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In Deutschland weist wohl immer noch in etwa jedes siebte 3-jährige Kind bereits Dentinkaries auf. Im Mittel sind bei diesen von Karies betroffenen Kleinkindern schon mehr als 3,5 Zähne betroffen [21]. Dies verdeutlicht die starke Polarisation des Kariesbefalls schon von klein auf.
Zudem ist der Versorgungsgrad der kariösen Milchzähne leider sehr gering, obwohl die Behandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung getragen wird. Vermutlich ist die geringe Sanierungsrate auf die niedrige Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft dieser Kleinkinder zurückzuführen; möglicherweise aber auch auf unzureichende universitäre Ausbildung im Bereich Kinderzahnheilkunde und folglich fehlende zahnärztliche Expertise.
Zahnbehandlungen in Narkose (mit entsprechenden Risiken, Kosten etc.) sind daher mitunter nötig, welche oftmals aber i.d.R. nur in spezialisierten oder oralchirurgischen Praxen durchgeführt werden. Eine flächendeckende frühzeitige primäre Kariesprävention ab dem 1. Milchzahn in Kinderzahnheilkundepraxen und ganz besonders auch in Allgemeinzahnarztpraxen wäre von zentraler Bedeutung. Hier wurden glücklicherweise in den vergangenen Jahren einige wichtige Aspekte zur Verbesserung der Mundgesundheit im Milchgebiss adressiert und im Rahmen unseres Gesundheitssystems verbessert:
- ECC-Ratgeber der KZBV/BZÄK zur Vermeidung frühkindlicher Karies mit wichtigen Informationen zur Durchführung der Prävention beim Kleinkind (https://www.kzbv.de/ratgeber-ecc)
- Einführung einer Kinderzahnpasta mit höherem Fluoridgehalt (1000 ppm vs. 500 ppm vorher)
- neue, gut bezahlte KV-Leistungen für Prävention in der Zahnarztpraxis beim Kleinkind (u.a. FU, FLA, FuPr)
- gemeinsame einheitliche Fluorid-Empfehlungen von Zahnärztinnen und Zahnärzten sowie Kinderärztinnen und Kinderärzten
- Verweis von Kinderarzt bzw. Kinderärztin zur Zahnärztin oder Zahnarzt im gelben U-Heft ab der U5, d.h. ab einem Alter von 6 Monaten
- Gruppenprophylaxe-Konzepte für Kleinkinder in Kitas (DAJ)
Doch was ist mit den bereits von ECC betroffenen Kindern, bei denen die Primär- und Sekundärprävention nicht anschlug? Bei diesen meist in Narkose behandelten Kleinkindern werden oftmals viele Zähne entfernt. Hier spielt dann die Tertiärprävention, also die Vermeidung von weiteren Schäden bzw. Spätfolgen der frühkindlichen Karies, wie in diesem Beitrag dargestellt, eine sehr wichtige Rolle (Tab. 1).
Primäre Prävention |
Vorbeugung und Risikoschutz zum Erhalt der Gesundheit, also beispielsweise gesunder Zähne von Beginn an |
Sekundäre Prävention |
Maßnahmen zur Erkennung früher Krankheitsstadien wie der Initialkaries bei Vorsorgeuntersuchungen (z.B. FU) und Vermeidung des Fortschreitens |
Tertiäre Prävention |
Maßnahmen zur Vermeidung von Spätfolgen oder Folgeerkrankungen fortgeschrittenen Erkrankungsstadien oder Sanierungen, oft im Sinne einer Rehabilitation |
Tab. 1: Definitionen verschiedener Präventionszeitpunkte.
Hauptursachen
Hauptursache von ECC ist eine mangelhafte Zahnpflege beim Kleinkind in Kombination mit einem hochfrequenten Konsum zuckerhaltiger Getränke. Dies bedeutet, dass meist kein (Nach-) Putzen durch die Eltern erfolgt; zudem erhalten die Kleinkinder die Nuckelflasche mit z.B. Apfelschorle, Eistee oder speziellen zuckerhaltigen „Kindertees“ zur freien Verfügung zwischendurch und/oder nachts.
