwachsenen betroffen zu sein [3].

Mechanismen der Speichelproduktion

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Zum besseren Verständnis der Ursachen von Hyposalivation sei im Folgenden etwas genauer auf die komplexen Bedingungen der Speichelproduktion eingegangen. Der Speichel wird von den drei großen Speicheldrüsen, den Glandulae submandibularis, sublingualis und parotis, sowie von den kleinen Speicheldrüsen der Mundschleimhaut sezerniert. Funktionelle Einheiten der Speicheldrüsen sind die Acini, deren Zellen muköses und seröses Sekret produzieren, und das Duktussystem, in dem der Speichel in seiner Zusammensetzung modifiziert und in die Mundhöhle abgesondert wird. Die Anteile serösen und mukösen Speichels sind in den jeweiligen Speicheldrüsen unterschiedlich und variieren zusätzlich noch je nach regulatorischem Zustand.

Die Speicheldrüsen werden vom vegetativen Nervensystem innerviert [4]. Afferente Signale von Geschmacks-, Geruchs-, Temperatur- und Berührungsreizen werden über die Nervi facialis, glossopharyngeus und trigeminus in zentrale Hirnregionen (Nuclei salvatorii) geleitet, welche sowohl mit hypothalamischen und limbischen Arealen als auch mit Bereichen des frontalen Cortex interagieren. Von den Nuclei salvatorii erfolgt die Reflexsteuerung der Speichelsekretion über die efferenten Fasern der erwähnten Nerven. Eine Impulsverringerung der Nuclei vermindert die Speichelsekretion. Die kleinen Speicheldrüsen werden über parasympathische Anteile des N. lingualis, N. buccalis und N. mandibularis innerviert.

Sympathische und parasympathische Nerven innervieren in den Speicheldrüsen die Zellen der Acini, des Ductus, der myoepithelialen Zellen und der Blutgefäße. Der relative Anteil sympathischer und parasympathischer Innervation variiert, die Glandulae parotis und submandibularis sind stärker sympathisch innerviert als die muköse Glandula sublingualis und die kleinen Speicheldrüsen. Die Speichelsekretion wird einerseits durch Acetylcholin und Adrenalin reguliert, jedoch können auch andere Neurotransmitter, wie die Substanz P und das vasoaktive intestinale Peptid, beteiligt sein.

Die Flüssigkeitssekretion hängt wesentlich von der Aktivierung von muskarinergen Rezeptoren an den Azinuszellen durch Acetylcholin ab, welches von parasympathischen Nervenfasern ausgeschüttet wird. Die Sekretion von Proteinen wird durch die Ausschüttung von Noradrenalin durch sympathische Nervenfasern, welches an ?1-Adrenozeptoren bindet, und durch die Freisetzung von vasoaktivem intestinalem Peptid durch parasympathische Fasern aktiviert. Der Elektrolytgehalt schließlich wird durch verschiedene Membrantransportsysteme reguliert. Das in den Acini noch isotone Sekret unterliegt während des Transports durch den Ductus verschiedenen Rückresorptionsmechanismen, die schließlich zur Sekretion eines hypotonen Speichels in die Mundhöhle führen. Ein wichtiger Bestandteil des Speichels ist Bikarbonat, welches neben seinen Puffereigenschaften auch die Lösung von Makromolekülen, speziell Muzin, unterstützt. Es wird wahrscheinlich hauptsächlich in duktalen Zellen akkumuliert, und die Ausschüttung in den Ductus wird wahrscheinlich durch Stimuli des autonomen Nervensystems reguliert.

Diese komplexen Regulationsmechanismen ermöglichen einerseits eine Vielzahl von Reaktionen der Speichelsekretion auf bewusste und unbewusste Reize. So führt beispielsweise die Vorstellung von Geschmacksreizen zur Speichelstimulation, Angst dagegen zu einer Verringerung des Speichelflusses. Auch sind Hirnareale, die den Tag-Nacht-Rhythmus regulieren, mit den Impulsgebern für die Speichelsekretion verbunden, was die zirkadianen Rhythmen der Speichelfließraten erklärt. Andererseits stellen die regulatorischen Systeme Angriffsstellen für eine Vielzahl von Pharmaka dar, welche unerwünschte Wirkungen auf die Speichelsekretion entfalten können. Ebenso greifen bestimmte systemische Erkrankungen in die Regulationsmechanismen der Speichelproduktion ein. Die wesentlichen Ursachen für Hyposalivation und Xerostomie sind Nebenwirkungen von Medikamenten, Radiotherapie maligner Kopf-Hals-Tumoren sowie Syndrome und bestimmte Allgemeinerkrankungen.

