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Klinische Doppelblindstudie zum Effekt einer Hydroxylapatit-Zahnpasta

MIH und Schmerzempfindlichkeiten bei Kindern

Kinder mit Kreidezähnen (MIH) klagen häufig über schmerzempfindliche Zähne. Zahnpasten mit Hydroxylapatit können hier helfen.

. Julija/AdobeStock
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Schon seit mehreren Jahren ist bei Kindern neben der Kariesdiagnostik ein weiterer Schwerpunkt zunehmend in den Mittelpunkt gerückt: Die Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH), oft auch als „Kreidezähne“ bezeichnet [1]. Studien beschreiben, je nach Region und Methodik, eine Prävalenz von 2% bis zu 40% [2]. Bei „Kreidezähnen“ handelt es sich um nicht vollständig mineralisierte bleibende Zähne [3].

Die ersten klinischen und wissenschaftlichen Berichte über hypomineralisierte Zähne sind bereits in den frühen 2000er-Jahren publiziert worden [4]. Die Forschung an diesem Phänomen, das insbesondere junge Kinder mit bleibenden Zähnen betrifft, hat stetig zugenommen [5]. Doch trotz aller Bemühungen und Analyse unterschiedlicher Daten verschiedenster Studien können bisher keine eindeutigen Gründe für diese Erkrankung genannt werden.

Aktuelle Studien zeigen, dass hypomineralisierte Zähne nicht nur weniger mineralisiert sind, sondern auch einen höheren Proteingehalt aufweisen [6]; hierzu zählt unter anderem Albumin [7]. Dadurch ist der Hydroxylapatit-Anteil in den betroffenen Zahnarealen reduziert. Das führt zu der Annahme, dass vermutlich Albumin die Mineralisation stören könnte.

Eine mögliche Hypothese ist, dass durch Fiebererkrankungen, welche zu einem erhöhten Albuminspiegel im Blut führen, die Zahnentwicklung gestört wird [5]. Auch weitere Proteine könnten in ihrer Funktionalität beeinflusst sein [8]. Es bleibt abzuwarten, ob zukünftige Studien dies bestätigen.

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Derartige Hypomineralisationen erscheinen oft opak, gelblich oder gelblich-braun. Klinisch können MIH-Zähne nach unterschiedlichen Kriterien bewertet werden. Eine gängige Praxis ist, die Zähne in 3 Schweregrade zu unterteilen: mild, moderat und schwer.

Die Therapieoptionen in der Praxis können nach dem sogenannten „MIH treatment-need index (MIH TNI)“ gewählt werden [9]. Hier fließen nicht nur die Ausdehnung des Defektes, sondern auch die Empfindlichkeit der Zähne mit ein.

Häufig beschreiben Kinder mit MIH, dass ihre Zähne sehr empfindlich auf Kälte, Wärme oder Berührung reagieren [10]. Dies kann dadurch begründet werden, dass an den nicht vollständig mineralisierten Zahnarealen das Dentin exponiert sein kann.

Durch die freiliegenden Tubuli werden die äußeren Reize direkt zum Zahnnerv weitergeleitet. Überempfindliche hypomineralisierte Zähne können die Lebensqualität der Patienten stark beeinträchtigen, führen aber auch zu Herausforderungen für die Behandlung und Therapie der betroffenen Patienten [11].

Kinder mit schmerzenden Zähnen neigen dazu, eine Behandlung zu verweigern, weil sie weitere Schmerzen fürchten [12]. Auch die Durchführung einer gründlichen häuslichen Zahnpflege kann aufgrund von Schmerzempfindlichkeiten deutlich erschwert sein.

Deshalb ist es wichtig, diesen Schmerzempfindlichkeiten bei den Kindern möglichst effektiv vorzubeugen. In der häuslichen Zahnpflege gibt es hierfür unterschiedliche Konzepte sowie auch die Remineralisation der Zähne. Neben Fluoriden können Calciumphosphatverbindungen in Zahnpflegeprodukten eingesetzt werden.

