Parodontologie


Transilluminationsunterstützte Infiltrationsbehandlung entwicklungsbedingter Schmelzläsionen – ein modernes Therapiekonzept

Ausgangsbefund MIH-assoziierte Läsionen an 11 und 21.
Ausgangsbefund MIH-assoziierte Läsionen an 11 und 21.

Die Entstehung entwicklungsbedingter Schmelzläsionen wird auf präeruptive Strukturstörungen des Zahnschmelzes zurückgeführt. Diese lassen sich in quantitative und qualitative Defekte unterteilen, wobei die Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) der qualitativen Form zugeschrieben wird. Ihre Behandlung erfordert eine individualisierte Planung, wird aber insbesondere durch die hohe Varianz der Läsionstopografie erschwert. Bei der Transillumination-Aided Infiltration (TAI) handelt es sich um ein Verfahren, das mithilfe der „Durchleuchtung“ die Behandlungsplanung vereinfacht und die Vorhersagbarkeit des Behandlungsergebnisses verbessert. Nachfolgend wird das Therapiekonzept detailliert vorgestellt und das klinische Vorgehen anhand eines Patientenbeispiels beschrieben.

Unter dem Begriff entwicklungsbedingte Schmelzläsionen wird eine Vielzahl präeruptiv entstandener Strukturstörungen des Zahnschmelzes zusammengefasst. Diese weisen eine hohe Heterogenität bezügliche ihrer Topografie und strukturellen Beschaffenheit auf und lassen sich generell in quantitative und qualitative Defekte einteilen.

Quantitative Defekte (Hypoplasien) zeichnen sich durch partielles oder vollständiges Fehlen von Zahnschmelz aus und können leicht mit physiologischer Abnutzung, Erosion oder Frakturen verwechselt werden. Unter qualitativen Defekten werden hingegen abgegrenzte und diffuse Trübungen zusammengefasst, die durch Veränderungen im Mineralgehalt des Zahnschmelzes hervorgerufen werden.

Die Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) umfasst hierbei eine Form qualitativer Zahnschmelzdefekte, die mit einer mittleren globalen Prävalenz von ca. 14% und bis zu ca. 28% in Deutschland eine häufig auftretende Erscheinung im Praxisalltag darstellt [1]. In Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung variiert das Erscheinungsbild stark. Dadurch wird die differentialdiagnostische Abgrenzung zu Fluorosen, kariösen White-Spot-Läsionen, Hypoplasien oder Amelogenesis imperfecta oft erschwert.

Die MIH betrifft mindestens 1 bis alle 4 permanenten 1. Molaren (Abb. 1). Die permanenten Inzisiven können, müssen aber nicht betroffen sein. Im Gegensatz zu Fluorosen treten MIHassoziierte Läsionen lokalisiert und nicht generalisiert auf (Abb. 2).

  • Abb. 1: Typisches klinisches Erscheinungsbild eines Molaren mit MIH (Foto: Prof.
Dr. Katrin Bekes, Universität Wien).
  • Abb. 2: Klinisches Erscheinungsbild einer MIH an 11 und 21.
  • Abb. 1: Typisches klinisches Erscheinungsbild eines Molaren mit MIH (Foto: Prof. Dr. Katrin Bekes, Universität Wien).
    © Die Autoren
  • Abb. 2: Klinisches Erscheinungsbild einer MIH an 11 und 21.
    © Die Autoren

Atypische Restaurationen oder frühe Extraktionen können Hinweise auf das Vorhandensein einer MIH geben. Klinisch stellen sich Zähne mit MIH durch abgegrenzte, opake Läsionen im Schmelz dar, die cremig, weißlich bis bräunlich gefärbt sind. Die Ausdehnung dieser Läsionen erreicht in seltenen Fällen das zervikale Drittel der Zahnkrone [2,3].

In schweren Fällen ist die Hypomineralisation so ausgeprägt, dass die Zähne von posteruptivem Schmelzverlust betroffen sind, also Schmelzeinbrüchen oder -abplatzungen kurz nach dem Durchbruch der Zähne. Vor allem in diesen Fällen klagen die Patienten/-innen über spontane oder durch bestimmte Reize ausgelöste Hypersensibilitäten [3]. Von MIH betroffene Zähne weisen oft einen verminderten Mineralgehalt und einen erhöhten Proteingehalt in den betroffenen Schmelzbereichen auf; der Schmelz ist poröser und zeigt veränderte mechanische Eigenschaften (z.B. verminderte Mikrohärte) im Vergleich zu gesundem Schmelz [5–8].

