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Eine Pilotstudie

Verursacht Geräuschbelastung durch maschinelle Instrumentation Hörschädigungen?

Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Geräuschbelastung durch maschinelle Instrumentierung – insbesondere in Prävention und Parodontitistherapie – und eventuellen Gehörschäden beim zahnmedizinischen Personal? Die im Folgenden dargestellte Pilotstudie untersucht diesen Zusammenhang und zeichnet zudem ein Bild der derzeitigen Erkenntnislage. Im Sinne des Arbeitsschutzes ist es wichtig zu wissen, ob eine Gefahr besteht und folglich Präventionsmaßnahmen getroffen werden sollten.

. Gordon Johnson/Pixabay.de
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In allen Bereichen des Alltags und besonders auch in der beruflichen Umgebung sind wir Lärm ausgesetzt. Im zahnmedizinischen Berufsumfeld werden wir beispielsweise täglich akustisch mit hochtourig rotierenden Instrumenten wie der Luftturbine, der Absauganlage und auch mit maschinellen Instrumenten zur Zahnsteinentfernung wie Schall- und Ultraschallgeräten konfrontiert. Letztere weisen eine Frequenz von 25.000 bis 42.000 Hz auf [1]. Lärm ist nicht nur unangenehm, sondern kann auch die Gesundheit schädigen: Lärmschwerhörigkeit oder Hochtonschwerhörigkeit kann die Folge steigender Lärmpegel sein. Die Lärmschwerhörigkeit ist dabei die häufigste anerkannte Berufserkrankung aller Berufe.

Die maschinelle Instrumentierung gewinnt eine immer größere Bedeutung beim Biofilmmanagement in der Prophylaxe und in der nicht chirurgischen Parodontitistherapie. Korrekt ausgewählte und eingesetzte Ultraschallinstrumente zeigen bei ähnlicher Effektivität wie Handinstrumente einen geringeren Abtrag an Zahnhartsubstanz und werden in der Patientenwahrnehmung häufig als weniger unangenehm oder schmerzhaft empfunden [2]. Als weiterer Vorteil wird die mögliche Zeitersparnis bei der Behandlung genannt [3]. Die maschinelle Instrumentierung ist also einerseits ein vorteilhaftes Hilfsmittel in der Behandlung, andererseits aber auch eine nicht unerhebliche, kontinuierlich steigende Geräuschquelle im zahnärztlichen Alltag. Daher gilt es, mögliche Gefahren für das Hörvermögen aus dieser Quelle rechtzeitig festzustellen, um Hörschädigungen vorbeugen zu können.

Physiologische Grundlagen des Hörens

Als Schall im physikalischen Sinn werden mechanische Schwingungen in gasförmigen, flüssigen oder festen Medien bezeichnet [4]. Luft ist gasförmig und dabei das Trägermedium für die Schallwellen, die über die Luft in den äußeren Gehörgang (Meatus acusticus externus) und weiter über das Mittelohr (Auris media) letztlich in das mit Endolymphe gefüllte Innenohr (Auris interna) gelangen [5]. Die Auris externa unterstützt die Schallaufnahme zur Auris media, der Meatus acusticus wirkt als Schalltrichter [6]. Der Schall trifft dadurch auf das Trommelfell (Membrana tympani), das in Vibration versetzt wird. Die Membrana tympani leitet die Schwingungen über die Gehörknöchelchen (Ossicula auditus) zur Fenestra ovalis (= ovales Fenster) der Cochlea weiter [5]. In der Cochlea entsteht eine Wanderwelle, wodurch die Sinneszellen des Gehörs angeregt werden. Bei dieser Bewegung beugen sich die Stereozilien und leiten die sensorischen Transduktionsprozesse in die Sinneszellen ein [7]. Beim Transduktionsprozess werden mechanische Reize in elektrische Energie umgewandelt. Das menschliche Ohr kann beim Jugendlichen im Frequenzbereich von 16 Hz bis 20.000 Hz hören.