Hierzu zählen u. a. Hydroxylapatit (Ca5(PO4)3(OH)) und amorphe Calciumphosphate (Cax(PO4)y · n H2O) [13,14]. Aktuelle Studien zeigen, dass Calciumphosphatverbindungen die Schmerzempfindlichkeiten von Patienten verbessern und die Remineralisation fördern können [15–17].

Eine aktuelle randomisierte klinische Doppelblindstudie (RCT), durchgeführt an der Universitätsmedizin Mainz, hat die Wirksamkeit zweier kommerziell erhältlicher Zahnpasten – eine mit Hydroxylapatit und eine mit Aminfluorid (1.400 ppm F-) – auf den Einfluss von Schmerzempfindlichkeiten bei Kindern mit MIH untersucht [18].

Methodik

Die hier vorgestellte Studie wurde bereits in einem internationalen Peer-Reviewed-Journal veröffentlicht [18]. Daher wird die Methodik der Studie nachfolgend zusammengefasst und verkürzt dargestellt.

Studiendesign und statistische Analyse

Die Studie wurde als monozentrische, randomisierte Doppelblindstudie mit aktiver Kontrolle durchgeführt. Die verwendeten Zahnpasten waren marktübliche Produkte. Test-Zahnpasta: Kinder Karex Zahnpasta (fluoridfrei, mit Hydroxylapatit, Dr. Kurt Wolff GmbH & Co KG, Bielefeld). Aktive Kontrolle: elmex Junior Zahnpasta (mit 1.400 ppm Fluorid als Aminfluorid, CP GABA GmbH, Hamburg).

Die Teilnehmer wurden nach der initialen Untersuchung zu insgesamt 3 Untersuchungen in die Poliklinik für Parodontologie und Zahnerhaltung der Universitätsmedizin Mainz einbestellt und von einer erfahrenen Kinderzahnärztin untersucht: Baseline (Tag 0), 28 Tage und 56 Tage nach Verwendung der jeweiligen Zahnpasta. Alle Teilnehmer verwendeten die gleiche Zahnbürste (elektrische Zahnbürste).

Zu den Einschlusskriterien zählte: Alter der Patienten: 6 bis 16 Jahre; mindestens 1 Zahn (Molar), der von MIH betroffen und empfindlich ist. Die statistische Analyse sowie Randomisierung, Fallzahlkalkulation und Verblindung wurden von dem Institut für Medizinische Biostatistik, Epidemiologie und Informatik der Universitätsmedizin Mainz durchgeführt. Als primärer Endpunkt wurde die Veränderung der Schmerzempfindlichkeit bei Berührung (gemessen mit der Wong-Baker Faces Pain Rating Scale) festgelegt.

Ergebnisse

Insgesamt wurden 21 Teilnehmer (TN) mit 48 betroffenen Zähnen in die Studie eingeschlossen. Die TN und auch die Zähne der beiden Gruppen waren in etwa gleichmäßig verteilt. Die Hydroxylapatit-Gruppe: 10 TN (23 betroffene Zähne), Fluorid-Gruppe: 11 TN (25 betroffene Zähne).

Abb. 1: Reduktion der Schmerzempfindlichkeit von MIH-Patienten gemessen mit der Wong-Baker Faces Pain Rating Scale. In beiden Gruppen werden die Empfindlichkeiten der Zähne nach taktilem Reiz reduziert [18]. Meyer
Abb. 1: Reduktion der Schmerzempfindlichkeit von MIH-Patienten gemessen mit der Wong-Baker Faces Pain Rating Scale. In beiden Gruppen werden die Empfindlichkeiten der Zähne nach taktilem Reiz reduziert [18].

Alle TN waren jünger als 12 Jahre und größtenteils weiblich (71%). Die Rekrutierung und Untersuchung der TN wurde durch die COVID-19-Pandemie erschwert, dennoch konnte die Studie durchgeführt werden. Insgesamt konnte eine Schmerzreduktion in beiden Gruppen beobachtet werden (Abb. 1).