Ätiologie der MIH

Nach dem bisherigen Kenntnisstand gibt es wahrscheinlich keinen einzelnen auslösenden Faktor, der zur Entstehung von MIH führt. Vielmehr scheint das Zusammenwirken verschiedener schädlicher Agenzien und/oder Bedingungen das Risiko für MIH zu fördern [4].

Genetischen und epigenetischen Einflüssen werden in der aktuellen Literatur eine zunehmend wichtigere Rolle im multifaktoriellen Erklärungsmodell der MIH zugeschrieben [5,6]. Als möglicherweise auslösende Faktoren in der perinatalen Phase, die einzeln und in Kombination MIH verursachen könnten, werden Hypoxie, Frühgeburtlichkeit, geringes Geburtsgewicht, Komplikationen bei der Geburt und Kaiserschnitte genannt.

Zwischen einer einzelnen spezifischen Erkrankung im letzten Trimester der Schwangerschaft und dem Auftreten von MIH konnte jedoch bisher kein Zusammenhang hergestellt werden. Für postnatal auftretende Einflüsse werden Zusammenhänge zwischen bestimmten systemischen Faktoren, z.B. Einnahme von Antibiotika und Erkrankungen des Kindes, beschrieben [7].

Therapeutische Ansätze

Die hohe Variabilität des klinischen Erscheinungsbildes der MIH im Frontzahnbereich erfordert eine individualisierte Behandlungsplanung. Hierbei spielen das Alter der Patienten/-innen, anamnestische Faktoren, die Fähigkeit bei der Behandlung zu kooperieren und der Zugang zu spezialisierten Behandlern/-innen eine große Rolle [8]. Das Vorhandensein der Läsionen kann einen großen Einfluss auf das Selbstbewusstsein, die psychische Gesundheit und die mundgesundheitsbezogene Lebensqualität haben.

Es wird berichtet, dass Kinder mit auffälligen Läsionen häufig Opfer von Anfeindungen, Schikanen und Diskriminierungen sind [9–12]. Zahnbezogen müssen Faktoren wie Farbe, Größe und Tiefe der Opazität, das Vorhandensein von Hypersensibilitäten und die Struktur der betroffenen Schmelzoberfläche in die Planung einbezogen werden. Die Behandlung dieser Läsionen kann die allgemeine Gesundheit und die mundgesundheitsbezogene Lebensqualität positiv beeinflussen [13].

Generell sind bei der Behandlung dieser Läsionen folgende Maßnahmen angezeigt: eine konsequente Trockenlegung (z.B. durch die Anwendung von Kofferdam), die fotografische Dokumentation des Ausgangsbefundes und des Behandlungsresultates, die Aufklärung der Patienten/-innen bzw. deren Eltern über die eingeschränkte Vorhersage des zu erwartenden Behandlungserfolges und die Limitationen der Behandlungsansätze [8]. Aufgrund der bis dato eingeschränkten Evidenzlage ist die Empfehlung einzelner Behandlungsverfahren nur begrenzt möglich und in vielen Fällen ist die Kombination verschiedener therapeutischer Optionen angezeigt.

Prinzipiell steht zur Behandlung von MIH-Läsionen ein umfangreiches Portfolio an nicht invasiven sowie mikro- und minimalinvasiven Maßnahmen zur Verfügung, wie beispielsweise Mikroabrasion, Bleaching (z.B. im Rahmen der Etch-Bleach-Seal-Technik) oder Kompositrestaurationen. In den letzten Jahren wurde zudem vermehrt die hier vorgestellte Kunststoffinfiltration erfolgreich angewendet [8].

Kunststoffinfiltration

Die Kunststoffinfiltration von Läsionen im Frontzahnbereich unter Verwendung von Icon (DMG, Deutschland) ist ein mikroinvasiver Therapieansatz zur Verbesserung der Ästhetik [14–17]. Der Infiltrant wurde zur Behandlung von kariös bedingten White Spots (z.B. postorthodontischen White Spots) entwickelt und findet zudem Anwendung bei Fluorose sowie idiopathisch und traumatisch bedingten White Spots.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt stellt die MIH keine Indikation von Icon dar, jedoch belegen vermehrt Studien (Off-Label Use) eine erfolgreiche Anwendung im Frontzahnbereich. Vor allem Fortschritte in der Diagnostik und personalisierte Behandlungsprotokolle haben hierzu beigetragen [15,18].

