Wohlfühlen


Mobbing zwischen Chef und Mitarbeitern

© Angela Parszyk/pixelio.de
© Angela Parszyk/pixelio.de

Hin und wieder entstehen Konflikte dort, wo Menschen miteinander auskommen müssen, insbesondere zwischen Arbeitskollegen als auch zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern. Von Zeit zu Zeit regt sich ein Mitarbeiter über „den/die da oben“ auf oder ein Chef vergreift sich im Ton oder kritisiert ungerechtfertigt. Zur Vermeidung solcher Situationen ist ein konstruktiver Dialog notwendig. Anders verhält es sich, wenn ein systematisches, willkürliches „Fertigmachen“, sprich Mobbing, dahintersteckt. Der folgende Beitrag zeigt, wie man Mobbing erkennt und wie man sich wehren kann.

Mobbing am Arbeitsplatz führt oft zu seelischen Verletzungen bis hin zu psychischen Erkrankungen. Die Wahrscheinlichkeit für Mobbing erhöht sich besonders bei Unternehmenskrisen. Die Angst um den Arbeitsplatz kann Mitarbeiter dazu bringen, Kollegen schlecht zu machen, um so die eigene Stelle zu sichern. In wirtschaftlich schlechten Zeiten greifen auch Vorgesetzte manchmal auf zweifelhafte Methoden zurück, um Gründe für eine Entlassung zu finden. Man spricht von zwei Kategorien von Mobbing-Handlungen, die von bestimmten Verhandlungsweisen gekennzeichnet sind:

Auf der Arbeitsebene

  • Unterschlagung oder Manipulation von Arbeitsergebnissen
  • unsachliche Kritik an Arbeitsergebnissen
  • Anordnung von sinnlosen Tätigkeiten

Auf der sozialen Ebene

  • Verleumdungen
  • Anspielungen
  • eine Person ignorieren
  • kollektives Verlassen eines Raumes, wenn eine bestimmte Person eintritt

Nicht nur zwischen Kollegen finden diese Angriffe statt, sondern häufig auch zwischen Führungskraft und Mitarbeiter. Von Bossing spricht man, wenn Mobbing von Führungskräften ausgeht oder unter ihrer Mitwirkung stattfindet. Eher die Ausnahme stellen Mitarbeiter dar, die ihre Vorgesetzten mobben. Grundsätzlich werden sie sich davor hüten, ihren Vorgesetzten in den Rücken zu fallen. Passiert es doch, spricht man von Staffing.

Beides sind Konflikte, die ausschließlich zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten stattfinden. Geprägt wird das Verhältnis zwischen beiden aufgrund ihrer unterschiedlichen Position in der Unternehmenshierarchie. Das heißt auch, die Machtverhältnisse sind zu unterschiedlich, um Mobbing zu betreiben oder sich dagegen zu wehren. Dies verschärft die Problematik.

Wenn der Chef mobbt

Nur schwer in der Praxis einschätzen lässt sich, ob Mobbing tatsächlich vom Vorgesetzten ausgeht oder er dabei mitwirkt. Manchmal wird ein bestimmtes Verhalten von den Mitarbeitern auch einfach so empfunden. Der Grund dafür liegt im gefestigteren und vertrauteren Verhalten zu Kollegen als zum Vorgesetzten, weil man sich hier auf gleicher Ebene begegnet. Alle sitzen quasi im selben Boot. In der Regel ist das Verhältnis zum Vorgesetzten nicht so eng.

Schikaniert ein Vorgesetzter einen Mitarbeiter systematisch, spricht dies nicht für eine starke Persönlichkeit. Fühlt sich ein Vorgesetzter seinem Mitarbeiter fachlich unterlegen und persönlich minderwertig, neigt er dazu, diese Unsicherheit zu kompensieren. Er erniedrigt also seinen Mitarbeiter. Der Mitarbeiter ist seinem Chef unterlegen, weil dieser aus seiner Machtposition heraus handelt.

Besonders gravierend ist Bossing deshalb, weil der Betroffene meist keine Chance hat, aus dieser Situation zu entkommen. Es ist nicht einfach, gegen den eigenen Chef vorzugehen. Attacken können sich in folgender Form äußern:

  • Der Betroffene erhält Arbeitsaufgaben, die er nicht bewältigen kann
  • Der Chef schikaniert, demütigt, unterstellt Fehler und stichelt.
  • Der Chef entzieht der Person Privilegien und Informationen.
  • Der Chef macht den Mitarbeiter vor dem Team lächerlich.
  • Der Chef hetzt das Team gegen den Mitarbeiter auf.

Starke Persönlichkeiten mobben kaum

Gemobbte Mitarbeiter sollten zunächst das Gespräch mit ihrem Vorgesetzten suchen und die Probleme schildern. Unter Umständen hat der Vorgesetzte es gar nicht bemerkt und versucht, sich daraufhin zu bessern. Es könnte auch ein anderes Problem geben, über das bisher noch nicht gesprochen wurde. Suchen Mitarbeiter ein solches Gespräch, zeigen sie Stärke mit der Botschaft: „Ich lasse mich nicht von Ihnen mobben.“

Bringt ein solches Gespräch keinen Erfolg, sollten gemobbte Mitarbeiter sich – je nach Unternehmensgröße – an den Betriebsrat wenden oder mit Kollegen und anderen Führungskräften sprechen. Wichtig dabei ist, Beweise für die Attacken des Vorgesetzten zu sammeln, wie z. B. einschlägige E-Mails, oder sich derartige Vorfälle durch Zeugen bestätigen lassen.