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Beeinträchtigung der Hörfähigkeit durch Lärm

Mit Lärm ist jeder unerwünschte Schall gemeint. Eine Lautstärke von 130 bis 140 dB kann in relativ kurzer Zeit zu einer Lärmschwerhörigkeit führen. Die Schädigung wird größer, je länger der Lärm einwirkt [8]. Dieroff und Beck konnten schon 1964 anhand von experimentellen Untersuchungen zeigen, dass unter Lärmeinwirkung im peripheren Hörapparat eine morphologische Zerstörung bewirkt wird [9]. Mit zunehmender Beschallungszeit entstand eine Zerstörung in der Auris interna. Bei einer Lärmschwerhörigkeit werden die Sinneszellen (= Haarzellen) in der Auris interna durch Erschöpfung ihres Stoffwechsels und Überbelastung geschädigt. Daraus resultiert die Innenohrschwerhörigkeit, die bei 4 bis 5 kHz beginnt [10]. Sie entsteht häufig nach plötzlicher und übermäßiger oder chronischer Lärmexposition [7|. Untersuchungsmethoden zur Erkennung der Lärmschwerhörigkeit, wie z.B. eine Funktionsdiagnostik (Tonaudiometrie), geben Aufschluss über eine mögliche Hörschädigung. Die Hörprüfungen sollen den Schweregrad, folglich die Menge, die Güte, die Inhibition der Schallleitung oder der Schallempfindung und den möglichen Grund einer Hörstörung feststellen.

Material und Methoden

In dieser Pilotstudie sollten Zahnmedizinische Prophylaxeassistentinnen (ZMP) und Dentalhygienikerinnen (DH) mittels eines Fragebogens und anhand von Gehörtests untersucht werden. Die Probanden wurden angeschrieben und über die Inhalte, den Ablauf der Studie und über die Maßnahmen zum Datenschutz (Pseudonymisierung) informiert. In einem mündlichen Vorabgespräch mit den Probanden wurden die Ein- und Ausschlusskriterien geklärt. Einschlusskriterien waren die regelmäßige Benutzung von Schall- und Ultraschallgeräten sowie Arbeitszeiten von mehr als 8 Stunden pro Woche. Ausschlusskriterien waren bekannter Hörverlust aufgrund einer Infektion oder ein angeborener Gehördefekt. Insgesamt 15 Probandinnen konnten in die Studie aufgenommen werden.

Der Fragebogen bestand aus 13 Items, die sich aus geschlossenen Fragen (mit dichotomen Nominalskalen, Mehrfachwahlfragen), offenen Fragen sowie Verhaltensfragen, Eigenschaftsfragen, Zuordnungsform, Ergänzungsfragen und einer sozialstatistischen Frage zusammensetzten. Mithilfe des Fragebogens sollten die berufliche Anamnese, die Arbeitsbedingungen und präventive Maßnahmen zum Gehörschutz abgefragt werden. Vorab wurde in einem Pretest ein Prototyp des Fragebogens auf Verständlichkeit, Vollständigkeit und redundante Fragen geprüft.

Zusätzlich wurden die Probanden aufgefordert, die Hörfähigkeit mittels eines Ton- und Sprachaudiometrie-Tests bei einem Akustiker untersuchen zu lassen und die Daten bei der Untersucherin einzureichen. Die Tonaudiometrie ist eine subjektive Hörprüfung, bei der der Proband einen Kopfhörer erhält. Vom Akustiker werden darüber Hörstimulationen mit einem Prüfton (Sinustöne) dargestellt. Es werden reine Töne in Oktav- oder Halboktavabständen von C bis C6 (von etwa 62 bis 8.000 Hz) präsentiert und bis zur Unbehaglichkeitsschwelle verstärkt [4,11]. Die Messungen werden in ein Diagramm nach der Verordnung DIN ISO 389 (Akustik –Standard-Bezugspegel für die Kalibrierung audiometrischer Geräte) übertragen [4].