Die Infiltrationsbehandlung basiert auf 3 wesentlichen Bestandteilen: der Entfernung bzw. Konditionierung der Oberflächenschicht, der Trocknung des freigelegten porösen Schmelzes und der Infiltration des vorhandenen Porenvolumens mit einem niedrigviskosen Kunststoffinfiltranten (Icon Infiltrant; DMG). Dieser penetriert zeitabhängig in die feinen Kapillaren der Läsion und wird im Anschluss lichtaktiviert polymerisiert.

Der Brechungsindex des Infiltranten ist dem des gesunden Schmelzes sehr ähnlich. Durch das Ausfüllen der in der Läsion befindlichen Porosität mit dem Infiltranten wird das optische Erscheinungsbild an die lichtoptischen Eigenschaften des umgebenden gesunden Schmelzes angepasst. Die Läsion verliert dadurch ihr opakes Erscheinungsbild.

Trotz vieler Erfolge ist das ästhetische Ergebnis der Infiltrationsbehandlung bei MIH-assoziierten Schmelzopazitäten nur bedingt vorhersagbar [19]. Als mögliche Ursache wird der erhöhte Proteingehalt der Läsion diskutiert, welcher die Penetration des Infiltranten behindert. Zudem wird die Behandlungsplanung durch die hohe Varianz der Topografie (Tiefe, Ausdehnung und Lage) der Läsionen im Schmelz erschwert.

Die Läsionen sind oft weit ausgedehnt und können von der Schmelzoberfläche bis hin zur Schmelz-Dentin-Grenze reichen. Vor diesem Hintergrund muss das klinische Vorgehen bei der Infiltration von MIH-Läsionen an die Topografie der jeweiligen Läsion angepasst werden [15].

Transillumination Aided Infiltration (TAI) von Defekten im Frontzahnbereich

Bei dem im Jahr 2020 von Marouane et al. entwickeltem Konzept der Transillumination Aided Infiltration handelt sich um ein auf Transillumination (Durchleuchtung) basierendes Protokoll zur Unterstützung der Kunststoffinfiltration, das die Behandlungsplanung vereinfacht und die Vorhersagbarkeit des Behandlungsergebnisses erhöht [15]. Zunächst wird vor Behandlungsbeginn die Läsionstopografie mithilfe der Transillumination beurteilt, um einen optimalen Ansatz zur Entfernung der Läsionsoberfläche zu wählen.

Damit wird sichergestellt, dass der Läsionskörper für die Infiltration zugänglich gemacht wird. Neben der initialen Beurteilung der Läsion werden der Erfolg der Oberflächenentfernung und der Fortschritt des Infiltrationsprozesses mithilfe der Transillumination kontrolliert, um ein optimales Behandlungsergebnis zu gewährleisten.

  • Abb. 3: Transilluminationsbefund Typ 1. Abb. 3–5: Klinische Fälle von Dr. Omar Marouane
(Oralys Zahnklinik, Tunis, Tunesien).

  • Abb. 3: Transilluminationsbefund Typ 1. Abb. 3–5: Klinische Fälle von Dr. Omar Marouane (Oralys Zahnklinik, Tunis, Tunesien).
    © Die Autoren
Im Zuge der Transillumination wird eine geeignete Lichtquelle palatinal positioniert und die lichtoptischen Eigenschaften der durchleuchteten Zähne von vestibulär bewertet [20]. Prinzipiell lassen sich hierdurch je nach Läsionskonfiguration und -lage homogen opake (Typ 1, Abb. 3), inhomogen opake (Typ 2, Abb. 4) und gemischte Läsionen (Typ 3, Abb. 5) unterscheiden [18,21].
  • Abb. 4: Transilluminationsbefund Typ 2.
  • Abb. 5: Transilluminationsbefund Typ 3.
  • Abb. 4: Transilluminationsbefund Typ 2.
    © Die Autoren
  • Abb. 5: Transilluminationsbefund Typ 3.
    © Die Autoren

Bei Typ 1 Läsionen handelt es sich um isolierte Opazitäten mit einer homogenen Opazität des Läsionskörpers, die bei der Durchleuchtung homogen transluzent erscheinen. Diese Läsionen zeichnen sich durch eine dünne Oberflächenschicht aus und deren Entfernung kann durch einfache Erosion mit 15% Salzsäure (Icon Etch; DMG) für 2 Minuten erfolgen. Dieser Behandlungsschritt kann bis zu 3-mal wiederholt werden.

