Ästhetik

Fallbeispiele und Step-by-Step-Leitfäden für Praktiker/-innen

Ästhetische Therapieoptionen für kariöse Milchfrontzähne

Abb. 1: Situation im Oberkiefer bei einem 3-jährigen Kind mit einer sehr schweren
Form der frühkindlichen Karies. Hier ist die Pulpa insbesondere der Frontzähne
bereits offensichtlich betroffen, was die Fistelungen belegen.
Abb. 1: Situation im Oberkiefer bei einem 3-jährigen Kind mit einer sehr schweren Form der frühkindlichen Karies. Hier ist die Pulpa insbesondere der Frontzähne bereits offensichtlich betroffen, was die Fistelungen belegen.

Frühkindliche Karies führt unbehandelt zum vorzeitigen Milchzahnverlust mit schweren Folgen für die weitere Gebissund allgemeine Entwicklung des Kindes. Daher steht das non-invasive Kariesmanagement zur Vermeidung früher Milchzahnkaries seit jeher im Fokus der Kinderzahnheilkunde. Dennoch ist die frühkindliche Karies bis heute trotz intensiver präventiver Bemühungen weit verbreitet und die Sanierung der Milchzähne im Sinne eines möglichst langen Zahnerhalts von hohem Stellenwert.

Nachfolgend werden verschiedene Therapieoptionen für die Behandlung von Kleinkindern mit frühkindlicher Karies vorgestellt (Abb. 1), wobei die ästhetische Rehabilitation der (tief) kariösen Oberkieferfrontzähne im Vordergrund steht. Die relevantesten Therapiemaßnahmen für den/die Allgemeinzahnarzt/-ärztin werden detailliert „Step by Step“ anhand von Patientenfällen und Übersichtstabellen dargestellt und um weitere Kombinationsoptionen und seltenere Therapiealternativen ergänzt. Abschließend werden auf Basis der aktuellen wissenschaftlichen Literatur die klinisch relevanten Vor- und Nachteile diskutiert und mit Blick auf die Umsetzung in der täglichen Praxis bewertet.

Frühkindliche Karies – Epidemiologie und Ursachen 

Das Vorkommen von frühkindlicher Karies – auch „early childhood caries“ (ECC) genannt – ist in Deutschland regional verschieden, stellt jedoch nicht nur bei 3-Jährigen mit einer Prävalenz von rund 10 bis 17% ein relevantes Problem dar [15]. Kinder mit Karieserfahrung (dmft > 0) wiesen gar einen mittleren dmft von 3,6 auf, was die starke Polarisation des Kariesbefalls beschreibt. Der Anteil der Kinder, die mindestens 4 betroffene Zähne (dmft > 4) haben, variiert leicht zwischen den Untersuchungsregionen, liegt aber im Mittel für Deutschland bei ca. 5%. 

Trotz der Kostenübernahme in der GKV waren nur ca. 1/4 der kariösen Zähne in dieser Altersgruppe versorgt [15], die genauen Hintergründe dieser Versorgungslücke müssen zukünftig noch näher untersucht werden. Seitens der gesetzlichen Krankenkassen sind Möglichkeiten der Kostenübernahme für eine Therapie gegeben. Dies kommt daher als Ursache kaum in Frage.

Zudem ist bekannt, dass eine starke Korrelation von Karies mit sozioökonomischen Faktoren (bildungsferner Familienhintergrund) besteht [11,12], was auch für die spätere Therapieempfehlung berücksichtigt werden sollte. Hauptursachen von ECC sind eine mangelhafte Zahnpflege beim Kleinkind in Kombination mit einem hochfrequenten Konsum zuckerhaltiger Getränke zwischendurch und/oder nachts [11].

Häufig erfolgt also kein (Nach)Putzen durch die Eltern. Diese von ECC betroffenen Kleinkinder erhalten i.d.R. mehrmals täglich die Nuckelflasche, gefüllt mit beispielsweise Apfelschorle, Eistee oder speziellen zuckerhaltigen „Kindertees“, zur freien Verfügung.

Jedoch kann auch häufiges (nächtliches) Stillen weit über das erste Lebensjahr hinaus ein Risikofaktor für ECC sein [2]. Milchzähne können gerade im Kleinkindalter durch einen Zahnunfall so geschädigt werden, dass ein relevanter Teil der Krone abbricht oder gar eine Extraktion unumgänglich ist. In diesen Fällen besteht ebenfalls ein Bedarf bzw. der Wunsch nach ästhetischer Rehabilitation.

Die Gewährleistung einer hohen oralen Lebensqualität der Kinder ist Ziel der Kinderzahnheilkunde; das bedeutet idealerweise ein gesundes Milchgebiss und folglich auch ein gesundes permanentes Gebiss, verbunden mit einer positiven Beziehung zum Zahnarztbesuch. Leider erscheinen nicht alle Kinder ab dem 1. Zahn zur Erstuntersuchung in der Zahnarztpraxis, oder die Eltern setzen die präventiven Maßnahmen nicht ausreichend gut um. Auch wenn dieser Beitrag primär von der zahnärztlich „restaurativen“ Behandlung von Kleinkindern handelt, sollte klar sein, dass die Basis für diese ästhetische und funktionelle Rehabilitation nach ECC das non-invasive Kariesmanagement darstellt [11].

Versorgungsoptionen bei (tief) kariösen/zerstörten Oberkieferfrontzähnen

1. Kinderprothese nach Zahnextraktion

Für den Zahnarzt bzw. die Zahnärztin in einer Allgemeinzahnarztpraxis ist diese Möglichkeit vermutlich die am leichtesten umsetzbare und auch die häufigste Therapieoption. Die wesentlichen Behandlungsschritte und die jeweils wichtigsten Aspekte bei der Anfertigung einer Oberkieferkinderprothese nach Zahnextraktion von Milchfrontzähnen nach schwerer Form von ECC oder auch nach Frontzahntrauma sind als Übersicht in Tabelle 1 und anhand von Fotos eines Patientenfalls dargestellt (Abb. 2a bis f).

