Wohlfühlen

Interview mit DH Vesna Braun, Praxisberaterin mit Präventionsausrichtung

Weiterbildung – ein Motivationsschub für die gesamte Zahnarztpraxis

22.12.2020

Patientenbehandlung unter Anleitung einer Prophylaxeberaterin – sichern/steigern die Behandlungsqualität. (Anmerkung: Die Bilder dieses Beitrages wurden vor Ausbruch der Corona-Pandemie aufgenommen.)
Patientenbehandlung unter Anleitung einer Prophylaxeberaterin – sichern/steigern die Behandlungsqualität. (Anmerkung: Die Bilder dieses Beitrages wurden vor Ausbruch der Corona-Pandemie aufgenommen.)

Sich weiterbilden heißt: vorankommen! Das gilt für die Zahnarztpraxis als Ganzes ebenso wie für die individuelle Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter. Weiterbildungen vermitteln fachliche Kompetenzen, eröffnen neue Tätigkeitsbereiche und über Schulungen können innovative Konzepte für die gesamte Praxis gefunden werden.

Über das Thema „Weiterbildung“ sprachen wir mit Dentalhygienikerin Vesna Braun. Es ist ein zentrales Thema in ihrem Leben: Ihr eigener Berufsweg verlief über eine Vielzahl von Weiterbildungen und seit 20 Jahren gibt sie selbst Schulungen in Zahnarztpraxen.

PnC: Frau Braun, Sie sind Dentalhygienikerin (DH), QM-Praxismanagerin und haben zudem ein Curriculum Hypnose und suggestive Kommunikation absolviert. Sie besitzen ein ausgesprochen solides fachliches Fundament. Im Jahr 2000 haben Sie sich für die Selbstständigkeit entschieden, und zwar als Praxisberaterin mit Präventionsausrichtung. Wie kam es dazu?

  • DH Vesna Braun.

  • DH Vesna Braun.
    © Braun
DH Vesna Braun: Meine eigenen Fortbildungserfahrungen haben mich auf diese Idee gebracht. Bis zu meinem 30. Lebensjahr habe ich viele Fortbildungen im In- und Ausland besucht. Das Erlernte erschien mir oft vielversprechend, ließ sich aber kaum in die Praxis einbringen. Den Chef und das gesamte Team mitzunehmen, war oft mühsam.

Im Austausch mit Kolleginnen aus anderen Praxen erfuhr ich von ähnlichen Schwierigkeiten: Die vorgestellten Konzepte so umzusetzen, dass letztlich eine wirtschaftliche, logistisch und personell überzeugende Lösung und ein besserer Service dabei herauskamen, blieb eine Herausforderung. Mir wurde schnell klar: Die Referenten stellen zwar tolle, in sich schlüssige Konzepte vor. Aber die Praxisgegebenheiten sind einfach sehr verschieden und so kommt es, dass man die anvisierten Ziele in vielen Fällen nur auf Umwegen erreichen kann und nicht so, wie es die Theorie besagt.

Vorteilhaft ist es, wenn man als Beraterin selbst aus der Praxis kommt und erfahren darin ist, fachlich up-to-date und wissenschaftlich fundiert zu arbeiten. So kam es, dass ich mein eigenes, praxistaugliches Beratungskonzept entwickelte.

Warum ist die Einführung eines einheitlichen Konzeptes in eine Praxis schwierig? Können Sie uns ein Beispiel geben?

In Praxen mit mehreren Prophylaxeassistentinnen findet man oft die Situation, dass jede Mitarbeiterin in einem anderen Institut weitergebildet wurde. Grundsätzlich nicht schlecht, jedoch selektiert jede für sich andere Schwerpunkte mit dem Ergebnis, dass sich in einer Praxis unterschiedliche Abläufe für die gleiche Behandlungssitzung etablieren.

Welche Hürden mussten Sie zu Beginn Ihrer Selbstständigkeit nehmen?

Ich habe die Dimension unterschätzt, die meine Beratertätigkeit annehmen würde. Am Anfang arbeitete ich Vollzeit in der Zahnarztpraxis, in der ich nach wie vor beschäftigt bin. Ich dachte mir: So ein, zwei Mal im Monat andere für diesen wunderschönen Beruf zu motivieren, würde mir gefallen. Aus ein bis zwei Beratungen im Monat wurden aber schnell ein bis zwei Termine in der Woche. Da wurde es mit der Vereinbarkeit von Selbstständigkeit, Familie und Praxistätigkeit schon schwieriger. Dennoch gelang mir der Spagat, weil ich meine Präsenz in der Praxis reduzieren konnte, um im Gegenzug meine Freiberuflichkeit weiter auszubauen.