Bei der Hörfelddarstellung wird eine begrenzte Darstellung genutzt, die einen zügigen Überblick über den vorhandenen Hörverlust gestattet (Abb. 1). Die y-Achse zeigt den Schalldruck in Dezibel (Skala von -10 bis 100) und die x-Achse die Frequenz in Hertz (Skala von 125 bis 8.000 Hz). Für jeden erkannten Prüfton wird für das rechte Ohr ein Kreissymbol und für das linke Ohr ein Kreuzsymbol sowie eine durchgezogene Linie für die Luftleitung (LL) eingetragen [4,11]. Eine andere grafische Darstellung wird bei der Knochenleitung verwendet, bei der die Signale über die Schädelknochen geleitet und auf dem Planum mastoideum (Warzenfortsatz) ermittelt werden [7]. In dieser Arbeit wird ausschließlich die Luftleitung beachtet, da beim Audiometrie-Test der Probanden ausschließlich die Luftleitungsmessung vorlag.

Als weiterer subjektiver Audiometrie-Test wurde die Sprachaudiometrie angewandt. Für die Überprüfung werden dem Probanden über Kopfhörer mehrsilbige Zahlen und einsilbige Wörter abgespielt (Freiburger Sprachtest) [5,7]. Die Lautstärke ist am Anfang geringer und wird langsam erhöht, wodurch die Zahlen- und Wörterverständlichkeit in Prozent ermittelt wird [5]. Normalhörige verstehen mehrsilbige Zahlen erst ab 18,5 dB zu 50%, dies wird im Audiogramm mit einem Kreuz (x) gekennzeichnet und die einsilbigen Wörter mit einem Kreis (o). Die 100%-Verständlichkeit (= Diskrimination) erfolgt erst bei 50 dB [7,10]. Aus einem Meter Abstand entspricht dies der durchschnittlichen Umgangssprache, die einen Sprachschallpegel von etwa 65 dB erfüllt [7].

Ergebnisse

Nach Durchsicht der von den Probanden eingereichten Untersuchungsunterlagen konnten bei 14 Personen die Fragebögen und Tonaudiogramm-Tests ausgewertet werden, wegen unvollständiger Dokumentation wurden die Sprachaudiometrie-Tests von nur 8 Probanden berücksichtigt.

Abb. 1: Tonaudiogramm. Küpper
Abb. 1: Tonaudiogramm.
Abb. 2: Verteilung der Probanden auf Altersgruppen. Küpper
Abb. 2: Verteilung der Probanden auf Altersgruppen.

Die Auswertung des Fragebogens zeigte die folgenden Ergebnisse. Die Verteilung der Altersstufe der 14 Probanden ergab im Bereich der Altersgruppe von 51 bis 60 Jahren die Mehrheit mit 7 Probandinnen. Im Bereich von 41 bis 50 Jahren waren 4 Probandinnen. Zur Altersstufe 31 bis 40 Jahre gehörten 2 Probandinnen und eine zum Bereich 21 bis 30 Jahre (Abb. 2).

Keine der Probandinnen war im zahnmedizinischen Bereich weniger als 9 Jahre oder zwischen 16 und 21 Jahren tätig. Gut ein Fünftel der Teilnehmerinnen war zwischen 10 und 15 Jahren bzw. 22 bis 27 Jahren in diesem Bereich tätig. Insgesamt 58% sind seit mehr als 28 Jahren im zahnmedizinischen Bereich beschäftigt (Abb. 3). Die Zahl der Arbeitsjahre im Bereich der Prophylaxe und der parodontalen Therapie ergab in der Sparte von 10 bis 15 Jahren den größten Anteil der Probandinnen mit 28,57% (Abb. 4). Die Arbeitszeiten lagen im Durchschnitt bei 26,84 Stunden pro Woche, davon wurde eine durchschnittliche Nutzungsdauer der maschinellen Geräte von 9,6 Stunden angegeben (Abb. 5).

