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Umfrageergebnisse zur Gehalts- und Arbeitssituation

Warum zeigen auch Zahntechniker-/innen der Gesundheitspolitik die rote Karte?

In einem Statement geht Karola Will, Referatsleiterin Zahntechniker-/innen im Verband medizinischer Fachberufe e.V. auf die jüngsten Umfrageergebnisse zur Gehalts- und Arbeitssituation von Zahntechniker/-innen ein. 

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Bis zum 09. Juli 2023 lief die Onlineumfrage des Verbands medizinischer Fachberufe e.V, mit dem Ziel die aktuelle Arbeits- und Gehaltssituation angestellten Zahntechnikerinnen und Zahntechniker zu. eruieren. Karola Will, Referatsleiterin Zahntechnik im Verband medizinischer Fachberufe e.V. äußert sich zu den Umfrage-Ergebnissen, erläutert Hintergründe und bezieht Stellung.

Hintergründe zur Umfrage

Die aktuelle Umfrage war online vom 31. Mai bis 9. Juli 2023. Ein Jahr zuvor, 2022, befragten wir vom 3. bis 16. Februar, also kurz vor dem Ausbruch des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine, der viel menschliches Leid brachte und sich durch die hohe Inflation, gestörte Lieferketten, massiv gestiegene Energie- und Materialkosten auch auf die Betriebe und die Beschäftigten in der Zahntechnik auswirkte. 

Von den 41.314 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Zahntechnikerhandwerk nahmen 982 Kolleginnen und Kollegen teil, das entspricht 2,4%. In unserer Umfrage 2022 zum gleichen Thema erreichten wir 1,4%. 

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Von den Teilnehmenden sind 36% Männer und 62% Frauen, das spiegelt in etwa auch dem Gesamtanteil von Frauen im Beruf. 2% wählten die Möglichkeit „keine Angabe“. 

Mehr als die Hälfte der Teilnehmenden gab an, über mehr als 20 Jahre Berufserfahrung zu verfügen, 22% bis 10 Jahre und 23% zwischen 11 und 20 Jahren. Nur 4% der Teilnehmenden gab an, den Beruf nicht gelernt zu haben, sondern als Quereinsteiger (davon 2% aus einem anderen Gesundheitsberuf und 2% aus einer anderen Branche) in der Zahntechnik zu arbeiten. 

Im Vergleich zur letztjährigen Gehaltsumfrage arbeiten fast 8% mehr Zahntechniker-/innen auch digital, nämlich mittlerweile 63%. 71% der Männer und 61% der Frauen gaben an, mit digitalen Techniken zu arbeiten. Vermutlich spielen hier geschlechtsspezifisch unterschiedliche Einsatzgebiete eine Rolle, in denen die Digitalisierung noch nicht so weit fortgeschritten ist. 

Vollzeitbeschäftigt mit 38,5 bis 40 Stunden Wochenarbeitszeit sind 78% der Männer und 45% der Frauen, in Teilzeit mit 20 Stunden und weniger sind nur 7% der Frauen und keine Männer. Geringe Teilzeit scheint im Zahntechnikerhandwerk also eher unüblich und erklärt somit nicht die durchschnittlich geringeren Gehälter von Frauen. 

Gehaltssituation: Schere geht überall auseinander 

Die Auswertung der 941 diesbezüglich verwertbaren Datensätze zeigt, dass 9% aller ZT im Niedriglohnbereich (Niedriglohnschwelle 12,76 €) arbeiten. Dabei sehen wir große regionale Unterschiede: in Mecklenburg-Vorpommern gaben 35% der Teilnehmenden an, unter 12,76 Euro/Stunde zu „verdienen“ gefolgt von Sachsen mit 22% und Thüringen mit 21%. Aber auch in allen anderen Bundesländern arbeiten Zahntechniker-/innen im Niedriglohnbereich, z.B. in Bayern 5%, in Schleswig-Holstein sogar 10%.

Die Schere geht also überall auseinander. Gerne werden Gründe dafür verantwortlich gemacht, die ausschließlich die betroffenen Beschäftigten und/oder Arbeitgebenden verantwortlich sehen.

Das ist jedoch zu kurz gedacht, denn viele Patientinnen und Patienten können bei steigenden Lebensmittel-, Wohn- und Energiepreisen nicht immer noch mehr private Kosten für bestimmte Vorsorgeuntersuchungen bei Ärzten oder hohe Zuzahlungen für diverse Behandlungen bei Zahnärzten leisten. Dazu gehört auch der höherwertige Zahnersatz. 