OK-Kinderprothese nach Zahnextraktion

BehandlungsschrittAspekte und Bemerkungen
1. DiagnostikIntraorale Untersuchung und ggf. Röntgendiagnostik
2. Indikationsstellung der Extraktionswürdigkeit und der Möglichkeit der Anfertigung einer KinderprotheseExtraktionswürdige Frontzähne aufgrund von ECC oder Frontzahntrauma
Dauer des Fehlens der Frontzähne relevant und Wunsch des Kindes nach schönen neuen Zähnen
  • meistens bei Kindern im Alter von 3 bis 4 Jahren
  • jüngere Kinder sind i.d.R. nicht kooperativ genug
  • bei 5-Jährigen ggf. Kosten-Nutzen-Relation nicht mehr gegeben, da die bleibenden Frontzähne bald durchbrechen
3. Aufklärung Schriftliches informiertes Einverständnis zur Therapie und ihren Alternativen, inkl. Therapiemodus (z.B. Narkose, Lachgas, Kinderhypnose, liebevolles „Stützen“ des Kindes) vor der Therapie durch die Erziehungsberechtigten
4. Planung und HKPBerücksichtigung noch weiterer behandlungsbedürftiger Zähne; sofern eine Behandlung in ITN geplant ist, werden nicht selten auch noch die Milchmolaren mit behandelt und ggf. extrahiert. Die Kariestherapie muss vor Abdrucknahme abgeschlossen sein. Beantragung und Genehmigung der Krankenkasse sollten vor Abdrucknahme erfolgen bzw. vorliegen.
5. Lokalanästhesie und ExtraktionInfiltrationsanästhesie und/oder intraligamentäre Anästhesie der kariösen Oberkieferschneidezähne und Extraktion. Bei Behandlung im Wachzustand ist neben einer kindergerechten Verhaltensführung auch eine Oberflächenanästhesie empfehlenswert. Mitunter kann bei überschaubarer Therapienotwendigkeit eine Lachgassedierung infrage kommen, um eine Narkose zu vermeiden.
6. AbformungEine Abformung (i.d.R. Alginat) sollte frühestens ca. 1 bis 2 Wochen nach der Extraktion erfolgen (Abb. 2a). Die Abformung direkt nach der Zahnextraktion, z.B. in Narkose, ist zwar auch möglich, jedoch aus Sicht der Autoren nicht primär empfehlenswert, weil
  • wegen der frischen Wunden Alginatreste gegebenenfalls aus den Extraktionsalveolen entfernt werden müssten (Abb. 2b),
  • nach Wundheilung der Kieferkamm eine deutlich veränderte Form hat und folglich die Prothese mitunter nicht mehr so gut passt,
  • i.d.R. später noch Unterfütterungen benötigt werden,
  • sich die ggf. gleichzeitig mit Stahlkronen versorgten Milchmolaren noch etwas verschieben können,
  • für den Fall, dass bei dem Kind aufgrund der Kooperation die Abformung nur in Narkose durchführbar sei, ein Tragen der OK-Prothese im Alltag auch nicht wirklich realistisch ist und somit möglicherweise die Anfertigung unwirtschaftlich wäre. 
7. Anfertigung der Prothese im LaborFür die Gestaltung im Labor ist der individuelle Gebisszustand natürlich entscheidend, jedoch sind häufig für die Milch-5er Adamsklammern und für die Milch-3er C-Klammern (Abb. 2c und d) eine adäquate Planungsoption.
8. Einsetzen, ca. 1 Woche nach der AbformungPassung und Halt kontrollieren inklusive Sprachprobe (Abb. 2e und f), ggf. Druckstellen entfernen und polieren und Klammern anbiegen oder lockern. Patienten/-innen und Eltern das Einsetzen und Rausnehmen üben lassen; möglichst nicht an den Klammern, da dadurch diese schneller verbiegen oder brechen. Aufklärung zu Trage- und Reinigungsmodalitäten (immer Tragen außer zum Sport, Reinigung mit Zahnbürste unter fließendem Wasser, ggf. Spülmittel).
9. RecallCa. alle 3 Monate, da i.d.R. Kariesrisikokind und ggf. Anpassung der Prothese (vgl. Lückenhalter)
Tragen der Prothese bis permanente Zähne (meist 11 bzw. 21) durchbrechen
Dann entweder Umarbeiten in eine Prothese mit Schraube bzw. die Prothese hat ihren „Dienst getan“

Tab. 1: OK-Kinderprothese nach Zahnextraktion von oberen Milchschneidezähnen: Behandlungsschritte und wesentliche Aspekte bei Anfertigung.

  • Abb. 2a: Abformung des OK mit Alginat am Stuhl eine Woche nach ITN.
  • Abb. 2b: Situation im Oberkiefer nach Behandlung in ITN: Versorgung der
kariösen Milchmolaren mit Stahlkronen, Frasaco-Strip-Aufbauten an den
Milcheckzähnen und Extraktion der OK-Frontzähne.
  • Abb. 2a: Abformung des OK mit Alginat am Stuhl eine Woche nach ITN.
    © Dr. J. Schmoeckel
  • Abb. 2b: Situation im Oberkiefer nach Behandlung in ITN: Versorgung der kariösen Milchmolaren mit Stahlkronen, Frasaco-Strip-Aufbauten an den Milcheckzähnen und Extraktion der OK-Frontzähne.
    © Dr. J. Schmoeckel

  • Abb. 2c: Laborgefertigte OK-Prothese vor dem Einsetzen, typischerweise werden für die Milch-5er Adamsklammern und die Milch-3er C-Klammer geplant.
(© Dr. J. Schmoeckel)
  • Abb. 2d: Laborgefertigte OK-Prothese vor dem Einsetzen, typischerweise werden für die Milch-5er Adamsklammern und die Milch-3er C-Klammer geplant.
(© Dr. J. Schmoeckel)
  • Abb. 2c: Laborgefertigte OK-Prothese vor dem Einsetzen, typischerweise werden für die Milch-5er Adamsklammern und die Milch-3er C-Klammer geplant. (© Dr. J. Schmoeckel)
    © Dr. J. Schmoeckel
  • Abb. 2d: Laborgefertigte OK-Prothese vor dem Einsetzen, typischerweise werden für die Milch-5er Adamsklammern und die Milch-3er C-Klammer geplant. (© Dr. J. Schmoeckel)
    © Dr. J. Schmoeckel