Abb. 3: Anzahl der Arbeitsjahre der Probanden im zahnmedizinischen Bereich. Küpper
Abb. 3: Anzahl der Arbeitsjahre der Probanden im zahnmedizinischen Bereich.
Abb. 4: Arbeitsjahre im Bereich Prophylaxe und parodontale Therapie. Küpper
Abb. 4: Arbeitsjahre im Bereich Prophylaxe und parodontale Therapie.
Abb. 5: Wöchentliche Arbeitszeit der Probanden. Verteilung auf Gruppen. Küpper
Abb. 5: Wöchentliche Arbeitszeit der Probanden. Verteilung auf Gruppen.

Die Probandinnen verwenden unterschiedliche maschinelle Geräte. Piezoelektrische Geräte werden am häufigsten und von der Zeitdauer am längsten genutzt, gefolgt von Schallgeräten. Magnetostriktive Geräte werden seltener eingesetzt. Einen Hörtest in der Vergangenheit hatten 28,57% (4 Probanden) durchgeführt und 71,43% (10 Probanden) nicht. Bei den 4 Probanden ergab der Test das Ergebnis:

  • (1) unauffällig
  • (2) altersbedingte Veränderung
  • (3) 20% Hörverlust rechts und links
  • (4) ca. 40% Hörverlust, besonders bei hohen Tönen

Von den 4 Probanden hatten bereits 2 ein Hörsystem, und 1 Proband arbeitet mit einem maßangefertigten Gehörschutz. Beeinträchtigungen des Hörvermögens haben 21,43% (3 Probanden) bemerkt; 78,57% (11 Probanden) haben keine Beeinträchtigung bemerkt.

Tonaudiometrie: 13 von 14 Probanden zeigen erste Hinweise auf Hochtonschwerhörigkeit

Bei Auswertung des Tonaudiometrie-Tests wurde mit der Vier-Frequenz-Tabelle von Röser gearbeitet [13]. Die Berechnung erfolgte aus der Tabelle nach Feldmann [8]. Daraus ergab sich, dass 2 Probanden eine mittelgradige Schwerhörigkeit hatten und 12 Probanden normalhörig waren. Die Tabelle nach Röser ermittelt die Werte der Hörkurve bis 4.000 Hz. Für die Bestimmung der Werte über 4.000 Hz wurden die Tests manuell ausgewertet und tabellarisch aufgelistet. Von den 14 Probanden hatten 13 Probanden einen Hochtonabfall bei 4.000 Hz. Ein Abfallen der Töne bei den Frequenzen über 4.000 Hz wird als Hochtonschwerhörigkeit bezeichnet. Hier wäre als ergänzende Diagnostik der Einsatz einer Hochtonaudiometrie sinnvoll (Tab. 1).

Abb. 6: Sprachaudiometrie-Auswertung wurde bei 8 Probanden durchgeführt. Küpper
Abb. 6: Sprachaudiometrie-Auswertung wurde bei 8 Probanden durchgeführt.
Tab. 1: Ergebnisse der Tonaudiometrie. Küpper
Tab. 1: Ergebnisse der Tonaudiometrie.

Der Sprachaudiometrie-Test ergab bei den 8 Probanden (n = 8), dass eine Zahlenverständlichkeit von 80 bis 100% bei 65 dB bis 100 dB erreicht wurde (Abb. 6). Die Wörterverständlichkeit war bei 95% bis 100% im Bereich bei 65 dB bis 100 dB gegeben. Die Probanden 10 und 11 haben schlechtere Ergebnisse, da sie die 90%- und 100%-Zahlenverständlichkeit und die 100%-Wörterverständlichkeit erst bei 90 dB und 100 dB erreichten. Diese Probanden sind mit einem Hörsystem versorgt.

Diskussion

Mögliche Zusammenhänge zwischen beruflicher Schallexposition und Gehöreinschränkungen

Für diese Pilotstudie wurde ein Fragebogen erstellt, um Einzelheiten über die Tätigkeit im zahnmedizinischen Umfeld, besonders im Bereich der Prophylaxe und Parodontaltherapie, zu erfahren. Die Befragung wurde durch einen Ton- und Sprachaudiometrie-Test ergänzt. Auf dieser Grundlage sollte festgestellt werden, ob es Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der beruflichen Geräuschbelastung und eventuellen Gehörschäden gibt und ob das Tragen eines Gehörschutzes für das Gehör von Vorteil sein könnte. Nach den Einschluss- und Ausschlusskriterien waren die Ergebnisse der 14 Probanden bestimmbar. Da die Sprachaudiometrie-Tests nur von 8 Probanden vorgelegt wurden, konnte der Test nicht weiter interpretiert und für diese Arbeit verwendet werden.

