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Kronen

DGZ-Kongress 2022: Wie geht Ästhetik ohne Kronen?

Die 36. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ) unter dem Motto „Ästhetik … ohne Kronen“ fand vom 22.–24. September 2022 in Würzburg statt und war als Hybrid-Veranstaltung auch online zu verfolgen. Thematisch stand die direkte, ästhetisch anspruchsvolle Versorgung im Fokus.

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Abb. 1: Der Präsident der DGZ, Prof. Rainer Haak, begrüßte die Teilnehmenden
und wies darauf hin, dass es die Zahnerhaltung war, die die Adhäsivtechnik mit
ihren universellen Einsatzmöglichkeiten in die Zahnheilkunde einführte. DGZ
Abb. 1: Der Präsident der DGZ, Prof. Rainer Haak, begrüßte die Teilnehmenden
und wies darauf hin, dass es die Zahnerhaltung war, die die Adhäsivtechnik mit
ihren universellen Einsatzmöglichkeiten in die Zahnheilkunde einführte.

Dass der Bereich der Ästhetik in der Zahnheilkunde wesentlich mehr umfasst als Bleaching und Veneers, führte das wissenschaftliche Programm der 36. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ) vor Augen. Hauptrollen kamen bei diesem Kongress den ästhetischen und rehabilitativen Möglichkeiten direkter Kompositrestaurationen und der Adhäsivtechnik zu (Abb. 1).

Für das umfangreiche, mit ausgezeichneten Referenten besetzte Programm zeichnet die DGZ gemeinsam mit ihren Verbundpartnern, der Deutschen Gesellschaft für Präventivzahnmedizin (DGPZM), der Deutschen Gesellschaft für Restaurative und Regenerative Zahnerhaltung (DGR²Z) sowie der Stiftung innovative Zahnmedizin (SIZ), verantwortlich. Ebenfalls an Bord waren die Deutsche Gesellschaft für Menschen mit Behinderung oder mit besonderem medizinischen Unterstützungsbedarf (DGZMB) – vormals noch als AG organisiert – und die Deutsche Gesellschaft für Dentalhygieniker/Innen (DGDH), die bereits zum 3. Mal als Kooperationspartnerin teilhatte.

Ästhetik, Kosmetik und Wunscherfüllung – nicht alles ist ethisch vertretbar 

Abb. 2: Prof. Dominik Groß war krankheitsbedingt digital zugeschaltet. DGZ
Abb. 2: Prof. Dominik Groß war krankheitsbedingt digital zugeschaltet.

Der Vortrag von Prof. Dominik Groß (Aachen) (Abb. 2) zeigte aus der Perspektive der Medizinethik Grenzen zwischen Ästhetik, Kosmetik und reiner Wunscherfüllung auf und er wägte ab, welche zahnärztlichen Maßnahmen ethisch „gedeckt“ und welche eher abzulehnen sind. Ethisch relevante Kriterien sind die zahnmedizinische Indikation und der kurative Ansatz – diese können mit der Absicht, eine gesteigerte Ästhetik (Schönheit, Harmonie) durch eine Maßnahme erreichen zu wollen, verknüpft sein, müssen dies aber nicht. So ist etwa eine rein kosmetische Maßnahme grundsätzlich auf das „Schmücken“ der Zähne und nicht auf ein zahnmedizinisch relevantes Therapieziel ausgerichtet.

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Die wunscherfüllende Zahnmedizin ist ähnlich gelagert, insofern ebenfalls keine zahnmedizinische Indikation vorliegt, jedoch zielt die Wunscherfüllung auf einen Optimierungswunsch des Patienten ab, der auch jenseits der Vorstellung von weißen, geraden Zähnen liegen kann. Wenn nun keine Indikation vorliegt und kein Therapieziel verfolgt wird – dürfen Zahnärztinnen und Zahnärzte trotzdem tätig werden, wenn der Patient dies möchte? Der Patientenwille ist in solchen Fällen keine ausreichende Legitimation.

Denn Zahnärztinnen und Zahnärzte sind professionellen Standards verpflichtet, wie dem Nichtschadensgebot, und sollten das Patientenwohl verantwortungsvoll berücksichtigen. Daraus ergibt sich, dass kosmetische und wunscherfüllende Maßnahmen kritisch betrachtet werden sollten und – sofern sie das Nichtschadensgebot verletzen – aus ethischer Sicht abgelehnt werden müssen. In diese Kategorie fallen Zahntatoos oder Zahnpiercings, da sie potenziell der Mundgesundheit schaden.

