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Parodontologie

Parodontitis-Behandlung mit der Guided Biofilm Therapy

Die Parodontitis-Richtlinie bewertet die Therapie der häufigen Erkrankung wirtschaftlich erheblich besser als in der Vergangenheit. Die neuen Vorgaben lassen sich am besten mit einem systematischen klinischen Konzept integrieren – bei GKV- sowie bei Privatpatienten.

Die Guided Biofilm Therapy ist ein evidenzbasiertes, systematisches und risikoorientiertes Protokoll für die oralmedizinische Prävention und Therapie. Koch
Die Guided Biofilm Therapy ist ein evidenzbasiertes, systematisches und risikoorientiertes Protokoll für die oralmedizinische Prävention und Therapie.
Die Guided Biofilm Therapy ist ein evidenzbasiertes, systematisches und risikoorientiertes Protokoll für die oralmedizinische Prävention und Therapie.

Die überarbeitete Klassifikation und die Therapie-Leitlinie für die Stadien I–III haben das Teilgebiet Parodontitis in den letzten Jahren grundlegend neu geordnet [1–3]. Darauf aufbauend trat in Deutschland am 1. Juli 2021 die Parodontitis-Richtlinie in Kraft, mit umfassender Neugestaltung und -bewertung der diagnostischen und therapeutischen Positionen [4–5].

Diese eröffnen erfreuliche Möglichkeiten, die eigene Praxis parodontologisch neu aufzustellen oder bestehende Routinen zukunftsfest zu machen. Mit dem klinischen Konzept der Guided Biofilm Therapy (GBT) gelingt dies zum Nutzen der Praxisökonomie – auch angesichts neuer Sparpläne aus dem Gesundheitsministerium.

Behandlungsverlauf sinnvoll anpassen

Patienten werden laut Richtlinie vor Therapiebeginn nach Schweregrad und Progressionsrisiko (Staging und Grading) eingeordnet. Diese Diagnose bestimmt nach Behandlungsgenehmigung, in welchen Abständen die unterstützende Parodontitistherapie (UPT) durchgeführt werden muss. In Bezug auf Anamnese, orientierendes Screening (PSI), Diagnose und darauffolgendes Biofilm-Management (initial und Recall) folgt dabei die PAR-Richtlinie weitgehend den anerkannten wissenschaftlichen Empfehlungen.

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Dies gilt jedoch nicht für die Herstellung der Mundhygienefähigkeit sowie das Aufklärungs- und Therapiegespräch (ATG). Die beiden sehr zentralen Maßnahmen dürfen erst nach Genehmigung des Behandlungsantrags erfolgen.

Wer dies für nicht fachgerecht hält, kann Patienten bereits vor Therapiebeginn ausführlich über Erkrankungsursachen, Therapiemöglichkeiten und Prognosen sowie zu erwartende private Zusatzkosten aufklären [6,7]. Wird der Patient nach PAR-Richtlinie behandelt, darf dieses initiale Beratungsgespräch nicht privat berechnet werden. Das ATG nach Bema ist ähnlich honoriert wie die GOZ-Nr. 0940a, sodass bei Genehmigung durch die GKV kaum Honorar verloren geht.

Abb. 1: Die Guided Biofilm Therapy ist ein evidenzbasiertes, systematisches und risikoorientiertes Protokoll für die oralmedizinische Prävention und Therapie. Koch
Abb. 1: Die Guided Biofilm Therapy ist ein evidenzbasiertes, systematisches und risikoorientiertes Protokoll für die oralmedizinische Prävention und Therapie.

Die Bundeszahnärztekammer hat zudem bestätigt, dass einzelne Leistungen bei Beachtung der PAR-Richtlinie außerhalb der gesetzlichen Behandlungsstrecke analog nach § 6 GOZ abrechenbar sind (Info-Box 1), (Tab. 1) [8]. Beispiele sind zusätzliche Prophylaxe-(GBT-)Sitzungen ohne subgingivale Instrumentierung in der Erhaltungsphase (UPT) oder die Behandlung von Mukositis und Periimplantitis (Abb. 1). Umgekehrt können Privatpatienten aufgrund der zum Teil höheren Bewertung von den neuen Bema-Positionen profitieren (Info-Box 2).

GKV-Patienten und GOZ
Bei gesetzlich versicherten Patienten müssen zusätzlich berechnete GOZ-Leistungen klar von den Bema-Leistungen der PAR-Richtlinie abgegrenzt werden. So ist es unzulässig, beim Biofilm-Management im Rahmen der UPT die private Position 1040 abzurechnen. Vielmehr muss die Maßnahme für alle Zähne mit den Bema-Positionen UPTc (bis 4 mm, ohne Sondierungsblutung), UPTe und UPTf (je ab 4 mm, mit Sondierungsblutung, oder ab 5 mm) berechnet werden.