In der vorliegenden Pilotstudie konnten die Ergebnisse aus der Befragung der Probanden mit denen der objektiven instrumentellen Tonaudiometrie in Beziehung gesetzt und damit zumindest Hinweise auf mögliche Zusammenhänge zwischen beruflicher Schallexposition und Gehöreinschränkungen gefunden werden. Der Tonaudiometrie-Test wurde nach der Vier-Frequenz-Tabelle von Röser [13] angewandt. Die Berechnung erfolgte aus der Tabelle nach Feldmann [8]. Daraus ergab sich, dass 2 Probanden eine mittelgradige Schwerhörigkeit hatten und 12 Probanden normalhörig waren. Es ist festzustellen, dass von 14 untersuchten Probanden 13 Probanden eine abfallende Hörkurve ab 4.000 Hz aufwiesen. Der Altersdurchschnitt der Probanden liegt bei 47 Jahren (Verteilung von 30 bis 60 Jahre), sodass der Einfluss einer beginnenden Altersschwerhörigkeit mit einkalkuliert werden muss.

Eine Relation zwischen der abfallenden Hörkurve und den Arbeitsjahren im zahnmedizinischen Bereich kann vermutet werden. Die Berechnung einer numerischen Korrelation unterblieb wegen der geringen Fallzahl. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit den Ergebnissen von Khaimook et al. (2014), die an 76 im zahnmedizinischen Bereich Beschäftigten eine signifikante Relation zwischen Hörverlusten und einer Beschäftigungsdauer von mehr als 15 Jahren und dem Alter von über 40 Jahren beobachteten [14]. In dieser Studie zeigten sich allerdings keine signifikanten Unterschiede zur Kontrollgruppe mit Probanden aus anderen Berufen. Ahmed et al. (2001) weisen darauf hin, dass zur Diagnostik für einen Hörverlust gerade bei jüngeren Gruppen die Hochtonaudiometrie zur Anwendung kommen sollte, um frühzeitig eine Lärmschwerhörigkeit erkennen zu können und einer Verschlechterung vorzubeugen [15].

Die Antworten in den Fragebögen offenbaren, dass die Arbeitszeiten der Probanden unterschiedlich eingeteilt sind und daher die Arbeitspausen der Tage alternierend lang oder kurz ausfallen. Dieroff beschreibt, dass einzelne Lärmbelastungen und Lärmpausen von Bedeutung sind. Je größer die Lärmpausen und je weniger Ermüdungserscheinungen auftreten, desto langsamer entsteht ein Lärmtrauma [4]. Bei den Probanden mit kürzeren Arbeitspausen ist zu beobachten, dass die Hörkurve über 4.000 Hz abfallend ist. Ob es sich dabei um eine temporäre Hörschwellenabsenkung handelt, könnte durch eine Kontrolle mittels erneuter Audiometrie geklärt werden. Es ist aber auch nicht auszuschließen, dass maschinelle Instrumente den Beginn einer Lärmschwerhörigkeit auslösen. Sie kann reversibel sein, solange beim akuten Lärmtrauma auf Lärmpausen unter 75 dB eingegangen wird. Dann besteht die Chance, dass sich der Hörverlust zurückbilden kann [16].