Wenn der Mitarbeiter dern Vorgesetzen mobbt

Chefs lassen sich seltener von Mitarbeitern mobben. Sie können sich aufgrund ihrer Stellung besser wehren. Selbst wenn Staffing vorliegt: Welcher Vorgesetzte gibt schon zu, dass er gemobbt wird? Die Angst ist zu groß, an Ansehen, Autorität und Würde zu verlieren. Deshalb gibt es eine weitaus höhere Dunkelziffer der Staffing-Opfer.

Mitarbeiter verfolgen beim Staffing das Ziel, einzelne oder mehrere Vorgesetzte oder sogar das ganze Unternehmen zu ruinieren. Für einen schwachen Vorgesetzten, der seine Autorität nicht einsetzen kann, besteht eine besonders große Gefahr, zum Spielball der Mitarbeiter zu werden. Besonders gefährdet für Angriffe „von unten“ sind neue Vorgesetzte. Gründe dafür können sein:

  • Die Kollegen sind neidisch, dass ein Mitarbeiter aus ihrem Kreis zum Teamleiter befördert wurde.
  • Die Erwartungen sind zu hoch und können vom neuen Vorgesetzten nicht erfüllt werden.
  • Ein Mitarbeiter aus dem Team hatte sich erhofft, selbst Teamleiter zu werden, und hetzt nun seine Kollegen gegen den neuen Vorgesetzten auf.
  • Das Team ist misstrauisch, weil es den neuen Vorgesetzten noch nicht kennt.
  • Der neue Vorgesetzte ist viel jünger als der Altersdurchschnitt des Teams. Ihm wird daher wenig Kompetenz zugesprochen.

Wie Staffing abläuft

Besonders Führungskräfte auf der mittleren Leitungsebene sind von Staffing gefährdet. Sie agieren in einer „Sandwich-Position“ in einem Geflecht gegenseitiger Abhängigkeiten und sind sowohl auf einen guten Informationsfluss der Unternehmensleitung als auch auf das Engagement ihrer Mitarbeiter angewiesen. Druck kommt von oben und unten. Diese Vorgesetzte haben trotzdem nur begrenzte Mittel, gegen ihre Mitarbeiter vorzugehen. Gerade eine Kündigung kann nicht ohne weiteres ausgesprochen werden. Zudem sind Vorgesetzte abhängig von ihren Mitarbeitern, etwa in Phasen, in denen die Arbeitsbelastung hoch ist oder dringende Termine anstehen. Lassen die Mitarbeiter ihren Vorgesetzten dann hängen und melden sich z. B. krank, sitzt dieser in der Zwickmühle.

Beim Mobbing gehen Mitarbeiter oft dezenter vor, damit das Opfer auf den Urheber keine direkten Rückschlüsse ziehen kann. Sie streuen Gerüchte und Intrigen oder machen Andeutungen über Affären oder unprofessionelles Führungsverhalten. Der Vorgesetzte hat in solchen Fällen wenige Chancen, unbeschadet davonzukommen. Häufig suchen sich Mitarbeiter, die ihrem Vorgesetzten schädigen wollen, Verbündete, um das Machtgefälle zu ihren Gunsten zu verändern. Für den Vorgesetzten macht es dies noch schwieriger, dagegen vorzugehen.

Begünstigende Faktoren für Mobbing

Ob gemobbt wird oder nicht hängt entscheidend von der Unternehmenskultur ab. Zunächst entsteht Mobbing im Kopf und gründet sich auf Antipathie, Neid oder Frust. Es muss ein „günstiges“ Umfeld vorhanden sein, damit Mobbing entstehen kann. Besonders gefährdet sind Unternehmen, die der Unternehmenskultur und Personalpflege wenig bis gar keine Aufmerksamkeit schenken. Zudem begünstigen weitere Faktoren Mobbing:

  • Fehlende Kommunikation: Nicht angesprochene Konflikte können zu unterdrücktem Ärger führen, der sich dann in Attacken gegen andere entfacht. 
  • Autoritärer Führungsstil: Werden Mitarbeiter nur diktiert und bekommen keine Eigenverantwortung übertragen, werden sie unzufrieden. Gleiches gilt für das Lösen von Konflikten mit Macht und nicht mit Verstand.
  • Ãœberforderung: Bei dauerhaftem Personalmangel oder schlecht organisierter Arbeit werden Mitarbeiter überfordert und geraten unter Leistungsdruck und Stress. Schnell wird in einer angespannten Arbeitsatmosphäre bei Fehlern und Versäumnissen ein Sündenbock gesucht.
  • Schlechte Arbeitsgestaltung: Können Mitarbeiter ihre Qualifikation nicht einbringen oder ist ihre Arbeit wenig abwechslungsreich, besteht die Gefahr von Langeweile. Dies verführt dazu, den Frust an anderen auszulassen.

Mobbing und seine negativen Folgen

Nicht nur für Betroffene, sondern auch für Unternehmen an sich ist Mobbing schädlich. Mobbing kann sich kein Unternehmen leisten, vor allem in Krisenzeiten. Indirekte und direkte Kosten entstehen durch Kosten für Aushilfskräfte, Qualitätsdefizite, Kosten für Kündigungen und Einarbeitungen, Verlust von qualifizierten Mitarbeitern, Imageschäden bei Patienten, bei Kunden und in der Öffentlichkeit.

Es gilt deshalb, Arbeitsbedingungen zu schaffen, die eine optimale Persönlichkeits- und Leistungsentfaltung aller Beschäftigten sicherstellt. Dies sorgt für ein positives Betriebsklima, was die Gefahr von Mobbing insgesamt eindämmt.

Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Ingrid Wohlmuth

Bilder soweit nicht anders deklariert: Ingrid Wohlmuth