  • Abb. 2e: Eingesetzte OK-Prothese 2 Wochen nach ITN, 1 Woche nach Abformung: Auch beim Sprechen ist genügend Halt vorhanden. Patienten sprechen
lassen, u.a. F-Laute etc.
  • Abb. 2f: Eingesetzte OK-Prothese 2 Wochen nach ITN, 1 Woche nach Abformung: Auch beim Sprechen ist genügend Halt vorhanden. Patienten sprechen
lassen, u.a. F-Laute etc.
  • Abb. 2e: Eingesetzte OK-Prothese 2 Wochen nach ITN, 1 Woche nach Abformung: Auch beim Sprechen ist genügend Halt vorhanden. Patienten sprechen lassen, u.a. F-Laute etc.
    © Dr. J. Schmoeckel
  • Abb. 2f: Eingesetzte OK-Prothese 2 Wochen nach ITN, 1 Woche nach Abformung: Auch beim Sprechen ist genügend Halt vorhanden. Patienten sprechen lassen, u.a. F-Laute etc.
    © Dr. J. Schmoeckel

Die Entscheidung zur Anfertigung einer Kinderprothese beim Kleinkind sollte nach sorgfältiger Abwägung erfolgen. Mithilfe einer Kinderprothese kann aufgrund der verbesserten Ästhetik gegebenenfalls das Risiko für Hänseleien im Kindergarten oder der Schule reduziert werden.

Zudem können teils die Sprache und die Kaufunktion verbessert werden [9]. Dies kann jedoch nur gelingen, sofern die Prothese auch tatsächlich getragen wird.

Ein ausdrücklicher Wunsch und der Wille des Kindes, die Kinderprothese zu tragen, sind dafür sehr wichtig. Die Mitarbeit bei der Abformung ist ein möglicher Indikator dafür, ob ein größerer Fremdkörper wie eine Prothese im Mund potenziell toleriert wird.

Kinder, bei denen eine Kinderprothese infrage kommt, sind meist 3 bis 4 Jahre alt (Tab. 1; Indikationsstellung). Jüngere Kinder sind i.d.R. nicht kooperativ genug für eine Abformung und tolerieren das Tragen der Prothese nicht. Bei 5-Jährigen stellt sich hingegen schon oftmals die Frage nach der Kosten-Nutzen-Relation, welche je nach potenzieller Zeitspanne bis zum Zahndurchbruch der ersten permanenten Zähne nicht bei allen Kindern zwingend gegeben ist. 

2. Kompositaufbau mittels Stripkrone bei ausreichender Zahnhartsubstanz 

Ein/-e Zahnarzt/-ärztin in einer Allgemeinzahnarztpraxis sollte auch die Restauration mit Stripkronen als Möglichkeit im Blick behalten, da diese auch noch verhältnismäßig leicht umsetzbar ist und nicht nur für die Restauration nach ECC, sondern auch nach einem Frontzahntrauma (auch im permanenten Gebiss) möglich. Ein entsprechendes Set mit den vorgeformten Stripkronen (Abb. 3a) müsste jedoch dafür von der Praxis angeschafft werden (z.B. von Frasaco oder 3M ESPE). Individuell sollte berücksichtigt werden, ob sich dieser Erwerb für die Praxis lohnt.

Kosten für ein Set mit 84 Stripkronen (für verschiedene Zähne in diversen Größen) betragen ca. 115 Euro netto. Die wesentlichen Behandlungsschritte und die jeweils wichtigsten Aspekte bei der Restauration von oberen Milchfrontzähnen bei ECC oder auch nach Frontzahntrauma mit Kronenfrakturen mittels Stripkronen sind als Übersicht in Tabelle 2 dargestellt und mit Fotos und einem Fallbeispiel (Abb. 3d bis h) untermalt.

Restauration von oberen Milchschneidezähnen mit (Frasaco-)Stripkronen

BehandlungsschrittAspekte und Bemerkungen
1. DiagnostikIntraorale Untersuchung und ggf. Röntgendiagnostik (Abb. 3e)
2. Indikationsstellung der Erhaltungswürdigkeit und Restaurationsfähigkeit mit einer Stripkrone

Indikation von wiederherstellungswürdigen Zähnen, insbesondere bei:
- Restaurationen von kariösen Läsionen im Frontzahnbereich des Milchgebisses, insbesondere bei  Klasse-III/IV-Kavitäten
- Frontzähnen mit Anomalien der Zahnform und -struktur
- endodontisch behandelten Frontzähnen
- Frontzahntrauma (z.B. Schmelz-Dentin-Fraktur)

Dabei ist auch die Abschätzung des (kariösen) Defektes und der ggf. begleitenden Notwendigkeit einer endodontischen Behandlung wichtig.