Diskussion

Diese Studie ist die erste randomisierte Doppelblindstudie mit aktiver Kontrolle bei Kindern mit MIH, die den Einfluss unterschiedlicher Zahnpastawirkstoffe auf die Schmerzempfindlichkeit von betroffenen Zähnen untersuchte. Bisherige Studien haben lediglich einzelne Konzepte untersucht und waren nicht verblindet [19]. Die hier vorliegende Untersuchung zeigt, dass sowohl Hydroxylapatit-Zahnpasten (Kinder Karex) als auch Zahnpasten mit Fluorid (1.400 ppm Fluorid als Aminfluorid) Schmerzen aufgrund von MIH-Zähnen verbessern können.

Die Daten der vorliegenden klinischen randomisierten Doppelblindstudie zeigen einen tendenziell größeren Effekt in der Hydroxylapatit-Gruppe im Vergleich zur Fluorid-Gruppe. Insgesamt ist eine Reduktion von empfindlichen MIH-Zähnen bei betroffenen Kindern anzustreben, weil dies auch die Lebensqualität verbessert. Zudem wird somit ein verbessertes Mundhygieneverhalten ermöglicht, welches wiederum das Kariesrisiko verringert.

Kinder mit MIH neigen dazu, die Zähne nicht gründlich genug zu putzen, da die Schmerzen während des Putzens unangenehm sein können. Hydroxylapatit ist in zahlreichen wissenschaftlichen Studien untersucht worden und in der Lage, Karies vorzubeugen [16,20–23]. Die Wirksamkeit einer fluoridfreien Kinderzahnpasta mit Hydroxylapatit in der Kariesprophylaxe wurde zuletzt von der kanadischen Gesundheitsbehörde bestätigt (Natural Product Number: 80117093).

Es ist bekannt, dass der biomimetische Wirkstoff die Empfindlichkeit der Zähne reduziert, indem die Dentintubuli okkludiert werden [24-26]. Zudem dient Hydroxylapatit als Calciumquelle und remineralisiert demineralisierte Zahnareale [13,16,27,28]. Hinzu kommt, dass sich der Wirkstoff auf den Zähnen anlagert und einen Säureschutz bietet [29].

Vorteilhaft für calciumbasierte Wirkstoffe ist deren Biokompatibilität [14], so ist Hydroxylapatit unbedenklich bei eventuellem Verschlucken und kann in größeren Mengen eingesetzt werden. Bei fluoridbasierten Konzepten ist dies aus regulatorischen Gründen insbesondere bei Kindern nicht möglich [14]. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie sind sowohl für Zahnärzte als auch für Eltern von Kindern mit MIH interessant, da eine weitere Alternative für die Zahnpflege aufgezeigt wird [18].

Fazit

Die Ergebnisse dieser klinischen randomisierten Doppelblindstudie mit aktiver Kontrolle zeigen, dass Zahnpasten mit Hydroxylapatit Schmerzempfindlichkeiten bei Kindern mit MIH reduzieren können. Die Reduktion der Schmerzen ist bereits nach 4 Wochen feststellbar und zeigt sich nach 8 Wochen noch ausgeprägter. Zahnärzte und Eltern haben somit mit Hydroxylapatit eine wirksame Alternative für die Zahnpflege von Kindern mit MIH.

Die Autoren

Dr. Joachim Enax1, PD Dr. Vicky Ehlers2, Henny Sudradjat3, Univ. Prof. Dr. James Deschner2, Dr. Frederic Meyer1

  1. Research Department, Dr. Kurt Wolff GmbH & Co KG, Bielefeld
  2. Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Poliklinik für Parodontologie und Zahnerhaltung, Mainz
  3. Gesundheitsamt Stadt Braunschweig, Kinder- und Jugendzahnärztlicher Dienst, Braunschweig

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