Die dento-faziale Ästhetik ist quantifizierbar

Abb. 3: Prof. Cornelia Frese (Heidelberg). DGZ
Abb. 3: Prof. Cornelia Frese (Heidelberg).

Ästhetik könnte man im zahnmedizinischen Bereich als Schönheit und Harmonie des Gebisses definieren. Doch liegt diese nicht allein in der subjektiven Empfindung des Betrachters? Prof. Cornelia Frese (Heidelberg) (Abb. 3) und Prof. Bernd Klaiber (Würzburg) würden dies verneinen.

So stellte Prof. Frese als Mitautorin eines Reviews zur dento-fazialen Ästhetik in der restaurativen Zahnheilkunde fest [1], dass sehr viele Parameter für dentale Ästhetik durchaus quantifizierbar sind. Basierend auf dieser Evidenz entwarf Prof. Frese 2019 einen Index, der 3 extraorale und 7 intraorale Kriterien umfasst: den Dental Esthetic Screening Index, kurz DESI [2]. Ob dieser mittels Punktesystem gemessene Score mit dem subjektiven Empfinden bezüglich der Ästhetik von Zähnen übereinkommt, überprüften Frese und Arbeitsgruppe anschließend mittels eines validierten Fragebogens zur zahnästhetikbezogenen Lebensqualität und kamen zu einem positiven Ergebnis.

Der Score findet Verwendung in der Lehre der restaurativen Zahnheilkunde an der Heidelberger Universität. Er trage dazu bei, so die Referentin, ästhetisch gut akzeptierte Behandlungsergebnisse zu erreichen.

Abb. 4: Prof. Bernd Klaiber (Würzburg). DGZ
Abb. 4: Prof. Bernd Klaiber (Würzburg).

Prof. Bernd Klaibers (Abb. 4) Vortrag befasste sich mit Grundsätzen der dentalen Ästhetik, die er mit sehr schönen Fallbeispielen illustrierte. Als relevante Aspekte für ein ästhetisches Erscheinungsbild von Zähnen und Mundbereich im Kontext des Gesichts stellte er bindende Kräfte, Symmetrie, Zahnproportionen, Schattenräume, Farbgebung und Zahnkonturen vor. Der Referent zeigte unterschiedliche Möglichkeiten auf, Zahnformen mittels Adhäsivtechnik zu verändern, um minimalinvasiv und substanzschonend Lösungen unter Berücksichtigung der ästhetischen Regeln zu finden, z.B. um einen Lückenschluss zu erreichen.

Die dafür genutzte Zahnverbreiterung mittels Kompositanbauten stellte er als gut beherrschbar dar. Für eine überzeugende Farbgestaltung empfiehlt Prof. Klaiber die anatomische Schichttechnik nach Lorenzo Vanini.

Abb. 5: Prof. Ulf Krueger-Janson. DGZ
Abb. 5: Prof. Ulf Krueger-Janson.

Einen Fokus auf die Farbgestaltung bei additiver Vorgehensweise legte auch Prof. Ulf Krueger-Janson (Frankfurt a.M.; DGR2Z) (Abb. 5). In der Zusammenschau führten die beiden Vorträge vor Augen, dass ganz unterschiedliche Herangehensweisen überzeugende Ergebnisse zeitigen können: So baut Prof. Krueger-Janson Inzisalkanten nicht über aufwendiges Schichten auf, sondern erzeugt mittels einer Mischung der Flow-Farben (Venus Flow, Kulzer) klar, bleached und kreideweiß auf einer Dentinbasis den gewünschten Haloeffekt.

Wie der Referent bei der Vorstellung eines MIH-Falles feststellte, ist er bereit, etwas invasiver vorzugehen, um eine gute Ästhetik zu erreichen. So entfernte er den weißlich verfärbten, nicht mittels Komposit kaschierbaren Schmelzbereich zugunsten einer guten farblichen Integration des Zahnes in die Gesamtbezahnung.

Infiltrieren, um White Spots zu kaschieren

Abb. 6: Prof. Hendrik Meyer-Lückel. DGZ
Abb. 6: Prof. Hendrik Meyer-Lückel.

Etliche praxisnahe Tipps gab Prof. Hendrik Meyer-Lückel (Bern) (Abb. 6) zur Methode der Infiltration mittels ICON (DMG) an das Auditorium weiter. Die Methode wurde ursprünglich entwickelt, um aktive approximale, nicht kavitierte Läsionen zu arretieren. Zunächst muss die Zahnoberfläche mittels HCI (15%) geätzt werden.

