Therapeutische Rauchentwöhnung in der Zahnarztpraxis? Eine rechtliche Einschätzung

Rauchen ist ein bekannter Risikofaktor für Mundschleimhauterkrankungen, Parodontitis, Periimplantitis und vorzeitigen Zahnverlust. Zahnärzte sollten deshalb über die möglichen schwerwiegenden Folgen des Rauchens für Mund und Zähne aufklären. Einigen Zahnärzten erscheint dies nicht ausreichend; sie möchten gerne eine therapeutische Unterstützung der Rauchentwöhnung in ihrer Praxis anbieten. Der folgende Beitrag soll die Grenzen und Möglichkeiten einer therapeutischen Rauchentwöhnung durch den Zahnarzt beleuchten und eine Hilfestellung bei der Frage des Ob und Wie geben.
Einsatz von Medikamenten
Zunächst soll die gezielte Rauchentwöhnung unter Zuhilfenahme von Arzneistoffen, z.B. Vareniclin, betrachtet werden. Dabei stellt sich das rechtliche Problem, ob solch eine Therapie noch in den Bereich der Zahnheilkunde fällt und damit unter den Behandlungsauftrag des § 1 Abs. 3 Satz 1 des Zahnheilkundegesetzes (ZHG) und, falls nicht, was die Konsequenzen für einen Zahnarzt sein können, der trotzdem eine Rauchentwöhnung in seiner Praxis anbietet.
Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 ZHG besteht die Ausübung der Zahnheilkunde in der berufsmäßigen, auf zahnärztlich wissenschaftliche Erkenntnisse gegründeten Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Zur Ausübung der zahnärztlichen Tätigkeit zählen Verhütung, Diagnose und Behandlung von Anomalien der Zähne, der Mundhöhle und des Kiefers insgesamt [1]. Eine Behandlung anderer Krankheiten und damit auch die Verschreibung von Humanarzneimitteln, die nicht auf dem Gebiet der Zahnheilkunde Anwendung finden können, wird somit nicht von der zahnärztlichen Approbation erfasst [2]. Vareniclin ist ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel und darf daher nur nach Vorlage einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Verschreibung abgegeben werden. Der Zahnarzt darf somit Vareniclin nur verschreiben, wenn es im Rahmen einer zahnärztlichen Behandlung zum Einsatz kommt. Die Rauchentwöhnung ist jedoch keine Behandlung einer Zahn-, Mund- oder Kieferkrankheit und könnte allenfalls unter die „Verhütung“ von Erkrankungen im Mund- und Kieferbereich als Teilbereich der zahnärztlichen Tätigkeit fallen, wenn das Rauchen die Ursache für eine Krankheit i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 1 ZHG ist. Eine solche Krankheit ist nach Satz 2 jede von der Norm abweichende Erscheinung im Bereich der Zähne, des Mundes und der Kiefer einschließlich der Anomalien der Zahnstellung und des Fehlens von Zähnen.
Problematisch ist, dass das Rauchen zwar erwiesenermaßen das Risiko für Erkrankungen im Mund- und Kieferbereich steigert, eine Krankheit jedoch in der Regel nie ausschließlich auf das Rauchen zurückzuführen ist. Die Frage, ob Rauchentwöhnung noch als Prävention von Mund- und Kieferkrankheiten angesehen werden kann, ist damit eine medizinische Einzelfallentscheidung und kann hier rechtlich nicht abschließend beurteilt werden. Fällt die Entwöhnung aus zahnmedizinischer Sicht im Einzelfall unter die „Verhütung“ von Krankheiten i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 1 ZHG, wäre der Zahnarzt auch im Rahmen seines Behandlungsauftrages befugt, Vareniclin zu verschreiben.
Psychologische Verhaltenstherapie
Außer einer medikamentösen Rauchentwöhnung kann auch eine psychologische Verhaltenstherapie dem Patienten helfen, mit dem Rauchen aufzuhören. Die Rauchentwöhnung wird in diesem Fall als Verhaltenstherapie nach GOÄ-Nr. 870 analog abgerechnet. Es bedarf somit der Approbation als ärztlicher oder psychologischer Psychotherapeut, um eine derartige Leistung zu erbringen und abzurechnen. Eine vergleichbare Abrechnungsziffer ist in der GOZ nicht zu finden. Dies spricht dafür, dass auch die Rauchentwöhnung mittels einer psychologischen Beratung bzw. Betreuung nicht unter den Behandlungsauftrag des Zahnarztes fällt.
Alternative Behandlungsmethoden
Neben den zuvor erwähnten Ansätzen existieren jedoch noch weitere Methoden zur Rauchentwöhnung, wie z.B. durch Laser- und Ohrakupunktur oder Hypnose. Diese Entwöhnungsmethoden dürfen jedoch nur von Personen, die eine Erlaubnis i.S.d. § 1 Abs. 1 Heilpraktikergesetz (HPG) besitzen, durchgeführt werden [3, 4]. Nach diesem Paragrafen bedarf, wer Heilkunde ausübt, ohne als Arzt bestellt zu sein, der Erlaubnis. Die Ausübung der Heilkunde ist nach § 1 Abs. 2 HPG jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Fehlt dem Zahnarzt eine solche Erlaubnis, macht er sich nach § 5 HPG strafbar. Danach wird, wer die Heilkunde ausübt, ohne zur Ausübung des ärztlichen Berufs berechtigt zu sein und ohne eine Erlaubnis nach § 1 HPG zu besitzen, mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe bestraft. Ein Zahnarzt, der in diesem Bereich tätig sein möchte, sollte sich also bei der zuständigen Verwaltungsbehörde um eine entsprechende Erlaubnis bemühen.