Info-Box 1

Leistung Therapiestufe laut S3-Leitlinie Bema GOZ
Erstuntersuchung, u.a. mit komplettem PAR-Status und Erhebung systemischer Risikofaktoren (GBT-Schritt 1) 1 fehlt entfällt (siehe Bema 4, PAR-Status nach GKV)
1. Aufklärungs- und Therapiegespräch 1 laut Richtlinie erst nach Genehmigung § 6 GOZ, Abs. 1, analog
Herstellung der Mundhygienefähigkeit:
a. Beseitigung von Restaurationsüberhängen
b. GBT (AIR-FLOWING® bis 4 mm subgingival, GBT-Schritt 4)
1 a.
Nr. 106 (sK)
b.
z.B. Nr. 1040, je Zahn
1. Reevaluation, mit vollständigem PAR-Status/ Einteilung des UPT-Intervalls nach Progressionsgrad (A-10 Monate, B-5 Monate, C-3 Monate) 1 fehlt entfällt (siehe Bema 4, PAR-Status nach GKV)
PAR-Status nach GKV, Feststellung der Behandlungsbedürftigkeit, Antragstellung 1 4 (Teil 2) entfällt
2. Aufklärungs- und Therapiegespräch, in einer Sitzung mit Mundhygiene-Unterweisung (GBT-Schritte 2–3) 2 ATG + MHU § 6 GOZ, Abs. 1, analog
supra- und subgingivale Instrumentierung bis Taschenfundus (bis 9 mm Taschentiefe mit AIRFLOW®, PERIOFLOW® und PIEZON® PS, GBT-Schritte 4–6) 2 AITa+b § 6 GOZ, Abs. 1, analog
2. Reevaluation, bei Bedarf chirurgische Maßnahmen 3 BEV § 6 GOZ, Abs. 1, analog
unterstützende Parodontitis-Therapie: Mundhygiene-Kontrolle und Unterweisung (GBT-Schritte 7–8) 4 UPTa+b § 6 GOZ, Abs. 1, analog
unterstützende Parodontitis-Therapie: supra- und subgingivales Biofilm-Management 4 UPTc,e,f § 6 GOZ, Abs. 1, analog

Tab. 1: Beispielhafter Behandlungsablauf einer mit ausgewählten Leistungen und zugeordneten Abrechnungsmöglichkeiten nach Bema und GOZ. Weitere Empfehlungen können bei der Swiss Dental Academy angefordert werden (https://gbt-dental.com/PNC0422-SDA).

Privatpatienten und moderne PAR-Therapie
Eine Reihe parodontologischer Leistungen ist in der veralteten GOZ seit langem nicht mehr abgebildet und muss analog nach § 6, Absatz 1, berechnet werden. Die Bundeszahnärztekammer empfiehlt, sich dafür an den aktuellen Bema-Positionen zu orientieren (8). Ist eine GOZ-Position schlechter bewertet als die Bema-Position (z.B. UPTc, e und f), sollte sie ebenfalls analog berechnet werden. Da private Kassen möglicherweise widersprechen, ist dies entsprechend zu begründen (z.B. BverfG Az.: 1 BvR 1437/02 vom 25.10.2004).

Info-Box 2

GBT als Basis für gesamte Behandlung

Abb. 2: Zusätzliche UPT-Sitzungen dürfen im Rahmen einer Behandlung nach der neuen Parodontitis-Richtlinie nicht nach GOZ berechnet werden. Die hier gelisteten
Positionen gelten für GBT-Sitzungen ohne subgingivale Instrumentierung oder für periimplantäres Biofilm-Management. Koch
Abb. 2: Zusätzliche UPT-Sitzungen dürfen im Rahmen einer Behandlung nach der neuen Parodontitis-Richtlinie nicht nach GOZ berechnet werden. Die hier gelisteten
Positionen gelten für GBT-Sitzungen ohne subgingivale Instrumentierung oder für periimplantäres Biofilm-Management.

Bei Patienten mit Restaurationsüberhängen und massivem Zahnstein besteht die Möglichkeit, als Teil der Therapiestufe 1 der S3-Leitlinie zu den Parodontitis-Stadien I–III zunächst die Mundhygienefähigkeit herzustellen. Dies geschieht vor der Ermittlung des Parodontalstatus und damit vor dem detaillierten Befund und der daraus abgeleiteten Diagnose [1]. Entsprechend erfolgt – noch außerhalb der PAR-Leistungsstrecke – zunächst eine effektive und schonende Reinigung nach der Guided Biofilm Therapy (GBT) (Abb. 2).

Diese kann wie eine präventive PZR nach GOZ abgerechnet werden (Nr. 1040, 1060 etc.). Selbstverständlich ist dieses Vorgehen dem Patienten detailliert zu erläutern. Der Patient hat hierdurch unter anderem den Vorteil, dass nach der Initialbehandlung weniger Parodontien verbleiben, die eine subgingivale Belagentfernung erfordern [6,9–11].