Als weitere Herausforderung erwiesen sich die unterschiedlichen Niveaus der Mitarbeiter in den Praxen. Denn kein Mitarbeiter darf während einer Schulung unter- oder überfordert sein. Für alle soll die Teilnahme einen persönlichen und fachlichen Mehrwert haben.

In Abhängigkeit von Praxisausrichtung, -standort, -philosophie, -personal und räumlichen Kapazitäten können nicht nur die Wege, sondern auch die Zielsetzungen einzelner Praxen und Zentren recht verschieden sein. Im Endeffekt geht es aber immer darum, die Patientenzufriedenheit zu fördern und die Praxisumsätze zu sichern oder weiter zu steigern.

Wie gehen Sie an eine Beratung heran?

Die Praxen kommen meist mit einem konkreten Anliegen zu mir: Beispielsweise sollen Lücken im Bestellbuch gefüllt oder kurzfristige Terminabsagen vermieden werden. Oder es geht um Angebots- und Qualitätsoptimierungen, Kommunikationsschwachstellen, die Einarbeitung neuer Mitarbeiter. Telefonisch mache ich mir ein Bild von der Praxis sowie vom gewünschten Umfang der Schulung. Danach arbeite ich individuell eine passende Schulung aus, einschließlich Terminierung, Skript- und Zertifikaterstellung.

Bei Ihren Inhouse-Schulungen finden Sie stets andere Praxissituationen vor. Ist das nicht problematisch?

  • Gemeinsame Ziele stecken und umsetzen – häufig gewünschte Gruppen-/Schulungsbilder für Werbezwecke (Homepage…).

  • Gemeinsame Ziele stecken und umsetzen – häufig gewünschte Gruppen-/Schulungsbilder für Werbezwecke (Homepage…).
    © Braun
Darin habe ich von Anfang an einen Vorteil gesehen, denn meine Erfahrung hat gezeigt, dass die Mitarbeiter viel lieber in den eigenen Praxisräumen geschult werden. Da sind sie „zu Hause“. Sie haben keine Anfahrt, kennen sich mit Geräten und Instrumenten aus und werden praxisbezogen und individuell beraten. Der Mehrwert gegenüber externen Schulungen ist unverkennbar. Außerdem können Teammitglieder und Zahnarzt die passenden Patienten zum Fortbildungsthema einbestellen. Dann kann die Theorie direkt in die Praxis übertragen werden.

Ich selbst bin in der Dentalbranche so gut vernetzt, dass ich alle handelsüblichen Geräte und Hilfsmittel kenne und die korrekte Anwendung vermitteln kann.

Oft kommen die Fragen erst nach dem Coaching, dem Vortrag oder während der Patientenbehandlung. Wie gehen Sie damit um?

Nach den Fortbildungen, die ich selbst als Teilnehmerin besucht habe, vermisste ich die Möglichkeit nachzufassen. Daher war es mir sehr wichtig, selbst entsprechende Angebote zu machen. Es beruhigt meine Auftraggeber, im Nachhinein einen Ansprechpartner zu haben. Eine Art „Joker“ für Notfälle. Das ermöglicht ihnen, Neuerungen schneller umzusetzen und Personalveränderungen entspannter zu sehen.

Bei technischen Rückfragen kann ich jederzeit auf mein gut funktionierendes Netzwerk zurückgreifen. So kann ich Sachverhalte für meine Kunden schnell recherchieren.

Vernetzung ist ein gutes Stichwort: Ist die Kommunikation innerhalb der Dentalwelt wichtig für Ihre Tätigkeit?

Ich stehe in regem Austausch mit der gesamten Dentalbranche: von der Zahnärzteschaft und den Praxen mit ihren Mitarbeitern über die Industrie und Dentallabore bis zu den Fachverbänden und öffentlichen Organisationen.

Über meine guten Kontakte zur Dentalindustrie habe ich bereits im Hinterkopf, was in zwei Jahren auf den Markt kommen wird und welche neuen Trends zu erwarten sind. Umgekehrt kann ich der Industrie berichten, wie die Praxen „ticken“ und welche neuen Produkte dort gebraucht werden.