Dann wird ein Kunststoff, ähnlich einer Versiegelung, auf den Zahn aufgebracht. Der Infiltrant dringt tief in den Schmelz ein und stabilisiert die demineralisierte Struktur. Eher zufällig zeigte sich, dass das Infiltrieren auch ein Kaschieren und damit eine Verbesserung der Ästhetik im Falle von White Spots nach kieferorthopädischer Behandlung ermöglicht [3,4].

Dieser Effekt entsteht, da die Infiltration von demineralisiertem Schmelz (white spots) zu einer Erhöhung des Lichtbrechungsindex führt. Falls der Lichtbrechungsindex des demineralisierten Schmelzes zu stark vom Normalwert abweicht oder der Infiltrant nicht tief genug eindringen kann, funktioniere die ästhetische Korrektur allerdings nicht, räumte Prof. Meyer-Lückel ein. Ästhetisch überzeugende Resultate sind erzielbar bei: Karies direkt nach der Abnahme der Brackets, bei inaktiver Karies – allerdings nach mehrfacher Ätzung – sowie bei leichter bis mittlerer Fluorose.

An Grenzen stößt die Methode bei Zähnen, die von MIH oder Trauma betroffen sind [4]. Besondere Vorsicht ist bei gelblichen Flecken (MIH) geboten, da diese bei Infiltration noch stärker gelb hervortreten. Kontraindikationen bestehen bei Kavitationen, Wurzelkaries und Erosionen.

Defekte durch Zahnverschleiß – was tun bei Erosion, Abrasion, Abfraktion und Attrition?

Abb. 7: Prof. Thomas Attin. DGZ
Abb. 7: Prof. Thomas Attin.

Gleich drei Referate beschäftigten sich mit dem Management von nicht kariösen Defekten. Prof. Thomas Attin (Abb. 7) und Prof. Alexis Ioannidis, beide aus der Zahnerhaltung der Uniklinik Zürich, stellten direkte und indirekte Vorgehensweisen im Erosions- und Abrasionsgebiss vor. Ein Versorgungsbedarf bestehe bei solchen Defekten, wenn grundsätzlich die Abnutzung des Gebisses nicht im Einklang mit dem Patientenalter stehe, zudem die Zahnintegrität bedroht sei oder der Gebisszustand mit Schmerzen, mangelnder Hygienefähigkeit und/oder unbefriedigender Ästhetik einhergehe, stellte Prof. Attin eingangs fest.

Für eine wenig invasive Versorgung stellte er einen Zahnaufbau mittels eines hochgefüllten, fließfähigen Komposits über eine flache Schiene vor; zu diesem Vorgehen habe ihn eine Therapieidee von Patrick R. Schmidlin [5] angeregt. Die auf diese Weise erzielte Erhöhung der vertikalen Dimension zeigt nach Studienlage keine Auswirkungen auf ein gesundes Kiefergelenk; die Kaumuskeln passen sich der neuen Situation auch ohne Schienenbehandlung an, so Prof. Attin. Eine Nachbeobachtung direkter Restaurationen am Züricher Klinikum über 11 Jahre zeigt hohe Überlebensraten (96% Überlebenswahrscheinlichkeit); Nacharbeiten waren allerdings notwendig.

Abb. 8: Prof. Alexis Ioannidis. DGZ
Abb. 8: Prof. Alexis Ioannidis.

Dass auch eine indirekte Restauration in gleicher Indikation als minimalinvasiv gelten darf, veranschaulichte Prof. Ioannidis (Abb. 8). Dank sehr geringer Schichtstärken (0,5 mm) monolithischer Lithiumdisilikat-Restaurationen kann die Präparation substanzschonend erfolgen. Voraussetzung für geringe Materialstärken ist ein sehr präzises Arbeiten: „Je genauer die Restauration passt, desto höher ist die Belastbarkeit!“, stellte Prof. Ioannidis fest.

Zudem müsse ein adäquates adhäsives Protokoll befolgt werden. Der Referent rät, stets verschiedene Versorgungsmöglichkeiten zu erwägen und in jedem Patientenfall individuell zu entscheiden. Eine Studie zum Vergleich indirekter und direkter Versorgungen im Erosions- und Abrasionsgebiss ist derzeit in Zürich unterwegs [6].

Abb. 9: Prof. Marleen Peumans. DGZ
Abb. 9: Prof. Marleen Peumans.

Prof. Marleen Peumans (Leuven, Belgien, DGR2Z) (Abb. 9) fokussierte in ihrem Referat auf ihr langjähriges Interessengebiet: das Management von zervikalen Defekten, die durch Erosion, Abfraktion und Abrasion verursacht sind. Solche nicht kariösen zervikalen Läsionen (NCCL) sind oftmals multifaktoriell bedingt; für eine adäquate Diagnostik sollten Ursachen daher mittels Checkliste genau erforscht werden. Des Weiteren gelte es, der Hypersensitivität betroffener Zähne mit Zahnpaste, Mundspülung und Kaugummi entgegenzuwirken bzw. In-Office-Produkte einzusetzen, wenn die Anpassung der häuslichen Mundhygiene keine Besserung bringe.