Die medikamentenbedingte Hyposalivation

Nebenwirkungen von Medikamenten finden speziell dann Beachtung, wenn sie schwerwiegend sind und objektivierbare Befunde darstellen. Nebenwirkungen, die jedoch eher in den Bereich der Missempfindungen oder Befindlichkeitsstörungen eingeordnet werden, etwa Xerostomie, sind weit weniger gut untersucht und dokumentiert [5]. Solche Nebenwirkungen sind aber nicht banal, sondern können die Lebensqualität und langfristig auch die Gesundheit der Patienten beeinträchtigen. Viele Medikamente beeinflussen die Speichelsekretion; dazu gehören v. a. Wirkstoffe mit anticholinergen Eigenschaften, speziell solche, die muskarinerge Rezeptoren hemmen [6]. Dazu gehören v. a. Antihypertensiva, Diuretika, Betablocker, Kalziumantagonisten, aber auch Antiepileptika, Anti-Parkinson-Medikamente oder bestimmte Psychopharmaka. Trizyklische Antidepressiva etwa blockieren den Effekt von Acetylcholin auf muskarinerge Rezeptoren, was nicht nur zur Reduktion der Speichelfließrate, sondern aufgrund der relativ dominierenden sympathischen Stimulation zur Sekretion von visköserem Speichel führt [7]. Tabelle 1 führt Wirkstoffe auf, welche mit hohem Evidenzlevel Xerostomie oder Hyposalivation verursachen können.

Tab. 1: Medikamente, welche Xerostomie oder Hyposalivation induzieren können (Zusammenfassung aus [30]). Wirkstoffe, die in Deutschland im jeweiligen Indikationsgebiet unter die zehn am häufigsten verordneten fallen, sind fett gedruckt [8]. Ganß/Schlüter
Tab. 1: Medikamente, welche Xerostomie oder Hyposalivation induzieren können (Zusammenfassung aus [30]). Wirkstoffe, die in Deutschland im jeweiligen Indikationsgebiet unter die zehn am häufigsten verordneten fallen, sind fett gedruckt [8].

Ein unterschätztes klinisches Problem?

Der Verbrauch von Arzneimitteln, speziell solcher aus der Indikationsgruppe der Mittel zur Behandlung von Hypertonie, ist in Deutschland im vergangenen Jahrzehnt deutlich angestiegen [8]. Statistisch gesehen verbrauchte im Jahre 2015 jeder gesetzlich Versicherte 122 Tagesdosen eines Mittels mit Wirkung auf das Renin-Angiotensin-System, 32 Tagesdosen eines Betablockers, 30 Tagesdosen eines Kalziumkanalblockers, 27 Tagesdosen eines Diuretikums und rund 5 Tagesdosen eines Antihypertonikums. Der Verbrauch von Medikamenten in dieser Indikationsgruppe stieg seit 1996 von rund 5,5 Mrd. Tagesdosen auf rund 15 Mrd. Tagesdosen im Jahr 2015 an (Abb. 1).

Die Prävalenz von verschriebenen Arzneimitteln steigt mit zunehmendem Alter deutlich an. Ab dem 60. Lebensjahr findet sich nur noch eine kleine Gruppe, die keine verschreibungspflichtigen Medikamente einnimmt. In diesem Alter nimmt auch die Prävalenz von Polypharmazie (Einnahme von fünf und mehr verschriebenen Präparaten) deutlich zu. Während etwa 5 bis 10 % der 40- bis 59-Jährigen fünf und mehr verschriebene Medikamente einnehmen, sind es 25 % der 60- bis 69-Jährigen und etwas über 40 % der 70- bis 79-Jährigen [9].