3. AufklärungSchriftliches informiertes Einverständnis zur Therapie und ihren Alternativen, inkl. Therapiemodus (z.B. Narkose, Lachgas, Kinderhypnose) vor der Therapie durch die Erziehungsberechtigten
4. PlanungCa. 5 bis 10 Minuten pro Zahn sollten eingeplant werden. Sofern eine Behandlung in ITN geplant ist, werden nicht selten noch die Milchmolaren gleichzeitig mitbehandelt.
5. Behandlungsvorbereitung
  • Set mit den vorgeformten Stripkronen (Abb. 3a)
  • Behandlungstray (Abb. 3c)
  • evtl. Kofferdammklammerzange, -klammer, -gummi und -rahmen
  • Farbe auswählen (normalerweise A1–2, B1, Basic white)
6. Feststellung der OkklusionPatienten/-in Zähne zusammenbeißen lassen, um Platzverhältnisse einzuschätzen
7. Ggf. LokalanästhesieNicht in allen Fällen benötigt das Kind bei Stripkronen eine Anästhesie, es sei denn, eine begleitende Pulpatherapie ist nötig.
  • nötigenfalls eine intraligamentäre oder Infiltrationsanästhesie
8. Kronenpräparation und KariesexkavationKariesentfernung an allen Rändern => Prüfung ob Pulpotomie/Pulpektomie nötig
  • Zahn inzisal reduzieren mit einem Diamanten (z.B. Knospe)
  • Zahn approximal separieren mit einem Diamanten (z.B. Flamme)
  • zirkuläre Tangentialpräparation äquigingival
9. Auswahl der richtigen Stripkrone aus dem KastenGeeignete Kronengröße aus Frasaco-Kronenkasten heraussuchen (Abb. 3a).
Beschriftung der Frasaco-Kronen (Abb. 3b):
1. Zahl: Angabe des Quadranten
2. Zahl: Angabe des Zahnes
3. Zahl: Angabe der Käppchengröße 1 (groß) bis 4 (klein)
  • Die ausgewählte Stripkrone sollte alle Zahnbereiche bedecken.
  • Frasaco-Käppchen an den Zahn anhalten, Breite der Schneidkante sollte mit dem unpräparierten  Zahn ungefähr übereinstimmen.
  • Frasaco-Käppchen nicht mit Speichel oder Blut in Kontakt bringen
10. Frasaco-Käppchen zuschneidenNach Auswahl der richtigen Kronengröße muss die Stripkrone mit einer spitzen Kronenschere im zervikalen Bereich zurechtgeschnitten werden (Abb. 3d); d.h., den Rand so weit kürzen, bis Frasaco-Käppchen die Länge des Nachbarzahnes hat oder ca. 1 mm über die präparierte Schneidekante ragt (Abb. 3c). Dabei darauf achten, nur einmal mit der Schere anzusetzen, da sonst die erhöhte Gefahr besteht, dass das Käppchen beim Einsetzen einreißt. Auf Kronenlänge achten, bei Anämie der Gingiva ist die Krone zu lang und muss noch gekürzt werden.
11. Frasaco-Käppchen einsetzenVorbereitung am Zahn:
  • oft relative Trockenlegung ausreichend, ansonsten Kofferdam
  • wenn nötig Blutstillung mit 30%igem H2 O2 - Wattepellet, hier ist eine Lokalanästhesie notwendig
  • Zahn komplett anätzen mit 37%iger Phosphorsäure für 60 Sek. (Abb. 3g)
  • Ätzgel mit Wasser ca. 15 Sek. abspülen
  • Zahn trocken pusten
  • Bonding-System mit Püschel auf den kompletten Zahn aufragen und leicht verpusten
  • mit Polymerisationslampe härten
Vorbereitung des Frasaco-Käppchens:
  • Komposit blasenfrei in das Käppchen einfüllen (Käppchen meist zu ca. 3/4 füllen, je nach  Größe des Defekts/Präparation)
  • mit Heidemann-Spatel in die Mitte des Komposits eine Vertiefung hineindrücken und das  überschüssige Komposit an die Ränder drücken, bis zum unteren Rand des Käppchens
  • mit Komposit bestücktes Käppchen auf den Zahn aufsetzen und langsam mit dosiertem Druck â€“ entweder mit dem Finger oder mit einer Watterolle – über den präparierten Zahn setzen und  nach apikal drücken, bis die Schneidekante des Nachbarzahnes auf gleicher Höhe ist
  • überschüssiges Komposit quillt am Käppchenrand über
  • grob die Überschüsse mit einem Heidemann-Spatel vor der Polymerisation entfernen
  • Sollten mehrere Frasaco-Käppchen gleichzeitig gemacht werden, die mit Komposit bestückten  Käppchen unter einer lichtundurchlässigen Abdeckung vor dem Einsetzen aufbewahren und die  bereits eingesetzten Frasaco-Käppchen durch die Hand der Helferin vor Licht schützen.
  • Frasaco-Käppchen von allen Seiten mit Polymerisationslampe aushärten (ca. 20 Sek. je Fläche)
  • dabei Käppchen zu Beginn von inzisial mit dem Finger in Position halten
  • überschüssiges Komposit am Rand kann z.B. mit Scaler entfernt werden
  • den Rand des Frasaco-Käppchens z.B. mit dem Scaler oder auch mit der Sonde vorsichtig einreißen  und Käppchen abheben
  • mit Sonde den Übergang Zahn und Komposit abtasten, evtl. Übergang mit feinem Diamanten  glätten -> die glänzende auspolymerisierte Oberfläche der Krone möglichst nicht mehr beschleifen,  ggf. Okklusion einschleifen (Abb. 3h)
  • Randpolitur im Bereich des zervikalen Übergangs
  • Okklusionskontrolle; Kind fragen, ob etwas stört
12. Entlassen und Aufklärung
  • Kind und Begleitperson über Verhalten nach Behandlung (Injektion) aufklären, vgl. normale Kompositfüllung, z.B. Aufklärung über Rückgang der Lokalanästhesie und Verhalten nach der  Behandlung (Essen erst bei normalem Gefühl)
  • Krone kann 1 bis 2 Tage Druck auf Zahnfleisch ausüben
  • Zahnfleisch kann durch die Blutstillung um die Krone weiß sein, das gibt sich nach spätestens 1 Tag
13. Recallca. alle 3 Monate, da Kariesrisikokind

Tab. 2: Behandlungsschritte und wesentliche Aspekte bei der Restauration von oberen Milchschneidezähnen mit Stripkronen.

  • Abb. 3a: Stripkronenkasten ist z.B. von Frasaco verfügbar. In diesem Set sind die
vorgefertigten Kronenkäppchen nach Zahntyp und Größe sortiert, sodass
individuell für den Patientenfall das bzw. die passende(n) Kronenkäppchen
herausgesucht werden können.
  • Abb. 3b: Größe der Stripkrone auswählen. Die Zahl zeigt die Angabe des Zahnes
(hier 51 bzw. 61) und die Angabe der Käppchengröße – wie hier – 1 (groß) bis 4
(klein).
  • Abb. 3a: Stripkronenkasten ist z.B. von Frasaco verfügbar. In diesem Set sind die vorgefertigten Kronenkäppchen nach Zahntyp und Größe sortiert, sodass individuell für den Patientenfall das bzw. die passende(n) Kronenkäppchen herausgesucht werden können.
    © Dr. R. Otto
  • Abb. 3b: Größe der Stripkrone auswählen. Die Zahl zeigt die Angabe des Zahnes (hier 51 bzw. 61) und die Angabe der Käppchengröße – wie hier – 1 (groß) bis 4 (klein).
    © Dr. R. Otto