In verschiedenen Studien wurde die Intensität der Geräuschbelastung am zahnmedizinischen Arbeitsplatz gemessen und auf ihr Risikopotenzial für eine Hörschädigung hin betrachtet. In einer Zahnklinik wurden Geräuschpegel von 65 bis 68 dB an den Behandlungseinheiten gemessen, kurzfristige Spitzenwerte lagen bei 92 dB [17]. Kadanakuppe et al. (2011) bestätigten ebenfalls durch eine Messung an einer zahnärztlichen Lehreinrichtung die Werte von 79,4 bzw. 83,8 dB für Ultraschallgeräte mit oder ohne Absaugung, bei fabrikneuen Instrumenten lagen die Werte etwas niedriger bei 74,4 bzw. 76,1 dB [18]. Brusis et al. (2009) geben Schalldruckpegel von 76 bis maximal 96 dB beim Ultraschallscaling an und raten bei länger dauernder Anwendung zum Gebrauch eines Gehörschutzes [19]. Burk und Neitzel (2016) beschreiben in ihrer Studie, dass der Lärmpegel beim zahnmedizinischen Personal zwar Spitzenwerte von 103,5 dB erreichen kann. Leider ist aus den Studiendaten keine genaue Zuordnung zu einer bestimmten Behandlungstätigkeit möglich, sodass die Aussagekraft eingeschränkt ist. Insgesamt wurde in dieser Studie das Fazit gezogen, dass bei derartigen Schalldrücken für zahnmedizinisches Personal ein gewisses Risiko zu lärmbedingtem Hörverlust besteht [20]. In der Studie von Wilson et al. (2002) wurden zwei Gruppen von je 20 Dentalhygieniker/-innen untersucht, die entweder häufig oder selten mit Ultraschallscalern arbeiteten. Bei der audiometrischen Untersuchung zeigte sich lediglich für die Frequenz von 3.000 Hz ein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen, sodass hier ein Zusammenhang vermutet werden könnte [21].

Studiendesign: Konsequenzen für künftige Untersuchungen

Abgesehen von der niedrigen Fallzahl sind für diese Pilotstudie weitere Einschränkungen festzuhalten, die die Aussagekraft der Ergebnisse schmälern.

Die von den Probandinnen angegebene durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit zur maschinellen Instrumentation erscheint mit 9,6 Stunden bei 26,84 Stunden Gesamtarbeitszeit relativ hoch, wenn man von Schemata zur sogenannten Prophylaxestunde – wie beispielsweise dem von Bastendorf 2014 angegebenen – ausgeht [22], in dem nur ungefähr ein Viertel der Arbeitszeit für die Entfernung der mineralisierten Auflagerungen veranschlagt wird. Trotzdem ergibt das tägliche Anwenden der maschinellen Instrumente keine 8-stündige Arbeitslärmbelastung, sodass eventuelle Schäden eher auf temporäre Lärmspitzen zurückzuführen wären.

Mit der angewendeten Studienmethode kann nicht zwischen Gehörschädigungen aufgrund beruflicher Exposition und anderen Quellen differenziert werden. Nicht berufliche Lärmexpositionen sind im Fragebogen nicht berücksichtigt. Diese Möglichkeit sollte für zukünftige Forschungsarbeiten einbezogen werden. Über eine hohe Lärmbelastung durch Freizeitlärm berichten u.a. Zenner et al. (1999) bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Untersuchungen an Jugendlichen, die keiner beruflichen Lärmbelastung exponiert waren, zeigten nicht umkehrbare Innenohrschäden. Lautes Kinderspielzeug, Feuerwerkskörper und elektronische Geräte zur Musikwiedergabe wurden als erheblicher Grund angesehen [23]. Eine zusätzliche Belastung durch häufigeren Aufenthalt in Räumen mit erheblicher Schallbelastung wie etwa Diskotheken ist zu vermuten.