Um wirtschaftlich arbeiten zu können und vor allem auskömmliche Löhne zu bezahlen, ist jedoch für Dentallabore wichtig, möglichst viele Aufträge für Versorgungen außerhalb der Regelversorgungen zu generieren. Dies wiederum ist abhängig von regionalen Strukturen.

Die strikte Deckelung der Vergütung der zahntechnischen Leistungen im Rahmen des GKVSystems lehnen wir deshalb als Verband ab, weil auch zur Fertigung von Regelversorgungen die Expertise von gut ausgebildeten Zahntechnikerinnen und Zahntechnikern erforderlich ist, die entsprechend honoriert werden können muss. Und zwar überall, denn alle Patientinnen und Patienten haben das Recht auf ordentlichen Zahnersatz auch in der Regelversorgung. 

20 € und mehr wird am häufigsten in Baden-Württemberg (55%), Bayern (52%) und Rheinland-Pfalz (53%) verdient. Das heißt aber auch, dass der Stundenlohn der anderen Hälfte der Befragten unter 20 Euro liegt und bei hohen Mietpreisen z.B. in München oder Stuttgart für prekäre Verhältnisse sorgen kann. Auch bei der Bezahlung der Inflationsausgleichsprämie sehen wir Unterschiede: Während in den östlichen Bundesländern nur 4% der Teilnehmenden die volle Auszahlungssumme von 3000 Euro erhalten hat, sind es in den westlichen Bundesländern insgesamt 8%, in den südlichen (Bayern und Baden-Württemberg) sogar 12%.

. Verband medizinischer Fachberufe e.V.
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Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die Zufriedenheit mit der Gehaltssituation und den Wechselgedanken eng korreliert. Diese haben sich im vergangenen Jahr sogar weiter gesteigert In unserer Umfrage gaben 60% der Zahntechniker-/innen an, sehr oder eher unzufrieden mit ihrer Gehaltssituation zu sein, in den östlichen Bundesländern sogar 69%. Demnach denken nur 32% der Befragten nie daran, den Beruf zu wechseln, vor einem Jahr waren dies noch 42%.

30% denken mindestens einige Male im Monat darüber nach, der Zahntechnik den Rücken zuzukehren, das sind 5% mehr als 2022. In den östlichen Bundesländern und in den gewerblichen Laboren denkt je ein Drittel der dort Beschäftigten nach, die Branche zu wechseln. 

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In den Praxislaboren stieg der Wechselgedanke von 18% auf 23%. Aus der Gruppe derer, die unter mangelnder Wertschätzung ihrer Arbeitgeber-/innen leiden, verstärkt sich der Wechselgedanke, so denken 45% mindestens monatlich über einen Berufswechsel nach, fast 60% über einen Arbeitgeberwechsel. Bei steigendem Fachkräftemangel im Zahntechnikerhandwerk sollten deshalb Arbeitgeber-/innen unbedingt ihre Führungskompetenzen reflektieren und entsprechend daran arbeiten.

Interessant ist auch, dass fast 80% der Teilnehmenden die Frage nach der Relevanz von Gesundheitsmanagement und Stressbewältigung mit „wichtig oder sehr wichtig“ beantwortet haben. Die Probleme im Zahntechnikerhandwerk sind also komplex und erfordern Lösungen auf verschiedenen Ebenen. So schwächt die Ablehnung des Antrags der CDU/CSU-Fraktion „Zahntechnikerhandwerk in Deutschland zur Sicherstellung der Patientinnen- und Patientenversorgung unterstützen und zukunftsfest machen“ durch die Ampelkoalition die Wettbewerbsfähigkeit um Fachkräfte im Zahntechnikerhandwerk weiter.

Die wohnortnahe Versorgung mit Zahnersatz und dessen Instandsetzung vor allem in strukturschwachen Regionen wird somit dauerhaft gefährdet. Zudem wird die freiheitliche wirtschaftliche Entwicklung in der Zahntechnik eingeschränkt, das ist weder gerecht noch nachhaltig. In unserer Protestveranstaltung am 8. September in Berlin fordern wir deshalb gemeinsam mit Vertretern der Innungen die Ampelkoalition auf, endlich ihre Versprechungen im Koalitionsvertrag einzuhalten und Maßnahmen zur Fachkräftesicherung zu ergreifen, anstatt wie im Zahntechnikerhandwerk durch staatlich verordnete Preisdeckelungen den Fachkräftemangel zu befeuern.

Quelle:
Statement Karola Will, Referatsleiterin Zahntechniker*innen im Verband medizinischer Fachberufe e.V.

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