  • Abb. 3c: Behandlungsvorbereitung/Tray.
  • Abb. 3d: Das Frasaco-Käppchen muss zugeschnitten werden; hier ist die
Anprobe auf einem Modell veranschaulicht.
  • Abb. 3c: Behandlungsvorbereitung/Tray.
    © Dr. R. Otto
  • Abb. 3d: Das Frasaco-Käppchen muss zugeschnitten werden; hier ist die Anprobe auf einem Modell veranschaulicht.
    © Dr. R. Otto

  • Abb. 3e: Klinische Ausgangssituation bei einem 3-jährigen Kind mit ECC.
  • Abb. 3f: Anprobe der zugeschnitten Frasaco-Stripkronen.
  • Abb. 3e: Klinische Ausgangssituation bei einem 3-jährigen Kind mit ECC.
    © Dr. R. Otto
  • Abb. 3f: Anprobe der zugeschnitten Frasaco-Stripkronen.
    © Dr. R. Otto

  • Abb. 3g: Säurekonditionierung der zu versorgenden Zähne.
  • Abb. 3h: Klinische Abschlusssituation nach Versorgung mit Stripkronen.
  • Abb. 3g: Säurekonditionierung der zu versorgenden Zähne.
    © Dr. R. Otto
  • Abb. 3h: Klinische Abschlusssituation nach Versorgung mit Stripkronen.
    © Dr. R. Otto

3. Restauration mit konfektionierter Zirkonkrone 

Diese nun vorgestellte Variante zur Restauration nach ECC wird tendenziell selten in einer Allgemeinzahnarztpraxis genutzt und findet eher in spezialisierten Kinderzahnarztpraxen Anwendung. Ein entsprechendes Set mit den vorgeformten Zirkonkronen (z.B. Fa. NuSmile), das vorhanden sein müsste, ist im Vergleich zu den Stripkronen deutlich teuer. Daher sollte hier noch stärker individuell berücksichtigt werden, ob sich diese Anschaffung für die Praxis lohnt.

Ein Kasten mit 16 Kronen kostet ca. 350 Euro netto. Die wesentlichen Behandlungsschritte und die jeweils wichtigsten Aspekten bei der Restauration von oberen Milchfrontzähnen nach schwerer Form von ECC (oder auch nach Frontzahntrauma mit Kronenfrakturen) mittels Zirkonkronen sind als Übersicht in Tabelle 3 dargestellt.

Restauration mit Zirkonkronen (hier: Fa. NuSmile)

BehandlungsschrittAspekte und Bemerkungen
1. DiagnostikIntraorale Untersuchung und Röntgendiagnostik
2. Indikationsstellung der Erhaltungswürdigkeit und Restaurationsfähigkeit mit einer Stripkrone

Indikation von wiederherstellungswürdigen Zähnen, insbesondere bei
- Restaurationen von kariösen Läsionen im Frontzahnbereich des Milchgebisses, insbesondere bei  Klasse-III/IV-Kavitäten
- Frontzähnen mit Anomalien der Zahnform und -struktur
- endodontisch behandelten Frontzähnen
- Frontzahntrauma

Dabei ist auch die Abschätzung des (kariösen) Defektes und der meist notwendigen endodontischen Behandlung (i.d.R. Vitalexstirpation) wichtig.

3. Aufklärung Schriftliches informiertes Einverständnis zur Therapie und ihren Alternativen, inkl. Therapiemodus (z.B. Narkose, Lachgas, Kinderhypnose) vor der Therapie durch die Erziehungsberechtigten
4. PlanungCa. 10 bis 15 Min. pro Zahn sollten eingeplant werden.
5. Behandlungsvorbereitung
  • Behandlungstray
  • evtl. Kofferdammklammerzange, -klammer, -gummi und -rahmen
6. Feststellung der OkklusionPatienten/-in Zähne zusammenbeißen lassen, um Platzverhältnisse einzuschätzen
7. LokalanästhesieBei Zirkonkronen benötigt das Kind eine Anästhesie. Meist erfolgt die Versorgung mithilfe von Lachgassedierung oder unter Narkose
8. Kariesexkavation und Pulpatherapie
  • Karies vollständig exkavieren
    - bei Bedarf Vitalamputation oder Vitalexstirpation (Abb. 4d)
9. KronenpräparationKariesentfernung an allen Rändern, zentral auch mit einem Diamanten => Prüfung, ob eine Pulpotomie oder Pulpektomie nötig ist
  • Zahn inzisial reduzieren mit einem Diamanten (z.B. Knospe)
  • Zahn approximal separieren mit einem Diamanten (z.B. Flamme)
  • zirkuläre Tangentialpräparation subgingival
10. KronenanprobeBeschriftung NuSmile-Zirkonkronen
Bei NuSmile-Zirkonkronen die rosa Kronen zum Anprobieren verwenden, niemals die weißen, da die innere Oberfläche schon vorbehandelt ist.
Geeignete Kronengröße aus dem Kronenkasten heraussuchen (Abb. 4a).
(A = 1er, beidseitig; B = 2er, beidseitig, C = 3er, beidseitig)
Größen: 1 (klein) bis 6 (groß)
  • mit leichtem Fingerdruck einsetzen
  • Krone sollte spannungsfrei, am Rand aber enganliegend sitzen, sonst Zahn entsprechend weiter präparieren
  • Krone mit Wattestäbchen säubern
11. Zement anmischen
  • mit Zahnhandtuch Zahn säubern und trocknen
  • bei Zirkonkronen z.B. Photac zum Einsetzen verwenden
  • Krone anreichen, indem Krone auf den Finger gesetzt wird
12. Krone zementieren/einsetzen
  • Krone auf Zahn setzen
  • überschüssigen Zement abwischen
  • mit Polymerisationslampe von allen Seiten aushärten
  • mit Sonde oder Scaler Zementreste entfernen (Abb. 4e und f)
13. Entlassen und Aufklärung
  • Kind und Begleitperson über Verhalten nach Behandlung (Injektion) aufklären, z.B. Aufklärung über Rückgang der Lokalanästhesie und Verhalten nach der Behandlung (Essen erst bei normalem Gefühl)
  • Krone kann 1 bis 2 Tage Druck auf Zahnfleisch ausüben
  • Zahnfleisch kann durch die Blutstillung um die Krone weiß sein, das gibt sich nach spätestens einem  Tag.
  • Wichtig: Auf feste und klebrige Nahrung in den nächsten 24 Stunden verzichten und keine  Hebelwirkung auf die Kronen ausüben
14. Recallca. alle 3 Monate, da Kariesrisikokind

Tab. 3: Zirkonkronen: Behandlungsschritte und wesentliche Aspekte bei der Restauration von kariösen oberen Milchfrontzähnen.