Typ 2 Läsionen hingegen weisen eine inhomogene Opazität des Läsionskörpers auf mit Ausdehnung in Läsionsanteile, die deutlich weniger opak erscheinen als der eigentliche Defekt. Diese Läsionen liegen typischerweise tiefer im Zahnschmelz, und eine umfangreichere Entfernung der Oberflächenschicht ist notwendig, um den Läsionskörper zugänglich zu machen. Um die notwendige Anzahl der Ätzschritte zu reduzieren, ist bei diesen Läsionen daher im 1. Schritt eine mechanische Entfernung der Läsionsoberfläche zu empfehlen, z.B. mit rotierenden Instrumenten, Polierscheiben oder manuell mit einem Skalpell.

Nachfolgend erfolgt wie bei Typ 1 Läsionen eine einfache Erosion mit 15% Salzsäure (Icon Etch; DMG) für 2 Minuten. Im Falle einer gemischten Läsion (Typ 3) handelt es sich um mehrere, voneinander abgegrenzte, sekundäre Läsionen, welche eine Hauptläsion des Typs 1 oder 2 umgeben. Opake Läsionsanteile können mit Mikroabrasion (Opalustre, Enamel Micro-Abrasion Slurry; Ultradent, USA) für ca. 20 Sekunden behandelt werden.

Nach der Oberflächenentfernung wird der nun zugängliche Läsionskörper mit einer 99%igen Ethanollösung (Icon Dry; DMG) infiltriert, um ihn bis in die Tiefe durch die Verflüchtigung der Ethanollösung zu trocknen. Bei einer erfolgreichen Infiltration mit der Ethanollösung wird das Porenvolumen der Läsion gefüllt, womit es zu einer temporären Maskierung kommt, die auf eine gute Zugänglichkeit des Läsionskörpers schließen lässt. Durch die Trocknung der Läsion wird eine möglichst effektive Infiltration des im Anschluss applizierten niedrigviskosen Kunststoffs (Icon Infiltrant; DMG) ermöglicht.

Dabei ist zu beachten, dass vor allem bei den schwer zugänglichen MIH-Läsionen des Typs 2 eine prolongierte Infiltrationszeit zu empfehlen ist, die über die Empfehlungen des Herstellers von 3 Minuten hinausgeht, welche in der Regel für Typ 1 Läsionen ausreichend ist. Die Infiltrationszeiten für Typ 2 Läsionen betragen oft 10 Minuten oder länger [18]. Während des Infiltrationsprozesses kann der Fortschritt mittels Transillumination überwacht werden.

Jedoch ist darauf zu achten, dass Lichteinflüsse, die den Infiltranten aushärten könnten, vermieden werden. Nach erfolgreicher Infiltration und Überschussentfernung wird der Infiltrant für mindestens 40 Sekunden lichtgehärtet. Es erfolgt ein 2. Infiltrationsschritt für 1 Minute mit anschließender Lichtaktivierung.

Klinisches Vorgehen

  • Abb. 6: Ausgangsbefund MIH-assoziierte Läsionen an 11 und 21.

  • Abb. 6: Ausgangsbefund MIH-assoziierte Läsionen an 11 und 21.
    © Die Autoren
Ein 12-jähriger Patient stellte sich mit der Bitte um Verbesserung der Ästhetik an den Zähnen 11 und 21 im Rahmen einer klinischen Studie in der Oralys Zahnklinik (Tunis, Tunesien) vor [18]. Der junge Patient fühlte sich durch die Läsionen gestört und gab an, dass das Erscheinungsbild seiner Zähne ihn daran hindert, ungehemmt zu lachen und sein Selbstbewusstsein beeinträchtigt. Bei der klinischen Befundung wurde die Diagnose MIH-assoziierte Läsionen an den Zähnen 11 und 21 gestellt (Abb. 6).

MIH-typische Läsionen wurden ebenfalls an den Zähnen 36 und 16 festgestellt, womit die Diagnose gestützt wurde. Als Therapieplan wurden 1. Bleaching aus ästhetischen Gründen und 2. eine nachfolgende Infiltrationsbehandlung der Läsionen an den Zähnen 11 und 21 mit Icon sowie Schneidekantenaufbau an 11 distal gewählt. Der Patient und seine Eltern wurden über den Ablauf der Behandlung, mögliche Risiken und die Erfolgsaussichten des Bleachings und der Infiltration dieser Art von Läsionen aufgeklärt.