Darüber hinaus ist § 9 Abs. 4 der Musterberufsordnung der deutschen Zahnärzte (MBO-Z) bzw. dessen Pendant im jeweiligen örtlichen Kammerrecht zu beachten. Danach muss der Zahnarzt, der zusätzlich nichtärztlich heilkundlich tätig ist, dies sachlich, räumlich und organisatorisch sowie für den Patienten erkennbar von seiner zahnärztlichen Tätigkeit trennen. Entscheidend ist die Erkennbarkeit aus Patientensicht. Die sachliche und organisatorische Trennung setzt zwar nicht notwendigerweise vollständig voneinander separierte Räumlichkeiten voraus, jedoch darf die Heilpraktikertätigkeit grundsätzlich nicht in den zahnärztlichen Behandlungszimmern ausgeführt werden. Es genügt aber, innerhalb der Zahnarztpraxis eigens für die Heilkunde eingerichtete Räume zu nutzen, solange die Trennung für die Patienten jederzeit erkennbar ist. Diese Transparenz kann durch eine entsprechende Kennzeichnung der jeweiligen Räume erreicht werden. Auch die zahnärztlichen und die nichtärztlich heilkundlichen Behandlungen selbst müssen für den Patienten erkennbar auseinandergehalten werden. Im Idealfall geschieht dies durch separate Sprechstunden. Die getrennte Behandlung während eines Termins ist möglich, solange der Patient jederzeit erkennen kann, ob gerade zahnärztliche oder Heilpraktikerleistungen erbracht werden. Eine solche wahrnehmbare Zäsur kann insbesondere durch den Wechsel der Behandlungsräume erfolgen. Die organisatorische Trennung setzt ferner voraus, dass getrennte Praxisschilder, Formulare, Stempel und ein separater Telefonanschluss vorhanden sind. Auch müssen Bankkonten und Kassen genauso wie eine Buchführung und Gewinnermittlung voneinander getrennt werden. Ebenso ist in der Werbung eine Verbindung zwischen Zahnarztpraxis und Heilpraktikertätigkeit zu vermeiden. Zur internen buchhalterischen Trennung ist also auch eine Trennung beider Tätigkeitsfelder in der Außendarstellung nötig. Insgesamt ist der Eindruck zu vermeiden, der Vertrauensbonus als Zahnarzt werde für die daneben tretende Tätigkeit als Heilpraktiker genutzt [5].
In Betracht kommt daneben ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Nr. 2 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG), wonach außerhalb von Fachkreisen nicht mit der Angabe geworben werden darf, dass ein Verfahren oder eine Therapie zahnärztlich empfohlen wird oder geprüft ist. Durch eine unzulässige Vermischung von zahnärztlicher und heilkundlicher Tätigkeit könnte beim Patienten der Anschein geweckt werden, die heilkundliche Behandlung würde gerade durch den Zahnarzt empfohlen. Sollten zahnärztliche und heilkundliche Tätigkeit unzulässig vermischt werden, steht sowohl der zuständigen Kammer als auch (nach dem Gesetz zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs) allen Mitbewerbern die Möglichkeit einer Abmahnung zu. Die Kosten des Verfahrens hätte sodann nach § 12 Abs. 1 UWG der Zahnarzt zu tragen, der unzulässig geworben oder gegen Berufsrecht verstoßen hat.
Zusammenfassung
Eine Rauchentwöhnung, die über das Maß einer Beratung über dessen schädigende Auswirkung auf den Mund- und Kieferbereich hinausgeht, kann nur im Ausnahmefall als vom Behandlungsauftrag des Zahnarztes gedeckt angesehen werden. Nur wenn im Einzelfall medizinisch nachgewiesen ist, dass eine Rauchentwöhnung zur Verhütung von Krankheiten im Mund- und Kieferbereich erforderlich ist, ist es dem Zahnarzt im Rahmen seines Behandlungsauftrags erlaubt, entsprechende Medikamente zu verschreiben. Soweit die Entwöhnung durch eine Verhaltenstherapie erreicht werden soll, kann davon ausgegangen werden, dass allein approbierte Ärzte und Psychotherapeuten hierzu befugt sind. Zur Rauchentwöhnung mit alternativen Methoden wie Hypnose oder Akupunktur benötigt auch der Zahnarzt eine Erlaubnis nach dem HPG. Liegt eine solche vor, ist die heilkundliche Behandlung des Patienten strikt von der zahnärztlichen zu trennen – sachlich, räumlich und organisatorisch.