  • Abb. 4a: Set mit NuSmile-Zirkonkronen.
  • Abb. 4b: Ausgangssituation der tief kariösen, jedoch als erhaltungswürdig eingeschätzten Frontzähne bei einem 2-jährigen Kind vor der Sanierung in
Narkose
  • Abb. 4a: Set mit NuSmile-Zirkonkronen.
    © Dr. R. Otto
  • Abb. 4b: Ausgangssituation der tief kariösen, jedoch als erhaltungswürdig eingeschätzten Frontzähne bei einem 2-jährigen Kind vor der Sanierung in Narkose
    © Dr. R. Otto

  • Abb. 4c: Ausgangssituation der tief kariösen, jedoch als erhaltungswürdig eingeschätzten Frontzähne bei einem 2-jährigen Kind vor der Sanierung in
Narkose
  • Abb. 4d: Entfernung der Pulpa im Rahmen der Pulpektomie und anschließende
Wurzelkanalfüllung
  • Abb. 4c: Ausgangssituation der tief kariösen, jedoch als erhaltungswürdig eingeschätzten Frontzähne bei einem 2-jährigen Kind vor der Sanierung in Narkose
    © Dr. R. Otto
  • Abb. 4d: Entfernung der Pulpa im Rahmen der Pulpektomie und anschließende Wurzelkanalfüllung
    © Dr. R. Otto

  • Abb. 4e: Abschlusssituation nach Versorgung der Zähne 51 und 61 mit
NuSmile-Zirkonkronen.
  • Abb. 4f: Abschlusssituation nach Versorgung der Zähne 51 und 61 mit
NuSmile-Zirkonkronen.
  • Abb. 4e: Abschlusssituation nach Versorgung der Zähne 51 und 61 mit NuSmile-Zirkonkronen.
    © Dr. R. Otto
  • Abb. 4f: Abschlusssituation nach Versorgung der Zähne 51 und 61 mit NuSmile-Zirkonkronen.
    © Dr. R. Otto

Weitere Möglichkeiten

Als Erweiterung des Therapiespektrums zu den 3 bereits ausführlich vorgestellten Maßnahmen bietet sich insbesondere auch die Kariesinaktivierung beispielsweise mit Silberfluoridprodukten [6,14] an und eine anschließende Versorgung mittels Stripkrone oder Zirkonkrone. Die Adhäsion an kariöser Zahnhartsubstanz ist gegenüber gesunder Zahnhartsubstanz verschlechtert [13], jedoch wird durch das Unterlassen der Kariesentfernung das Risiko einer iatrogenen Pulpareizung oder sogar Pulpaeröffnung vermieden [8].

Der große Vorteil ist hier, dass oftmals eine invasive Pulpatherapie nicht mehr benötigt und Zeit gewonnen wird, um die Kooperation des Kindes für zahnärztliche Maßnahmen zu verbessern. So kann dann in vielen Fällen eine Versorgung beim Kleinkind sogar ohne Narkose durchgeführt werden (Abb. 9).

  • Abb. 5: Verblendete Stahlkronen an den Zähnen 52 bis 62: Die klinische Ansicht
zeigt von vestibulär die zahnfarbene Verblendung, wobei palatinal das Metall
der Krone zu sehen ist

  • Abb. 5: Verblendete Stahlkronen an den Zähnen 52 bis 62: Die klinische Ansicht zeigt von vestibulär die zahnfarbene Verblendung, wobei palatinal das Metall der Krone zu sehen ist
    © Dr. R. Otto
Die Behandlung mit verblendeten Stahlkronen ist eine weitere, insbesondere im Ausland relativ weit verbreitete Therapiemöglichkeit (Abb. 5). Dabei handelt es sich um Stahlkronen mit einer vestibulären Verblendung (z.B. von der Firma NuSmile).

Die Indikation und Präparation sind ähnlich wie bei Zirkonkronen. Nachteil dieser Kronen ist, dass häufig die Verblendungen vestibulär wegplatzen und dann die darunterliegende Metallkonstruktion sichtbar wird.

Eine weitere Option ist beispielsweise auch die Restauration mit den relativ neuen „edelweiss Pediatric Crowns“ (Abb. 6). Diese lasergesinterten und aus verglastem Komposit bestehenden vorgefertigten Kronen sind für alle Milchzahntypen in je 3 verschiedenen Größen in einem Set erhältlich [4]. Sie sind im Gegensatz zu den Zirkonkronen auch beschleifbar und sollen zudem der Zahnhärte mehr ähneln.

  • Abb. 6a: Ausgangssituation im Oberkiefer bei einen 6-jährigen Kind:
Kariöser Eckzahn nach Verlust einer vor etwa 2 Jahren unter Narkose gelegter
Kompositfüllung
  • Abb. 6b: Anprobe und Anpassung von Zahn und der edelweiss Pediatric Crown
vor dem Bonding-Verfahren
  • Abb. 6a: Ausgangssituation im Oberkiefer bei einen 6-jährigen Kind: Kariöser Eckzahn nach Verlust einer vor etwa 2 Jahren unter Narkose gelegter Kompositfüllung
    © Dr. J. Schmoeckel
  • Abb. 6b: Anprobe und Anpassung von Zahn und der edelweiss Pediatric Crown vor dem Bonding-Verfahren
    © Dr. J. Schmoeckel