Klassifikation
Die American Academy of Pediatric Dentistry (AAPD) definiert die frühkindliche Karies als eine Erkrankung bei Kindern unter 71 Monaten, bei denen mindestens 1 Milchzahn 1 Dentinkaries aufweist bzw. wegen Karies gefüllt oder extrahiert wurde [1]. In einer der bekanntesten Klassifikationen von ECC [24] werden 3 Typen unterschieden. Bei jedem Typ sind jeweils das klinische Bild, die wahrscheinlichste Ursache und die Altersgruppe, bei dem die Kinder meist betroffen sind, aufgeführt.
ECC Typ I (leicht bis mittelschwer) beschreibt das isolierte Auftreten kariöser Läsionen an Milchmolaren oder Milchschneidezähnen (Abb. 1). Die Ursache ist in der Regel eine Kombination von kariogenen halbfesten oder festen Speisen und einem Mangel an Mundhygiene [8]. Die Anzahl der betroffenen Zähne nimmt gewöhnlich zu, wenn die kariogene Ernährung anhält. Diese Art von ECC ist in der Regel bei Kindern, die 2 bis 5 Jahre alt sind, vorzufinden, was im engeren Sinne nicht mehr das Kleinkindalter betrifft.
ECC Typ II (mittel bis schwer) bezeichnet das Auftreten labiooraler kariöser Läsionen, die die Oberkieferschneidezähne betreffen (Abb. 2). Dies kann je nach Alter des Kindes und Stadium der Erkrankung mit oder ohne Karies an den Milchmolaren einhergehen. Die Schneidezähne im Unterkiefer sind (noch) nicht betroffen. Die Ursache ist in der Regel eine unangemessen häufige Verwendung der Nuckelflasche und/oder ein Dauerstillen (auf Verlangen) in Kombination mit suboptimaler Mundhygiene [12]. Diese Art von ECC kann bereits zeitnah nach Durchbruch der ersten Zähne auftreten, ist damit echte frühkindliche Karies und kann sich bei Fortschreiten zu ECC Typ III weiterentwickeln.
- ECC Typ III (schwer) beschreibt ein Gebiss mit kariösen Läsionen, in dem alle Zähne einschließlich der unteren Schneidezähne (also sowohl im OK als auch im UK) betroffen sein können (Abb. 3a und b). Die Ursache ist in der Regel eine Kombination von kariogenen Lebensmitteln und schlechter Mundhygiene.
Diese schwere Form findet sich gewöhnlich bei Kindern im Alter zwischen 3 und 5 Jahren. Der Gebisszustand ist beunruhigend desolat, denn es sind auch viele Zahnoberflächen, die in der Regel nicht von Karies betroffen sind, kariös [20].
Risikofaktoren
Zahlreiche Faktoren sind mit einem erhöhten Risiko von ECC assoziiert. Diese sind im Folgenden nach den verschiedenen Ebenen der Beurteilung aufgelistet. Hier spielen, obwohl Karies eine lokale flächenspezifische Erkrankung ist – wie die Auflistung zeigt – insbesondere sozioökonomische Faktoren eine Rolle.
Allgemein: Bevölkerungs- bzw. Patientenebene
- bildungsfernes Milieu
- niedriges Einkommen der Eltern
- schwieriges Wohnumfeld
- Arbeitslosigkeit der Eltern
- Migrationshintergrund
- junge Mütter/Alleinerziehende
- psychisch kranke Eltern
- soziale Isolation
Zahnärztlich: individuelle Ebene
- Initialkaries am Milchzahn (insbes. Oberkieferfrontzähne)
- sichtbare Plaque (insbes. Oberkieferfrontzähne)
- häufige Zufuhr zuckerhaltiger Getränke (u.a. Nuckelflasche, nachts)
Epidemiologie von ECC in Deutschland
Das Vorkommen von ECC ist in Deutschland regional verschieden, stellt jedoch bei 3-Jährigen mit einer Prävalenz in verschiedenen Bundesländern von rund 10 bis 17% folglich die häufigste chronische Erkrankung im Kleinkindalter dar (Abb. 4). Jedes siebte 3-jährige Kind in Deutschland hat Karies (dmft > 0) und im Mittel schon 3,6 Zähne mit Karieserfahrung.