Angesichts dieser Daten ist die medikamentenbedingte Hyposalivation möglicherweise ein deutlich unterschätztes klinisches Problem, jedenfalls aber eines mit erheblicher Relevanz für die tägliche zahnärztliche Praxis. Speziell bei älteren Patienten sollte daher bei der klinischen Untersuchung routinemäßig auf die Speichelsituation geachtet werden.

Abb. 1: Verbrauch von Mitteln zur Behandlung von Bluthochdruck in DDD (Defined Daily Dose = Dosis eines Medikaments, die bei einer bestimmten Indikation im Durchschnitt pro Tag verordnet wird). Ganß/Schlüter
Abb. 1: Verbrauch von Mitteln zur Behandlung von Bluthochdruck in DDD (Defined Daily Dose = Dosis eines Medikaments, die bei einer bestimmten Indikation im Durchschnitt pro Tag verordnet wird).
Abb. 2: Speichelfließrate nach Stimulation mit Paraffin bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren vor sowie 1 bis 24 Monate
nach Bestrahlung. Grau: Patienten, die im Untersuchungszeitraum keine Karies entwickelten (n = 23), weiß: Patienten, die im Untersuchungszeitraum Karies entwickelten (n = 34) [19]. Ganß/Schlüter
Abb. 2: Speichelfließrate nach Stimulation mit Paraffin bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren vor sowie 1 bis 24 Monate
nach Bestrahlung. Grau: Patienten, die im Untersuchungszeitraum keine Karies entwickelten (n = 23), weiß: Patienten, die im Untersuchungszeitraum Karies entwickelten (n = 34) [19].

Hyposalivation nach Radiotherapie maligner Kopf-Hals-Tumoren

Jährlich erkranken etwa 20.000 Personen an malignen Tumoren im Kopf-Hals-Bereich. Im Jahr 2004 lebten insgesamt etwa 35.000 Personen mit einer maximal 5 und 55.300 mit einer maximal 10 Jahre zurückliegenden Diagnose [10]. Tumoren der Kopf-Hals-Region werden in der Regel operativ und/oder mit einer Radio- oder Radiochemotherapie behandelt. Die Strahlentherapie bedeutet die Exposition gegenüber ionisierenden Strahlen mit dem Ziel, das maligne Gewebe zu zerstören. Auch bei modernen Strahlentherapien ist dabei jedoch die Schädigung gesunden Gewebes unumgänglich. Abhängig von der Tumorlokalisation und -ausdehnung liegen die Speicheldrüsen in der Regel im Strahlenfeld; ihre Speichelproduktion ist in den meisten Fällen post radiationem deutlich eingeschränkt [11] (Abb. 2). Dabei ist unklar, ob die Hyposalivation durch den Zelltod von Azinuszellen, durch Membranschädigung mit Dysfunktion der Azinuszellen oder durch die in späteren Stadien verminderte Regenerationsfähigkeit der Zellen bedingt ist. Es gibt zusätzlich Hinweise darauf, dass sich ein interstitielles Ödem entwickelt, das eine Kompression der Drüsenausführungsgänge mit Stauung des Drüsensekrets verursacht. Die irreversible Folge sind Zelluntergänge und ein fibrotischer Umbau v. a. der serösen Anteile der Speicheldrüsen.

Eine der schwerwiegendsten oralen Komplikationen der Radiotherapie ist die sogenannte Strahlenkaries, deren Ausmaß klar mit dem Grad der Hyposalivation assoziiert ist (vergl. Abb. 2). Allgemein tragen die speichelassoziierten Probleme nach Abschluss der Tumortherapie erheblich zur Verringerung der mundgesundheitsbezogenen Lebensqualität dieser Patientengruppe bei [12].

Syndrome und Allgemeinerkrankungen als Ursachen

Die Speichelsekretion kann im Rahmen verschiedener Allgemeinerkrankungen und Syndrome beeinträchtigt sein. Dazu zählen u. a. chronisch-entzündliche Bindegewebserkrankungen (z. B. Sklerodermie), Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems (z. B. Fibromyalgie) oder genetisch bedingte Erkrankungen (z. B. Speicheldrüsenaplasie) [7, 13].