Abb. 3: Mit einem modernen Tischgerät (AIRFLOW® PROPHYLAXIS MASTER,
EMS) und zugehörigem Handstück (AIRFLOW® MAX) ist das Biofilm-Management
nach einer aktuellen Studie bis zu fünfmal sparsamer als mit Vergleichsprodukten
(26). Koch
Abb. 3: Mit einem modernen Tischgerät (AIRFLOW® PROPHYLAXIS MASTER,
EMS) und zugehörigem Handstück (AIRFLOW® MAX) ist das Biofilm-Management
nach einer aktuellen Studie bis zu fünfmal sparsamer als mit Vergleichsprodukten
(26).

Wenn die Praxis andere klinische Präferenzen hat oder Patienten nicht bereit sind, diese zusätzliche Prophylaxe-Sitzung zu bezahlen, kann selbstverständlich auch der in der PAR-Behandlungsstrecke vorgesehene Behandlungsablauf erfolgen. Die GBT ist ein evidenzbasiertes, systematisches, modular aufgebautes und risikoorientiertes Prophylaxe- und Therapiekonzept [12]. Es umfasst nach dem obligatorischen Anfärben der Zähne im ersten Schritt die Biofilm-Entfernung mit AIRFLOW® und PLUS Pulver (supragingival und bis 4 mm subgingival) (Abb. 3).

Abb. 4: Mit einem weiterentwickelten, schlankeren und flexiblen Aufsatz
(PERIOFLOW® Nozzle) für das PERIOFLOW® Handstück lässt sich der Biofilm in
Taschen über 4 mm schonend und effektiv entfernen. Koch
Abb. 4: Mit einem weiterentwickelten, schlankeren und flexiblen Aufsatz
(PERIOFLOW® Nozzle) für das PERIOFLOW® Handstück lässt sich der Biofilm in
Taschen über 4 mm schonend und effektiv entfernen.

Für tiefere Taschen ab 5–9 mm eignet sich das PERIOFLOW® Handstück (Abb. 4). Erst im zweiten Schritt werden bei Bedarf verbleibende harte Beläge mit piezokeramischem Ultraschall (PIEZON® mit Instrument PS, alle Produkte: EMS) abgetragen [12,13]. Die GBT umfasst sowohl das initiale Debridement und Biofilm-Management nach der PAR-Richtlinie (AIT) als auch die individuell angepassten Recall-Sitzungen (UPT).

Erst nach der Herstellung der Mundhygienefähigkeit lassen sich Taschentiefen und Sondierungsblutungen sinnvoll messen. Die Messung basiert auf der PAR-Richtlinie mit den Bema-Positionen.

Zudem ist der Patient erst jetzt in der Lage, fachgerechte Mundhygiene zu betreiben – ein wesentlicher Faktor für die Motivation [14]. Wenn der informierte Patient der Therapie zugestimmt hat, wird bei diesem angepassten PAR-Protokoll der Antrag gestellt. Nach Genehmigung folgen eine erneute Mundhygiene-Unterweisung (MHU, immer mit Anfärben) sowie ggf. ein weiteres, verkürztes Aufklärungs- und Therapiegespräch (ATG) in einer Sitzung.

AIR-FLOWING® als Alternative zu Ultraschall

Ziel der sogenannten antiinfektiösen Therapie (AIT) und im weiteren Verlauf auch der unterstützenden Parodontitis-Therapie (UPT) ist es, die Entzündung zu minimieren (antiinflammatorisch). Hierfür muss zum einen das Praxisteam den Biofilm möglichst vollständig entfernen und zum anderen müssen die Patienten ihre Risikofaktoren mit professioneller Unterstützung in den Griff bekommen. Beides führt in der Regel dazu, dass Taschentiefen, Blutungen und parodontale Gewebeverluste reduziert werden [15].

Das supra- und subgingivale Biofilm-Management gelingt am schonendsten, klinisch effektivsten und zugleich ökonomisch effizientesten mit AIR-FLOWING® und modernen piezokeramischen Ultraschall-Systemen (PIEZON® PS) [16–20]. Bei Bedarf werden in tiefen Taschen spezielle Instrumente eingesetzt (PERIOFLOW ® Nozzle mit PLUS Pulver).

Neue Studien haben gezeigt, dass AIR-FLOWING® auch im Rahmen der initialen Therapie (AIT) mit Erfolg anwendbar ist, entweder als alleinige Maßnahme oder zusätzlich zur piezokeramischen Ultraschall-Instrumentierung [21–23]. Nicht zuletzt wird die Methode von Patienten gegenüber konventionellen Verfahren mit Polierpasten und Handinstrumenten eindeutig bevorzugt und erhöht damit potenziell die Patientenadhärenz in der immer langfristig angelegten Behandlung [24,25].

Fazit

Die Guided Biofilm Therapy ist ein evidenzbasiertes, klinisches Konzept, das wegen der Kombination von Effektivität, Gewebeschonung und Patientenakzeptanz ein besonders großes Potenzial in der Parodontitis-Therapie hat. Werden in Verbindung mit aktuellen Therapie-Empfehlungen der Fachgesellschaften Instrumente und Materialien nach dem Stand der Technik systematisch verwendet, gilt dies sowohl für das klinische Ergebnis als auch für die ökonomisch erfolgreiche Umsetzung in der Praxis.

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