Der Anteil der Kinder, die mindestens 4 betroffene Zähne (dmft > 4) haben, liegt bei ca. 5% (Abb. 4). Wegen dieser hohen Anzahl an betroffenen Milchzähnen, des Schweregrads der Zerstörung, des geringen Alters der Kinder und folglich der geringen Kooperationsfähigkeit stellt die frühkindliche Karies eine große zahnmedizinische Herausforderung bei Kleinkindern dar.
Insbesondere bei schweren Formen ist oft nur die Behandlung bzw. meist gar die Extraktion der betroffenen Zähne in Narkose möglich. Doch welche Folgen und potenziellen Spätfolgen genau kommen dann auf diese Kinder zu?
Folgen unbehandelter frühkindlicher Karies
Beeinträchtigung der Lebensqualität
ECC kann einen negativen Einfluss auf die Lebensqualität der betroffenen Kinder haben, denn Mundgesundheit bedeutet mehr als „nur“ gesunde Zähne. Die Mundgesundheit beeinflusst die Menschen körperlich und psychisch und beeinflusst, wie sie wachsen, schauen, sprechen, kauen, schmecken, sich sozialisieren, und auch die Gefühle sowie das soziale Wohlbefinden [9]. Die Lebensqualität der Kinder kann also insbesondere aufgrund von Schmerzen und Unannehmlichkeiten als Folge schwerer Formen der frühkindlichen Karies ernsthaft beeinträchtigt werden.
Akute und chronische Infektionen als Folge frühkindlicher Karies können zu veränderten Ess- und Schlafgewohnheiten führen. Zudem besteht dann stets das Risiko von Krankenhausaufenthalten, was neben gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit hohem Aufwand und hohen Behandlungskosten einhergeht [6,10,16,18]. Oftmals können, wie beschrieben, bei ECC geplante Zahnbehandlungen nur in Vollnarkose durchgeführt werden.
Nicht selten werden dabei die meist sehr tief kariös zerstörten OK-Frontzähne extrahiert, die oftmals über eine lange Zeit hinweg Zahnschmerzen und mitunter auch Abszesse verursacht haben (Abb. 3a). Abgesehen von den potenziellen Risiken einer Narkose kann ein damit einhergehendes Verpassen von Tagen in Kindergarten bzw. Vorschule oder später auch von Schultagen einen negativen Einfluss auf die Entwicklung und folglich auf das Bildungsniveau haben [11].
Bei den meisten kleinen Kindern ist ECC zudem mit einem verringerten Wachstum und einer Gewichtszunahme aufgrund eines unzureichenden Nahrungsmittelverbrauchs verbunden. Denn die Nahrungsaufnahme übersteigt meist den Stoffwechsel- und Wachstumsbedarf bei Kindern unter 2 Jahren [11].
Kindeswohlgefährdung/Kindeswohlvernachlässigung
Auf der Ebene des Sozialen ist eine beunruhigende Assoziation zwischen ECC und Kindeswohlgefährdung bekannt. Dazu gehört die Vernachlässigung ebenso wie die körperliche und seelische Misshandlung. ECC stellt also oftmals einen frühen Marker für Kindeswohlgefährdung dar.
Insbesondere bei schweren Formen gilt es, die familiäre und soziale Situation gut einzuschätzen, um Hilfsangebote auszusprechen oder ggf. das lokale Jugendamt mit einzuschalten [15]. Eine dysfunktionale familiäre oder soziale Situation kann zu einem Wiederauftreten von ECC führen, oft ist dies mit emotionalen Ausbrüchen und Bedrohung oder tatsächlicher Gewalt assoziiert [17,3]. Die Korrelation zwischen ECC und Kindeswohlgefährdung ist bekannt, aber erst seit wenigen Jahren haben Experten auf dem Gebiet der Kindesmisshandlung Karies bzw. ECC auf ihrer Liste der gesundheitlichen Indikatoren für Kindeswohlgefährdung [4,22].
Leider ist es so, dass diese Kinder meist auch im Verlauf des Lebens noch stark von diesen Erfahrungen in der Kindheit beeinflusst werden. Für das zahnärztliche Personal kann so die Information, dass ein Kind bei einer Pflegefamilie aufwächst, ein wichtiger Marker für Karieserfahrung im Milchgebiss darstellen. Wenn die Kinder erst kurze Zeit dort leben, ist die Karies meist unbehandelt, aufgrund des verbesserten Umfelds gilt es dann jedoch, gemeinsam den Hebel umzuschalten (s. Abschnitt Kariesmanagement).