  • Abb. 7: Befund nach Bleaching an 11 und 21.

  • Abb. 7: Befund nach Bleaching an 11 und 21.
    © Die Autoren
Bleaching wurde als adjuvante Behandlung gewählt, um die Färbung des umgebenden gesunden Zahnschmelzes (dunkler als Läsionen) den MIH-Läsionen (weißlich) anzunähern, womit das Behandlungsergebnis, speziell in der Kombination mit der Kunststoffinfiltration, sehr günstig beeinflusst wird [22]. Es wurde ein individuelles Bleaching Tray angefertigt, und der Patient wurde instruiert, die Zähne 11 und 21 für insgesamt 21 Nächte selektiv zu bleichen (Abb. 7). Hierzu wurde ein niedrigkonzentriertes, 10%iges Carbamidperoxid-haltiges Bleaching-Gel verwendet (Polanight; SDI, Australien).

Um eine Wechselwirkung mit dem Infiltranten auszuschließen, wurde die Kunststoffinfiltration erst 14 Tage nach Beendigung der Bleaching-Phase durchgeführt. Zunächst wurden die Zähne mit fluoridfreier Polierpaste (Cleanic Prophy Paste Fluoridfrei; Kerr, Schweiz) gereinigt und nachfolgend klinische Fotos in reflektierendem (YN-24EX TTL Macro Twin Lite Flash; Yongnuo, China) und transmittierendem (Oslux S2.1; Osram, Deutschland) Licht mit einer Spiegelreflexkamera erstellt (EOS 550D; Canon, Japan). Hierfür kam ein digitales Makroobjektiv (EF-S 60 mm F/2.8 Macro USM; Canon, Japan) mit einer naturgetreuen Vergrößerung von 1:1 zum Einsatz.

Für Aufnahmen mit reflektierendem Licht wurden die folgenden Einstellungen gewählt: ISO 100, Blende F16, Belichtungszeit 1/125s, Blitz mit automatischem Weißabgleich. Diese Einstellungen wurden für die Aufnahmen in transmittierendem Licht folgendermaßen angepasst: ISO 800, Blende F22, Belichtungszeit 1/125 und kein Blitz. Für diese Aufnahmen erfolgte die Durchleuchtung senkrecht von palatinal.

Der Transilluminationsbefund zeigte lichtdichte Strukturen im Bereich der Läsion an Zahn 11, die sich als inhomogen opak darstellten und so dem Läsionstyp 2 entsprachen. Hingegen zeigten sich am Zahn 21 in mesialen Anteilen lichtdurchlässigere, homogen opake Areale (Läsion Typ 1), als auch eine Kombination von lichtdurchlässigeren und lichtdichteren Strukturen in den distalen Läsionsanteilen (Läsion Typ 3) (Abb. 8). Nach der Isolation des Arbeitsgebietes mit einem Kofferdam wurde zunächst die Oberflächenschicht an Zahn 11 mit einer abrasiven Polierscheibe partiell entfernt, wogegen die gemischte Läsion an Zahn 21 nicht vorbehandelt wurde (Abb. 9).

  • Abb. 8: Transilluminationsbefunde an 11 (Typ 2) und 21 (Typ 3).
  • Abb. 9: Mechanische Oberflächenentfernung an 11.
  • Abb. 8: Transilluminationsbefunde an 11 (Typ 2) und 21 (Typ 3).
    © Die Autoren
  • Abb. 9: Mechanische Oberflächenentfernung an 11.
    © Die Autoren

Um die verbliebene Oberflächenschicht auf beiden Zähnen zu entfernen, wurde im Anschluss Icon Etch verwendet (Abb. 10). Das Ätzgel wurde für jeweils 2 Minuten pro Zyklus auf der Oberfläche belassen. Insgesamt wurden 2 Ätzzyklen durchgeführt.

  • Abb. 10: Oberflächenentfernung mit Icon Etch.
  • Abb. 11: Kreidig-weiße Oberfläche nach Abschluss der Oberflächenentfernung.
  • Abb. 10: Oberflächenentfernung mit Icon Etch.
    © Die Autoren
  • Abb. 11: Kreidig-weiße Oberfläche nach Abschluss der Oberflächenentfernung.
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Anschließend wurden die Läsionen von den Ätzgelresten befreit, gründlich mit Wasser gespült und mit Luft getrocknet. Dabei stellte sich die Oberfläche kreideweiß und matt dar (Abb. 11). Vor Beginn der Infiltration wurden beide Läsionen mit Icon Dry behandelt, um diese bis in die Tiefe zu trocknen und die Zugänglichkeit des Läsionskörpers abzuschätzen.