Zudem ist es nicht möglich, die beobachteten Gehörschädigungen allein durch die Belastung durch Schall- und Ultraschallgeräte zu erklären, da die meisten in der Prophylaxe als DH oder ZMP Tätigen zu Beginn ihres Berufslebens einige Zeit in der Stuhlassistenz verbringen und dort auch den Geräuschen rotierender Instrumente und der Absaugung ausgesetzt sind. Brusis et al. (2009) weisen aufgrund ihrer Messungen in mehreren zahnärztlichen Praxen auf die zusätzliche Belastung durch Absauganlagen, auch in Abhängigkeit von den verwendeten Absaugkanülen, hin [19]. Beim Einsatz von Ultraschallgeräten ist stets eine Wasserkühlung und daher auch die Absaugung erforderlich. Zur Reduktion der Aerosolbildung wird die Verwendung großer Kanülen in Kombination mit einer hochvolumigen Absaugung anstelle von Speichelziehern angeraten [24], was sich auf die Geräuschbelastung ungünstig auswirkt. Da sich aber im normalen Tagesablauf Tätigkeiten mit hoher Geräuschbelastung mit anderen abwechselten, liege der Tages-Lärmexpositionspegel unter dem für eine Gehörgefährdung entscheidenden Wert von 85 dB(A) [19].

Weitere ätiologische Aspekte, wie z.B. genetische Disposition, allgemeiner gesundheitlicher Zustand und Stress, sollten bei weiteren Untersuchungen im Vorfeld mit untersucht werden. Diese Faktoren können mitverantwortlich für die Degeneration der Haarzellen im Corti-Organ sein.

Lazar et al. (2015) empfehlen, bei Arbeiten mit maschinellen Instrumenten einen Gehörschutz zu tragen. Aus dieser Befragung von 372 Dentalhygienikern mit mindestens 20 Jahren Berufstätigkeit und einem Durchschnittsalter von 56 Jahren geht hervor, dass 40% der Befragten Gehörprobleme angaben und 17% diese auf den Gebrauch von maschinellen Scalern zurückführten. Die meisten der Untersuchten berichteten, das maschinelle Instrument pro Patient 5 bis 20 Minuten zu nutzen. Nur 5% der Befragten nutzten Ohrstöpsel, 57% planten die Anwendung der Ohrstöpsel für die Zukunft. Allerdings sagten 52% der Befragten aus, dass es Schwierigkeiten beim Einsetzen der Ohrstöpsel gab und dass die Verständigung und Zusammenarbeit mit dem Patienten dadurch erschwert war [25].

Fazit

Untersuchungen über einen Hörverlust im zahnmedizinischen Bereich gibt es schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Ein Anstieg des Hörverlustes erfolgte mit zunehmender Industrialisierung. Die eigenen Untersuchungen und die Daten aus der Literatur zeigen insgesamt ein uneinheitliches Bild: Einerseits berichten mehrere Untersuchungen über eine zumindest zeitweilig erhebliche Lärmbelastung beim Arbeiten im zahnmedizinischen Bereich allgemein und auch bei Verwendung von Schall- und Ultraschallinstrumenten in der Prophylaxe und nicht chirurgischen Parodontitistherapie. Die eigenen Ergebnisse weisen darauf hin, dass das Alter der Probandinnen, die Zahl der Arbeitsjahre im zahnmedizinischen Bereich und die wöchentlichen Arbeitszeiten von Einfluss auf das Entstehen einer Hochtonschwerhörigkeit sein könnten.

In anderen Studien wird der Zusammenhang zwischen der Tätigkeit im zahnmedizinischen Bereich und Hörverlusten relativiert. Besonders für den Bereich der Prophylaxe und Parodontologie ist die Datenlage vor allem aus aktuellen Untersuchungen mit den derzeit üblichen Geräten lückenhaft.

Zusammenfassend ist es erforderlich, weitere Untersuchungen zur Abklärung der pathogenetischen Zusammenhänge durchzuführen und praxistaugliche präventive Maßnahmen zur Vermeidung eines Gehörverlustes in die Behandlungsroutine zu integrieren.

Diese Publikation beruht in großen Teilen auf der Pilotstudie „Einfluss von maschineller Instrumentation in Prävention und Parodontitistherapie auf das Gehör von zahnmedizinischem Personal“, die Tanja Küpper als Thesis zur Erlangung des B.Sc. in Dentalhygiene und Präventionsmanagement an der praxisHochschule in Köln vorgelegt hat.

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