Spätfolgen von frühkindlicher Karies
Kariesmanagement und Kariesrisiko
Bei Kindern mit ECC, also Karieserfahrung im Milchgebiss, liegt ein deutlich erhöhtes Kariesrisiko auch für die permanente Dentition vor [7,14]. Die Entwicklung neuer kariöser Läsionen sowohl im Milchgebiss als auch im bleibenden Gebiss gilt es bei diesen Kindern durch ein funktionierendes Präventionskonzept zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren. Dabei sind eine ausreichende häusliche Mundhygiene und Fluoridnutzung, das Abstellen der hochfrequenten Gabe zuckerhaltiger Getränke, ein risikogerechter Recall zur Motivation/Instruktion und Fluoridapplikation essenziell [23].
Ein frühzeitiges Erkennen von Risikopatienten/-innen ist sehr wichtig, dazu sind sichtbare Plaque auf den Frontzähnen und aktive kariöse Läsionen (Abb. 5) sehr gute Marker. Laut einer sehr groß angelegten aktuellen Studie aus Schweden bei knapp 130.000 Kleinkindern wurde die Kariesentwicklung in Abhängigkeit von den genauen flächenspezifischen Kariesbefallmustern im Milchgebiss untersucht (Abb. 6). Dabei zeigten beispielsweise 83% der 5-Jährigen mit einer schweren Form der ECC auch Karies im permanenten Gebiss, während vergleichsweise „nur“ 51% der Kinder (5 Jahre alt) mit sogenannten kariesfreien Milchgebissen im Verlauf der nächsten 5 Jahre (also bis Studienende) Karies im permanenten Gebiss aufwiesen (Odds Ratio von 4,9) [5].
Ästhetik und Sprache
Neben einem verspäteten Zahndurchbruch der permanenten Nachfolger und einer eingeschränkten Ästhetik kann ein Fehlen der OK-Frontzähne auch die Sprachentwicklung beeinträchtigen (Abb. 7). Als möglichen Lösungsansatz bieten sich dafür, sofern Kind und Eltern dies wünschen, die Anfertigung einer Kinderprothese an (Abb. 8) und indikationsgerecht auch eine begleitende logopädische Therapie an.
Der „verspätete Zahndurchbruch“ der permanenten Nachfolger tritt bei sehr frühzeitiger Extraktion eines Milchzahnes häufig auf [13]. Dies ist jedoch, wie in diesem Fall bei den Frontzähnen, nicht direkt zu beeinflussen. Falls jedoch die permanenten Zähne nicht physiologisch durchbrechen sollten, könnte eine kombinierte chirurgisch-kieferorthopädische Unterstützung nötig sein.
Lückeneinengung bei „frühzeitigem Milchzahnverlust“ in der Stützzone
Nach frühzeitiger Extraktion der Milchmolaren können eine Lückeneinengung und folglich ein Platzmangel für die bleibenden Zähne, wie die Abbildungen zeigen (Abb. 9a bis c), entstehen. Deshalb ist zur Vermeidung von zukünftigen Zahnbehandlungen, wie z.B. der Extraktion von Prämolaren aufgrund von Platzmangel, das Einsetzen eines Lückenhalters zeitnah nach Extraktion des Milchzahnes sehr empfehlenswert. Dafür bieten sich 2 Möglichkeiten an: festsitzende Lückenhalter (Abb. 10a) oder herausnehmbare Lückenhalter (Abb. 10b) [2,19].
Dabei haben beide Varianten ihre Vor- und Nachteile. Vorteilhaft beim festsitzenden Lückenhalter ist die Möglichkeit des Einsetzens direkt nach der Extraktion (also auch in Narkose), womit das Problem des „Nichttragens“ umgangen wird. Zudem kann an den festen Lückenhalter ein „Distal Shoe“ angefügt werden, sodass bei einer frühzeitigen Entfernung eines 2. Milchmolaren vor Durchbruch des 1. permanenten Molaren der Platz erhalten bleiben kann (Abb. 11a und b).