Nach erfolgreicher Sichtkontrolle wurden die Läsionen mit Luft getrocknet und anschließend mit Icon Infiltrant für 10 Minuten infiltriert, wobei auf ausreichenden Schutz vor Umgebungslicht geachtet und über diesen Zeitraum mehrfach Infiltrant nachgegeben wurde. Wie dargelegt, empfiehlt es sich bei tiefen Läsionen (Typ 2), die Infiltrationszeit auf über die durch den Hersteller empfohlenen 3 Minuten hinaus zu verlängern. Nach Abschluss der Infiltration wurde der Überschuss entfernt und der Infiltrant für 40 Sekunden lichtaktiviert, gefolgt von einem 2. Infiltrationsschritt für 1 Minute mit erneuter Lichtaktivierung.

  • Abb. 12: Klinisches Bild nach Infiltration der Läsionen.

  • Abb. 12: Klinisches Bild nach Infiltration der Läsionen.
    © Die Autoren
Die im Anschluss durchgeführte klinische Betrachtung und Transillumination zeigte die deutliche Verbesserung der lichtoptischen Eigenschaften der infiltrierten Läsionen, die auf eine nahezu vollständige Infiltration der betroffenen Areale schließen lässt (Abb. 12 und 13). Um das ästhetische Erscheinungsbild zu harmonisieren, wurde der Defekt im Bereich der distalen Schneidekante an 11 mit Komposit (Herculite; Kerr Corporation, USA) aufgebaut und poliert (OptiDisc; Kerr Corporation, USA). Das Endresultat zeigte eine deutliche Verbesserung der ästhetischen Erscheinung der behandelten Zähne, und auch der junge Patient war mit dem Ergebnis sehr zufrieden (Abb. 14).
  • Abb. 13: Transilluminationsbefund nach erfolgter Infiltration.
  • Abb. 14: Abschlussbefund nach Infiltration und Kompositrestauration.
  • Abb. 13: Transilluminationsbefund nach erfolgter Infiltration.
    © Die Autoren
  • Abb. 14: Abschlussbefund nach Infiltration und Kompositrestauration.
    © Die Autoren

Fazit

Das hier diskutierte Transilllumination Aided Infiltration Konzept stellt im Vergleich zu restaurativen Versorgungen (z.B. direkte Komposit Restauration oder indirekte keramische Veneers) ein äußerst subtanzschonendes Verfahren dar. Aufgrund der schwierigen Abschätzung des Behandlungserfolges und hohen Heterogenität der Läsionstopografie (Ausdehnung, Tiefe und Lage) von MIH-Läsionen ist das einzige kommerziell zu erhalten Infiltrationsprodukt (Icon; DMG) zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht für die Behandlung der MIH angezeigt. Bei der Aufklärung von Patienten ist auf diesen Umstand hinzuweisen.

Mehrere klinische Studien belegen jedoch bereits die Wirksamkeit dieses Vorgehens. Der hier vorgestellte neue diagnostische Ansatz der Verwendun der Transillumination ermöglicht eine verbesserte Behandlungsplanung und damit zuverlässige Vorhersage des ästhetischen Behandlungserfolges. Des Weiteren lässt sich das TAI-Konzept gut mit anderen Ansätzen wie Bleaching oder Mikro-Abrasion verbinden um die betroffenen Schmelzareale optisch dem umgebenden, gesunden Schmelz anzupassen.


Autoren
  • Dr. Susanne Effenberger1,2
  • Dr. Omar Marouane3
  • Prof. Dr. Falk Schwendicke2
  • Dr. Basel Kharbot4
  1. Klinische Forschung, DMG Dental-Material Gesellschaft mbH, Deutschland
  2. Abteilung für Orale Diagnostik, Digitale Zahnmedizin und Versorgungsforschung, Charité –Universitätsmedizin Berlin, Deutschland
  3. Spezialist für Ästhetische Zahnheilkunde und Endodontologie, Oralys Zahnklinik, Tunesien
  4. Abteilung für Zahnerhaltung, Präventiv- und Kinderzahnmedizin, Charité –Universitätsmedizin Berlin, Deutschland
Näheres zum Autor des Fachbeitrages: Dr. Susanne Effenberger