Zu den häufigsten Ursachen gehört das Sjögren-Syndrom. Dabei handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung mit chronisch-inflammatorischer lymphoproliferativer Veränderung exokriner Drüsen, welche sich in trockenem Mund und trockenen Augen äußert (primäres Sjögren-Syndrom).

Trockenheit von Mund und Augen kann aber auch Begleitsymptom autoimmun bedingter rheumatoider Erkrankungen sein (sekundäres Sjögren-Syndrom) [14]. Die Diagnose wird aufgrund der klinischen Symptomatik sowie nach objektiven Befunden (Fließratenbestimmung, Sialografie, Szintigrafie der Glandula parotis, Antikörperbestimmung) gestellt [14].

Eine weitere Ursache stellen Störungen im Flüssigkeitshaushalt dar, etwa unter Dialyse [15].

Diagnostik von Hyposalivation und Xerostomie

Die Diagnostik von Hyposalivation ist unproblematisch. Bei der klinischen Untersuchung finden sich typische Befunde (Tab. 2). Wenn etwa der sublinguale Speichelsee fehlt (Abb. 3) oder der Spiegel an der Wangenschleimhaut haftet, sollten Maßnahmen ergriffen werden. Subjektive Beschwerden sind jedoch nicht unmittelbar mit der objektivierbaren Speichelquantität assoziiert. So können Patienten bei klinisch vermindertem Speichelfluss symptomlos sein, umgekehrt kann Trockenheitsgefühl auch bei klinisch unauffälligem Aspekt vorkommen [16]. Sowohl bei subjektivem Trockenheitsgefühl als auch bei klinischem Verdacht sollte eine Sialometrie, also eine Bestimmung der Fließrate, weiteren Aufschluss über den Grad der Hypofunktion geben.

Abb. 3: Typischer klinischer Aspekt bei Hyposalivation: glanzlose
Schleimhaut, matte Zahnoberflächen und fehlender Speichelsee
im Sublingualraum bei einer Patientin mit Sjögren-Syndrom. Ganß/Schlüter
Abb. 3: Typischer klinischer Aspekt bei Hyposalivation: glanzlose
Schleimhaut, matte Zahnoberflächen und fehlender Speichelsee
im Sublingualraum bei einer Patientin mit Sjögren-Syndrom.
Tab. 2: Subjektive und klinische Befunde bei Verminderung des Speichelflusses. Ganß/Schlüter
Tab. 2: Subjektive und klinische Befunde bei Verminderung des Speichelflusses.

Speichelfließrate unkompliziert bestimmen

Grundsätzlich sollte die Bestimmung der Fließraten unter standardisierten Bedingungen erfolgen, insbesondere, wenn eine Verlaufsbeobachtung geplant ist. Das Verfahren zur Bestimmung der Speichelfließrate (Sialometrie) ist einfach. Benötigt werden ein einfacher Kunststofftrichter, ein Sammelgefäß, ein Stück Paraffin und eine Stoppuhr. Die Speichelmenge kann entweder über eine Skalierung auf dem Sammelgefäß oder durch Wiegen ermittelt werden. Allgemein wird die Fließrate in Milliliter pro Minute (ml/min) angegeben. Die Bestimmung sollte idealerweise am Vormittag zwischen 9 und 11 Uhr in einem ruhigen Raum erfolgen. Die Patienten sollten mindestens eine Stunde zuvor nicht essen, trinken oder rauchen und keine Mundhygienemaßnahmen durchführen. Die Messung sollte sitzend und bei leicht nach vorn geneigtem Kopf erfolgen.

Zur Bestimmung der unstimulierten Speichelfließrate wird direkt vor Beginn der Messung der vorhandene Speichel geschluckt, alsdann lässt der Patient den Speichel über einen Zeitraum von 5 Minuten ohne weitere Bewegungen in das Sammelgefäß tropfen. Abschließend wird der Restspeichel in das Sammelgefäß ausgespuckt. Bei sehr niedrigen Fließraten sollte die Sammelzeit verlängert werden.

Die normale Fließrate für unstimulierten Speichel beträgt 0,25 ml/min und mehr, bei Fließraten zwischen 0,1 und 0,25 ml/min ist die Fließrate erniedrigt, unter 0,1 ml/min besteht Hyposalivation.