Aus meinen Patienten- und Mitarbeitervorträgen erfahre ich zudem, was Patienten in den Praxen vermissen bzw. was sie sich wünschen. Dabei umfasst mein Spektrum ganz unterschiedliche Settings, zum Beispiel Krankenhäuser, Seniorenheime und Behinderteneinrichtungen, Gesundheits- und Dentalmessen oder Versicherungen. Manchmal halte ich auch Vorträge für Vereine und Clubs. Meines Erachtens ist der Blick über den Tellerrand immer von Vorteil. Denn so kenne ich sämtliche Entwicklungen und weiß um die Sorgen und Nöte unserer Branche.

Was hat Sie letztlich so erfolgreich gemacht, dass Sie jetzt als „Trainer des Jahres 2019“ von der Europäischen Trainer Allianz ausgezeichnet wurden?

Zum einen meine Unabhängigkeit: Ich bin in keiner Weise von Dentalanbietern abhängig oder finanziell mit ihnen verflochten. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist sicher die thematische Vielfalt meiner Schulungen und Vorträge und meine Ortsungebundenheit. Sollte mich morgen eine Praxis in Hamburg buchen, kann der nächste Einsatz übermorgen schon in München oder London sein. Viel auf Reisen zu sein bin ich gewohnt. Schon seit Langem berate bzw. referiere ich zu Prophylaxethemen im In- und Ausland.

Neben meiner Tätigkeit als Praxistrainerin und Referentin arbeite ich als freie Autorin mit Verlagshäusern wie Spitta zusammen. Darüber hinaus bin ich Mitglied in diversen Prüfungsausschüssen. Das „erdet“ auf eine Weise und hilft mir, mich bei Ausbildungsfragen auf dem aktuellen Stand zu halten.

Im Coaching braucht es aber noch mehr, um erfolgreich zu sein: Zum einen ein hohes Maß an Erfahrung und Flexibilität, zum anderen geht im Coaching einfach mehr, wenn der Trainer selbst mit Leidenschaft bei der Sache ist. Mir persönlich geht es so: Ich möchte jeden Teilnehmer, jede Praxis mit einer Extraportion Motivation „infizieren“.

Wenn Sie vergleichen, Prävention heute und vor 20 Jahren – was hat sich seit den Anfängen getan?

Betrachtet man die Dentalbranche als Ganzes, hat sich sehr viel verändert. Und die Prophylaxe ist bei den Veränderungen ganz vorn mit dabei. Früher dachte man: Mit den Individualprophylaxe- Leistungen bei Kindern und Jugendlichen und der Professionellen Zahnreinigung (PZR) bei Erwachsenen wäre das Wesentliche getan.

Heute geht man sehr viel individueller und schonender vor, um dem Risiko von Zahnverlust und -erkrankungen vorzubeugen. Das Prophylaxeangebot umfasst Kleinkinder, Kinder und Jugendliche ebenso wie gesunde und parodontal erkrankte Patienten. Für Patienten mit festen oder herausnehmbaren Zahnspangen, Implantaten oder den verschiedenen Formen von Zahnersatz gibt es jeweils eigene Angebote. Dabei unterscheidet man wiederum zwischen Senioren, Schwangeren, Bleachingpatienten u.v.m.

So ergibt sich ein sehr differenziertes Präventionsangebot. Bei jedem Patienten liegen unterschiedliche Gegebenheiten, Risiken und Bedürfnisse vor und jeder soll so individuell wie möglich beraten und behandelt werden. Nur so kann langjährige professionelle Unterstützung Erfolg haben.

Warum ist Prophylaxe in der Zahnarztpraxis heute unverzichtbar?

Die Prophylaxe hat in der Zahnmedizin stark an Bedeutung gewonnen. Sie spiegelt die Präventionsausrichtung einer Praxis, die Kompetenz des Zahnarztes und das Image der Praxis wider. Ohne Prävention kann eine Praxis heute kaum noch überleben.

Eine letzte Frage: Was ist Ihnen persönlich wichtig bei Ihrer Arbeit?

Je mehr ich sehe, wie schnell ich anderen mit meinem Wissen helfen kann, das ich mir mühevoll über Jahre erarbeitet habe, umso mehr Spaß macht mir meine Beratertätigkeit. Und dabei geht es nicht nur um fachliche Angelegenheiten, sondern oft auch um die zwischenmenschlichen Beziehungen.

Wichtig ist mir, dass man Lösungen gemeinsam findet und alle mit ins Boot nimmt, sodass sich jeder mit der Lösung identifizieren kann. Dann funktioniert das auch im Nachgang, weil alle an der Entwicklung beteiligt waren.

Wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen weiterhin so viel Erfolg!

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: DH Vesna Braun


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