Bewährt habe sich zudem Airpolishing mittels Bio-Active-Glas, das die Dentintubuli blockiere und so Missempfindungen verhindere. Die Referentin empfiehlt eine frühe Diagnostik, eine abwartende, zunächst beobachtende Haltung hingegen zur Restauration. Wenn diese unumgänglich ist, sei für den Erfolg direkter Restaurationen nach einer wissenschaftlichen Untersuchung der Referentin die Wahl des Adhäsivsystems mitentscheidend – wer alles richtig macht, könne gute Überlebensraten für Kompositaufbauten erreichen.

Als Goldstandard sieht sie das 3-Step-Etch-and-Rinse-Adhäsiv Optibond FL (Kerr) und das 2-Step-Self-etch-System Clearfil SE Bond (Kuraray Noritake) an. Praxistipps der Referentin: Den Primer 20 sec einwirken lassen, verblasen, lichthärten, danach eine dünne Schicht eines Flowables für eine verbesserte Haftung aufbringen. Ein Repolishing der Restaurationsränder bei Nachkontrollen verlängere die Lebensspanne der Kompositrestauration zusätzlich.

Ästhetik unter schwierigen Ausgangsbedingungen

Der Standort Würzburg ist zum Kongressthema „Ästhetik ohne Kronen“ bestens aufgestellt. Die Oberärzte der von Tagungspräsident Prof. Gabriel Krastl (Abb. 10) geleiteten Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie in Würzburg bestritten eine eigene Session: Dr. Britta Hahn (Abb. 11) sprach zur „Ästhetik nach Trauma und KFO“, Dr. Sebastian Soliman zur „Ästhetik bei Strukturanomalien“ und Dr. Ralf Krug gab einen Überblick zur „Ästhetik bei schwierigem Zahnerhalt“. Dr. Hahn stellte Optionen der Versorgung nach Zahntrauma dar, angefangen von der Fragmentwiederbefestigung und dem direkten Kompositaufbau bei Zahnfraktur.

Abb. 10: Tagungspräsident Prof. Gabriel Krastl. DGZ
Abb. 10: Tagungspräsident Prof. Gabriel Krastl.
Abb. 11: Dr. Britta Hahn. DGZ
Abb. 11: Dr. Britta Hahn.

Bei Zahnverlust bestehen die Möglichkeiten eines KFO-Lückenschlusses, auch in Kombination mit einer Zahnformkorrektur, sowie des Lückenerhalts bei Kindern und Jugendlichen für eine spätere Implantation im Erwachsenenalter. Als vorteilhaft gegenüber einer zweiflügeligen Adhäsivbrücke bei verlorenem Frontzahn charakterisierte die Referentin die einflügelige Adhäsivbrücke, die eine substanzschonendere Präparation, sofortiges Bemerken von Retentionsverlust, eine bessere Hygienefähigkeit und Ästhetik ermöglicht. Sie kann überdies bereits im wachsenden Kiefer eingesetzt werden.

Dr. Sebastian Soliman (Abb. 12) referierte zu den Versorgungsmöglichkeiten bei Amelogenesis imperfecta und Dentinogenesis imperfecta. Der Vortrag verdeutlichte, dass mit diesen Patienten oftmals ein langer (Versorgungs-)Weg zurückgelegt werden muss und die geeignete Restauration je nach Krankheitsbild und Patientenalter individuell unterschiedlich ausfallen kann. Dr. Krug (Abb. 13) brachte Patientenfälle aus dem Zahnunfallzentrum Würzburg mit, anhand derer er auf Techniken der chirurgischen Extrusion und der Magnet-Extrusion mittels des Benex-Systems einging.

Abb. 12: Dr. Sebastian Soliman. DGZ
Abb. 12: Dr. Sebastian Soliman.
Abb. 13: Dr. Ralf Krug. DGZ
Abb. 13: Dr. Ralf Krug.

Die Magnet-Extrusion als schonendes Vorgehen kann bei einzelnen einwurzeligen Zähnen in geschlossener Zahnreihe angewandt werden, dauert allerdings einschließlich Retentionsphase 8–10 Wochen. Um Zahnunfälle zu vermeiden, empfahl der Referent individualisierten Mundschutz bei Risikosportarten. Für die Allgemeinzahnarztpraxis gibt die App AcciDent 3.0 eine gute Übersicht, was im Traumafall zu tun ist.