  • Abb. 6c: Abschlusssituation im Oberkiefer nach Versorgung des Zahnes 63 mit
einer edelweiss Pediatric Crown.
  • Abb. 7: Laboranfertigung einer festsitzenden Apparatur („Flipper“) zur
ästhetischen Rehabilitation nach einer schweren Form der ECC.
  • Abb. 6c: Abschlusssituation im Oberkiefer nach Versorgung des Zahnes 63 mit einer edelweiss Pediatric Crown.
    © Dr. J. Schmoeckel
  • Abb. 7: Laboranfertigung einer festsitzenden Apparatur („Flipper“) zur ästhetischen Rehabilitation nach einer schweren Form der ECC.
    © Dr. R. Otto

Darüber hinaus ist zu erwähnen, dass auch eine festsitzende Versorgungsmöglichkeit existiert. Dafür kann nach der Zahnextraktion anstelle einer Kinderprothese (Abb. 2) ein sogenannter „Flipper“ im Labor angefertigt werden (Abb. 7), der dann einzementiert wird, bis die permanenten Nachfolger der ersetzen Frontzähne durchbrechen. Hierfür müssen Molarenbänder auf die 2. Milchmolaren angepasst werden.

Nach der Abformung werden die Bänder in den Abdruck zurückgesetzt, sodass ein Modell mit den Bändern hergestellt werden kann. Die Zementierung erfolgt über die Bänder. Dieser Zahnersatz ist keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen.

Diskussion

Der frühzeitige Zahnverlust bzw. zerstörte Milchzähne können die körperliche Entwicklung des Kindes stören, seine Schulentwicklung verlangsamen und sein Beziehungsleben auf pathologische Weise beeinflussen. Die Vermeidung von frühkindlicher Karies von Anfang an sollte daher bei Kleinkindern im Fokus stehen. Leider weist bis jetzt trotz intensiver präventiver Bemühungen ein relevanter Anteil von Kleinkindern schwere Formen der frühkindlichen Karies auf.

Die Wiederherstellung und ästhetische Versorgung der Frontzähne ermöglicht es dem Kind dann, sich wie die anderen zu fühlen, normal zu essen, besser zu schlafen und sein Gesicht zu präsentieren, ohne spöttische Bemerkungen zu verursachen. Für welche Therapieform sich der/die Zahnarzt/-ärztin zusammen mit den Eltern und dem Kind entscheidet, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab und ist immer patientenindividuell. Die Anzahl der kariösen Zähne insgesamt sowie die Kooperation des Kindes sind wichtige Faktoren für die Frage, welcher Therapiemodus und welche Art der Behandlung gewählt wird.

Unkooperative Kinder oder Kinder mit massiven Befunden werden eher unter Narkose saniert. Kooperative und ängstliche Kinder können oft z.B. mithilfe von einer Lachgassedierung versorgt werden [5,10]. Die Aufmerksamkeitsspanne des Kindes ist ebenfalls ein Kriterium bei der Auswahl der Therapie.

Die ECC-Versorgung mit Zirkonkronen ist sehr zeitaufwändig und kann nur bei sehr kooperativen Kindern im wachen Zustand durchgeführt werden. Nachteil ist ebenfalls, dass die Kosten nicht von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden. Wenn primär eine Narkose vermieden werden soll und keine kariösen Läsionen mit Pulpabeteiligung vorliegen, können die Kariesinaktivierung und eine spätere Stripkronen-Versorgung eine sinnvolle Alternative darstellen.

  • Abb. 8a: Situation nach Kariesinaktivierung. Der Frontzahnaufbau 52 bis 62 mit
einem Kompomer erfolgte in einer Sitzung mit Frasaco-Stripkronen ohne
vorherige Kariesexkavation.

  • Abb. 8a: Situation nach Kariesinaktivierung. Der Frontzahnaufbau 52 bis 62 mit einem Kompomer erfolgte in einer Sitzung mit Frasaco-Stripkronen ohne vorherige Kariesexkavation.
    © Dr. J. Schmoeckel
Nachteil ist, dass die Adhäsion von Kunststoffmaterialien durch die Diffusion von Silberionen in die Dentintubuli erschwert sein kann [1] und das schwarze Dentin durchschimmern kann (Abb. 8). Bei der Versorgung mit Stripkronen ist aufgrund der Verwendung von Kompositmaterialien eine gute Trockenlegung notwendig (Tab. 4). Mehrjährige Studien zu den Erfolgsraten der verschiedenen vorgestellten Materialien sind leider rar.
  • Abb. 8b: Teilweise sind dennoch dunkle Bereiche den inaktivierten Läsionen zu
sehen
  • Abb. 8c: Die Haftung ist sicherlich nicht so gut wie an gesunder Zahnhartsubstanz, jedoch wäre eine Kariesentfernung mit einem deutlichen Risiko der
Pulpaeröffnung einhergegangen
  • Abb. 8b: Teilweise sind dennoch dunkle Bereiche den inaktivierten Läsionen zu sehen
    © Dr. J. Schmoeckel
  • Abb. 8c: Die Haftung ist sicherlich nicht so gut wie an gesunder Zahnhartsubstanz, jedoch wäre eine Kariesentfernung mit einem deutlichen Risiko der Pulpaeröffnung einhergegangen
    © Dr. J. Schmoeckel

VersorgungsartVorteileNachteile
Extraktion und Kinderprothese+ relativ leicht umsetzbar
+ fehlende (erste) Milchmolaren können zugleich ersetzt werden
- wegen Extraktion oftmals Narkosebehandlung
- Zusatzkosten für Patienten wegen HKP
- Prothese wird nicht von allen Kindern getragen
- Kooperation für Abdrucknahme notwendig
Stripkrone (z.B. Frasaco)+ ggf. Kostenübernahme über BEMA möglich
+ gut mit Kariesinaktivierung kombinierbar
+ auch bei Kronenfrakturen (Frontzahntrauma) oftmals möglich
+ belegte 2-Jahres-Erfolgsraten ca. 80 bis 90% [3,7]
- Zurechtschneiden der Krone etc. fehleranfällig
- gute Trockenlegung notwendig
- entsprechendes Set notwendig
Zirkonkrone (z.B. NuSmile oder Kiddy Caps)+ gute Ästhetik
+ Haltbarkeit
+ gute Verträglichkeit
+ autoklavierbar
- Kronen sehr hart und nicht (gut) beschleifbar
- wegen starker Präparation und oftmals nötiger Pulpatherapie meist nur bei Narkosebehandlung
- Retention mitunter schwierig (Dezementierung)
- verhältnismäßig teuer/Set notwendig
Verblendete Stahlkronen+ gute Verträglichkeit- Verblendungen platzen mitunter ab
Edelweiss-Krone+ gute Ästhetik
+ ähnliche Härte wie Zahnhartsubstanz
+ Krone ist beschleifbar
- verhältnismäßig teuer
- kaum wissenschaftliche Evidenz zur Haltbarkeit
Flipper+ gute Ästhetik
+ festsitzende Versorgung
- verhältnismäßig teuer
- aufwendig in Herstellung
- ausreichende Kooperation fürs Einsetzen notwendig
- mehrere Termine erforderlich
- Termintreue im Recall wichtig