Zur Anregung des Speichels bei einer Bestimmung der stimulierten Speichelfließrate dient ein Stück Paraffinwachs oder geschmacksneutrale Kaugummimasse. Nach etwa einer Minute Kauen wird der vorhandene Speichel geschluckt und die Messung beginnt. Bei etwa einer Kaubewegung pro Sekunde wird der Speichel ebenfalls in der Regel über einen Zeitraum von 5 Minuten in das Sammelgefäß gespuckt. Die normale Fließrate für stimulierten Speichel beträgt 1 ml/min und mehr, bei Fließraten zwischen 0,7 und 1 ml/min ist die Fließrate erniedrigt, unter 0,7 ml/min besteht Hyposalivation.

Diagnostik der Xerostomie

Die subjektiven Symptome bei Xerostomie können mit wenigen gezielten Fragen erhoben werden [17], welche einfach in den Anamnesebogen integriert werden können. Ein Standardinstrument dazu ist der Fragebogen aus dem Xerostomie-Inventar [18], der Fragen nach verschiedenen Symptomen im Bereich der Mundhöhle, aber auch von Lippen, Augen und Nase enthält (Tab. 3). Die vorgegebenen Antwortkategorien sind mit Punkten bewertet, sodass ein Gesamtpunktwert im Sinne eines Xerostomie-Indexes errechnet werden kann. Dieses Vorgehen eignet sich zur Beurteilung des Krankheitsverlaufs und zur Erfolgskontrolle von Therapiemaßnahmen.

Tab. 3: Anamnesefragen für Xerostomie (übersetzt nach [18]). Die Aussagen werden nach einer Punkteskala bewertet: niemals (1), selten (2), gelegentlich (3), öfter (4), sehr oft (5). Aus der Gesamtpunktzahl ergibt sich ein Indexwert. Der Indexwert für eine Zufallsstichprobe liegt bei etwa 20. Ganß/Schlüter
Tab. 3: Anamnesefragen für Xerostomie (übersetzt nach [18]). Die Aussagen werden nach einer Punkteskala bewertet: niemals (1), selten (2), gelegentlich (3), öfter (4), sehr oft (5). Aus der Gesamtpunktzahl ergibt sich ein Indexwert. Der Indexwert für eine Zufallsstichprobe liegt bei etwa 20.

Ursachenorientierte Therapie

Die Therapie beginnt mit einer Analyse der Ursache. Dazu ist zunächst die Anamnese, speziell die Medikamentenanamnese, aber auch die interdisziplinäre Kommunikation hilfreich. Die Therapie sollte nach Möglichkeit die Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung fokussieren; weiterhin kommen je nach Schweregrad die Speichelstimulation oder Speichelersatzmittel in Betracht. Da es sich meist um komplexe Krankheitsbilder und Bedürfnisse handelt, sind verallgemeinernde Empfehlungen schwierig, vielmehr gilt es, für jeden Patienten individuelle Strategien und Therapien zu entwickeln.

In allen Fällen sollte die Zusammenarbeit mit den behandelnden Allgemein- und Fachärzten angestrebt werden. Im Falle medikamenteninduzierter Mundtrockenheit sollte versucht werden, die Medikation zu verringern oder, falls möglich, auf Präparate umzusteigen, die eine geringere Wirkung auf die Speichelsekretion entfalten. Strahlentherapieinduzierte Formen von Mundtrockenheit sind post radiationem nicht mehr kausal zu beeinflussen. Daher sollte alles versucht werden, die Strahlenbelastung der Speicheldrüsen, speziell der Glandula parotis, durch moderne Bestralhungsverfahren, aber auch ggf. durch Begleitmedikation oder sogar Speicheldrüsentransfer so gering wie möglich zu halten [19, 20]. Die Therapie des Sjögren-Syndroms und assoziierter Autoimmun- und rheumatoider Erkrankungen sollte optimiert werden [21]. In allen Fällen sollte eine gute Flüssigkeitsbalance angestrebt werden.