Nachteilig ist, dass die Kosten i.d.R. privat getragen werden müssen und die festen Lückenhalter mitunter herausfallen oder verrutschen bzw. sogar in das Zahnfleisch einwachsen können. Vorteilhaft beim herausnehmbaren Lückenhalter ist die Möglichkeit der Versorgung mehrerer Lücken mit einer Apparatur (Abb. 10b) und auch großer Lücken, wenn der 1. und 2. Milchmolar in einem Quadranten entfernt wurden (Abb. 12). Des Weiteren ist es beim herausnehmbaren Lückenhalter vorteilhaft, dass dieser zum Reinigen herausgenommen werden kann.
Zugleich ist es nachteilig, dass er herausgenommen werden kann, denn so wird der Lückenhalter häufig vergessen und nicht getragen. Folglich verbleibt er oftmals lange Zeit (Wochen/Monate) außerhalb des Mundes und passt dann unter Umständen nicht mehr. In Tabelle 2 sind wesentliche Aspekte dargestellt, die bei der Entscheidungsfindung bezüglich festsitzender oder herausnehmbarer passiver Lückenhalter eine Rolle spielen.
Aspekt | festsitzende Lückenhalter | herausnehmbarer Lückenhalter |
---|---|---|
Reinigung | – Reinigung im Mund schwieriger | + gute extraorale Reinigung des Lückenhalters möglich + gute Reinigung der Lücke möglich, oftmals haben Nachbarzähne approximal auch Initialkaries + daher dadurch keine weitere Erhöhung des Kariesrisikos |
Aufwand | + sofort – auch in ITN – einsetzbar, bei weiten Anfahrtswegen wichtig / Terminanzahl reduzieren | – Abdruck notwendig (Kooperation), Laborherstellung -> 2. Termin nötig |
Kosten/Vergütung | – privat zu bezahlen, je nach Praxis in einer Spanne von ca. 60 bis 150 Euro | + Kassenleistung, 123a und 123b + gut kombinierbar mit dem 01/IP-Programm |
Größe der Lücke | – nur bei Einzelzahnlücke | + auch nach Extraktion von Milch-4er und -5er in einem Quadranten einsetzbar, sofern der -6er schon durchgebrochen ist |
Art der Lücke | + auch als Distal Shoe möglich, also nach Extraktion eines endständigen Zahnes nutzbar („Milch-5er Ex vor Durchbruch 6er“) | – nur bei einer Lücke nutzbar, und daher nicht nach Extraktion eines endständigen Zahnes nutzbar |
Weitere Nachteile | – können ins Zahnfleisch einwachsen – können dezementieren (-> Rezementierung meist möglich) – können verrutschen |
– werden häufig nicht getragen oder gehen verloren – können brechen (Reparatur meist möglich) |
Persönliche Empfehlungen (der Autoren) zum Lückenmanagement:
- möglichst immer nach frühzeitiger Entfernung eines Milchmolaren (insbesondere bis Durchbruch UK 3er)
- zeitnah/innerhalb weniger Wochen, wenn > 1,5 Jahre vor physiologischer Exfoliation
- v.a. bei Extraktion eines Milch-5er vor Durchbruch des 6ers, dann sofort Distal Shoe (s. Abb. 11a und b)
Regelhafte präventive passive Lückenhalter sind auch gesundheitsökonomisch sinnvoll, da die KFO-Therapie teuer und bei Kariesrisikokindern nicht immer sinnvoll ist. Selbst wenn dadurch nur bei jedem 10. Kind eine KFO-Therapie vermieden würde, wäre dies schon kostenwirksam für die Krankenversicherung. Abschätzungsweise tritt bei etwa 1/4 der Kinder mit frühzeitigem Milchzahnverlust aber ohne Lückenmanagement eine klinisch relevante Lückeneinengung auf.
Merkbox |
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Fazit
ECC hat nicht nur einen Einfluss auf Kinder während der Milchgebissphase, sondern kann auch weitreichende negative Folgen für die Lebensqualität und die weitere Gebissentwicklung bedeuten. Folglich ist zusätzlich zur Zahnbehandlung in Narkose, wie es bei schweren Formen der ECC häufig der Fall ist, aus zahnärztlicher Perspektive ein langfristig funktionierendes Präventions- und Kariesmanagementkonzept (Tertiärprävention) inkl. Lückenmanagement unabdingbar.
Näheres zu den Autoren des Fachbeitrages: OA Dr. Julian Schmoeckel, Dr. Mhd Said Mourad, Prof. Dr. Christian H. Splieth
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