Tab. 4: Übersicht zu den wesentlichen Vor- und Nachteilen verschiedener Möglichkeiten der ästhetischen Versorgung nach frühkindlicher Karies.

Man kann wohl mit 2-Jahres-Erfolgsraten von ca. 80 bis 90% für eine Stripkrone rechnen [3,7]. Die Erfolgsraten für andere Kinderkronen sollten in einem ähnlichen Bereich liegen, ggf. etwas besser.

Eingebettet in ein minimalinvasiv orientiertes Kariesmanagementkonzept ist es häufig der Fall, dass Kinder zahnärztlich unter Narkose behandelt werden, die vorher für alle Zähne eine SDF-Applikation erhalten hatten. Bei diesen Kindern kann dadurch die Narkosezeit sowie das Risiko des Misserfolgs der Pulpabehandlung reduziert werden. Essenziell ist jedoch die richtige Diagnosestellung, dass die Pulpen an den Zähnen (hier 52 und 62; Abb. 9) wirklich vital sind, wofür sich eine röntgenologische Untersuchung empfiehlt.

  • Abb. 9a: Situation nach Kariesinaktivierung mittels SDF (a). Die Zähne 51 und 61 wurden aufgrund der Historie von akuten Schmerzen, Schwellung und
Alio-Loco-Trepanation unter Narkose extrahiert. Die Zähne 52 und 62 konnten nach geringer Präparation mithilfe von Zirkonkronen restauriert werden (hier: Kiddy
Caps). Durch die Vorbehandlung mit SDF konnten hier die Läsionen inaktiviert und eine Pulpatherapie vermieden werden.
  • Abb. 9b: Situation nach Kariesinaktivierung mittels SDF (a). Die Zähne 51 und 61 wurden aufgrund der Historie von akuten Schmerzen, Schwellung und
Alio-Loco-Trepanation unter Narkose extrahiert. Die Zähne 52 und 62 konnten nach geringer Präparation mithilfe von Zirkonkronen restauriert werden (hier: Kiddy
Caps). Durch die Vorbehandlung mit SDF konnten hier die Läsionen inaktiviert und eine Pulpatherapie vermieden werden.
  • Abb. 9a: Situation nach Kariesinaktivierung mittels SDF (a). Die Zähne 51 und 61 wurden aufgrund der Historie von akuten Schmerzen, Schwellung und Alio-Loco-Trepanation unter Narkose extrahiert. Die Zähne 52 und 62 konnten nach geringer Präparation mithilfe von Zirkonkronen restauriert werden (hier: Kiddy Caps). Durch die Vorbehandlung mit SDF konnten hier die Läsionen inaktiviert und eine Pulpatherapie vermieden werden.
    © Dr. J. Schmoeckel
  • Abb. 9b: Situation nach Kariesinaktivierung mittels SDF (a). Die Zähne 51 und 61 wurden aufgrund der Historie von akuten Schmerzen, Schwellung und Alio-Loco-Trepanation unter Narkose extrahiert. Die Zähne 52 und 62 konnten nach geringer Präparation mithilfe von Zirkonkronen restauriert werden (hier: Kiddy Caps). Durch die Vorbehandlung mit SDF konnten hier die Läsionen inaktiviert und eine Pulpatherapie vermieden werden.
    © Dr. J. Schmoeckel

Die Extraktion ist sicherlich eine sehr einfache und gängige Methode, um kariöse Milchfrontzähne zu behandeln. Die anschließende Versorgung mit einer Kinderprothese ist, wie oben beschrieben, sehr stark von der Kooperation des Kindes abhängig. Bei Zahnsanierungen unter Narkose wird daher auch zügiger nach dem Motto „in doubt – take it out“ entschieden.

Fazit

Zuallererst sollte in der Zahnarztpraxis der Fokus auf der Vermeidung frühkindlicher Karies (Kariesmanagement) und nicht auf der restaurativen oder chirurgischen Behandlung liegen. Leider kommen diese Kleinkinder oftmals erst mit schweren Formen der ECC in die Praxis (Abb. 1, 3e, 4b, 9a). Zur ästhetischen Rehabilitation nach frühkindlicher Karies existieren zwar zahlreiche Optionen (Vor- und Nachteile siehe Tab. 4), jedoch ist in der Allgemeinzahnarztpraxis die Extraktion und die Anfertigung einer Kinderprothese wohl eine der sinnvollsten und gängigsten Optionen.

Zudem erweitert die Stripkrone das Spektrum der ästhetischen Rehabilitation nach frühkindlicher Karies, da hierbei der Zahnerhalt gewährleistet werden kann. Diese Therapieoption ist relativ einfach zu erlernen und auch z.B. für die Restauration von Zähnen mit Schmelz-Dentin-Frakturen (Milchzähne und bleibende Zähne) anwendbar. Jedoch müssen dafür entsprechende Stripkronen vorgehalten werden.

Nichtsdestotrotz sollte individuell, je nach Patient/-in bzw. Eltern (Wünsche, Erwartungen, Kooperation, Kosten, etc.) und Zahnbefund und auch in Abhängigkeit von Rahmenbedingungen in der Praxis die jeweils individuell bestmögliche Therapie (also auch die vorherige Kariesinaktivierung, Zirkonkrone oder Flipper) abgewogen werden. 

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Dr. Rebecca Otto, MaHM - OA Dr. Julian Schmoeckel