Trend minimalinvasive Endo auf dem Prüfstand

Abb. 14: Dr. Kerstin Bitter. DGZ
Abb. 14: Dr. Kerstin Bitter.

Dr. Kerstin Bitter aus der Charité Berlin (Abb. 14) nahm Trends in der Endodontie unter die Lupe. Kritisch zeigte sich die Referentin hinsichtlich der minimalinvasiven Endodontie mit sehr kleinen Zugangskavitäten. Ein kürzlich veröffentlichter Übersichtsbeitrag vergleicht minimalinvasives Vorgehen mit traditionellem und kommt zum Ergebnis, dass bei sehr kleiner Zugangskavität große Bereiche der Kanalwände unbearbeitet bleiben und die Technik zudem viele Schwierigkeiten mit sich bringt: Hohe Anforderungen an Ausrüstung und Behandler, auch das Füllen wird erschwert und Blasen in der Füllung kommen häufiger vor [7].

Zudem erscheint es zweifelhaft, ob das Ziel, eine bessere Frakturresistenz zu erreichen, auf diesem Weg überhaupt erreicht wird. In-vitro-Daten zeigten keine klare Tendenz für eine höhere Belastbarkeit und ein positiver Effekt auf den langfristigen Behandlungserfolg erscheint fraglich, so die Referentin.

Zahnmedizinische betriebliche Prävention – kann sie eine Präventionslücke schließen?

Abb. 15: Prof. Stefan Zimmer. DGZ
Abb. 15: Prof. Stefan Zimmer.

Prof. Stefan Zimmer (Witten/Herdecke) (Abb. 15) stellte eine Pilotstudie zur betrieblichen Prävention vor. Der Referent geht davon aus, dass betriebliche Prävention die Präventionslücke schließen könnte, die für alle Menschen im Erwerbs- und Rentenalter hierzulande bestehe.

Im Kindes- und Jugendalter sind die Deutschen wesentlich besser in Präventionsprogrammen versorgt, was sich in den Zahlen zur Zahngesundheit niederschlägt, wie der Referent zeigte. Eine Integration der zahnmedizinischen Prävention in die berufliche Gesundheitsförderung wäre also sehr wünschenswert.

Forschung: raus aus der Uni, in die Praxis

Abb. 16: Dr. Richard Wierichs. DGZ
Abb. 16: Dr. Richard Wierichs.

Auch wenn hochrangige wissenschaftliche Evidenz v.a. den RCTs, also randomisierten kontrollierten Interventionsstudien, attestiert wird, beklagen gerade Praktiker oftmals eine angebliche Praxisferne in diesen Studien. Einen Ansatz, der diesem Vorwurf entgegenwirken könnte, präsentierte Dr. Richard Wierichs (Bern) (Abb. 16) in seinem Vortrag zu praxisbasierter Forschung. Diese sieht vor, die bereits vorhandene wissenschaftliche Evidenz in die Patientenbehandlung zu bringen.

Die Umsetzung unter Praxisbedingungen soll dann weitere Erkenntnisse erbringen. Der Ansatz sieht eine Aufgabenaufteilung vor: Niedergelassene Zahnärztinnen und Zahnärzte sind für die Behandlung in der Praxis zuständig, Universitäten übernehmen die Auswertung der erhobenen Daten. Auf diese Weise könnten Machbarkeits-, Wirksamkeits- und Implementierungsstudien durchgeführt werden.

Von einem praxisbasierten deutschen Forschungsnetzwerk, dem Arbeitskreis zahnärztlicher Therapie, wurde bereits die Frage nach Risikofaktoren bezüglich der Überlebenswahrscheinlichkeiten von Klasse-V-Versorgungen zervikaler Läsionen untersucht [8]. Vorteile dieses Studientyps liegen v.a. in der Überprüfung der Alltagswirksamkeit eines Vorgehens und in der Möglichkeit einer langen Nachbeobachtung.

Fazit

Tatsächlich zeigten die Referenten gemäß dem Kongressmotto fast keine Kronen und Implantate in ihren Vorträgen, sondern fokussierten auf ein minimalinvasives, möglichst substanzschonendes Vorgehen unter Beachtung ästhetischer Grundsätze. Sie beantworteten die Frage, wie Ästhetik ohne Kronen umgesetzt werden kann, auf vielfältige und überzeugende Weise.

Hinweis:
Die Vorträge des Hauptkongresses sind noch bis Ende des Jahres 2022 in der Mediathek für alle Teilnehmer*innen online einsehbar.

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