Zusätzlich ist die Stimulation von Restfunktionen der Speicheldrüsen ratsam. Dazu eignen sich mechanische oder gustatorische Reize. In der Literatur finden sich allerdings widersprüchliche Aussagen über erzielbare Effekte. Grundsätzlich eignen sich alle zucker- und säurefreien Stimulanzien, beispielsweise zuckerfreier Kaugummi [22], welche individuell je nach Kaufähigkeit und Vorlieben ausgesucht werden können.

Die medikamentöse Speichelstimulation ist bei schwerer Hyposalivation indiziert und kann am besten mit Pilocarpin (z. B. Salagen®) in einer Dosierung von 3-mal täglich 5 mg erfolgen [23]. Die Response-Rate liegt bei bestrahlungsbedingter Mundtrockenheit bei etwa 50 %, die Zeit bis zum Wirkungseintritt kann bis zu 12 Wochen betragen. Für die Behandlung bei Sjögren-Syndrom liegen für Pilocarpin randomisierte Studien mit guter Evidenz vor; für Bromhexin in einer Dosis von 3-mal täglich 16 mg liegen lediglich ältere Studien vor [24].

Pilocarpin ist ein Parasympathomimetikum, das mit entsprechenden vegetativen Nebenwirkungen wie Schwitzen und Kopfschmerzen vergesellschaftet ist. Die Wirksamkeit ist nicht dosisabhängig, wohl aber die Häufigkeit und Schwere von Nebenwirkungen. Eine weitere Möglichkeit, Speicheldrüsen zu stimulieren, ist die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS). Diese Methode ist nicht invasiv und nebenwirkungsfrei, sodass ein Therapieversuch damit ohne erkennbares Risiko durchgeführt werden kann. Positive Ergebnisse sind bislang bei Patienten nach Radiotherapie [25], bei Diabetes [26] oder bei menopausalen Frauen [27] berichtet worden.

Symptommildernd: Speichelersatzmittel

Speichelersatzmittel sollen über längere Zeit einen Film auf der Mund- und Rachenschleimhaut ausbilden, ohne dabei zu verkleben. Dadurch sollen das Essen und Sprechen erleichtert werden, idealerweise sollten auch die Zahnhartsubstanzen remineralisiert werden. Eine Vielzahl von Präparaten ist erhältlich, die Aloe-vera-Gel, Polyacrylsäurepolymer, Carboxymethylcellulose, Leinsamenöl, Muzin, Allantoin, Elektrolyte oder Proteine/Enzyme enthalten und in verschiedenen Darreichungsformen, als Spray, Bonbons, Lösung oder als intraorale Depots, angeboten werden. Bislang hat sich jedoch kein Produkt als besonders effektiv erwiesen [28], sodass ein geeignetes Präparat ähnlich wie bei Stimulanzien individuell durch Probieren gefunden werden muss. Manche im Handel angebotenen Produkte haben jedoch einen niedrigen pH-Wert und sind in Bezug auf das Zahnmineral untersättigt. Bei diesen Präparaten konnte gezeigt werden, dass sie Zahnhartsubstanzen demineralisieren können [29]. Bei bezahnten Patienten sollte daher darauf geachtet werden, dass das Präparat pH-neutral ist und Kalzium und Phosphat enthält. Einfache Mittel zur Benetzung der Schleimhaut sind Öle oder Butter.

Behandlung der Folgen von Hyposalivation

Da es bei vielen Formen von Hyposalivation keine wirkliche Heilung gibt, sollte unbedingt auf die Prävention der Folgeerkrankungen geachtet werden. Patienten mit Hyposalivation sollten häufiger zu zahnärztlichen Kontrolluntersuchungen und Prophylaxesitzungen eingeladen werden. Da v. a. Patienten mit ausgeprägter Trockenheit häufig sehr spezielle Strategien zur Bewältigung ihrer Schwierigkeiten mit Essen, Sprechen oder Schlafen entwickeln, muss entsprechend individualisiert beraten werden. Schwerpunkte sind hier Befähigung zur häuslichen Mundhygiene, Ernährungsberatung nach Ernährungstagebuch und intensive häusliche Anwendung von Fluoriden. Auch sollten Pilzinfektionen rechtzeitig behandelt werden. 

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