Update Zahnaufhellung
Die Zahnaufhellung, auch Bleaching oder Whitening genannt, kann ein interessanter Bestandteil des Praxiskonzeptes sein: in wirtschaftlicher Hinsicht, da das Zusatzangebot „kosmetische Zahnaufhellung“ im Trend der Zeit liegt. Aber auch in medizinischer, da z.B. durch Aufhellung gravierender Verfärbungen in manchen Fällen invasivere Maßnahmen zur Herstellung einer akzeptablen Ästhetik vermeidbar sind. Das folgende Update von PD Dr. Georg Cachovan beleuchtet Ursachen von Zahnverfärbungen, verschiedene Methoden der Aufhellung, Kontraindikationen und den Umgang mit Sensibilitäten.
Zähne gehören zum äußeren Erscheinungsbild des Menschen und haben einen ästhetisch hohen Stellenwert. Ein strahlendes Lächeln wird als attraktiv angesehen und verleiht Selbstvertrauen [1], was insbesondere bei sozialen und beruflichen Kontakten eine wichtige Rolle spielt. Deshalb ist es für viele Menschen wichtig, schöne, natürlich weiße Zähne zu haben. So ist es nicht verwunderlich, dass die Nachfrage nach professionellen Zahnaufhellungen in zahnärztlichen Praxen steigt und diese aus dem Praxisalltag nicht mehr wegzudenken sind [2].
Extrinsische und intrinsische Ursachen von Zahnverfärbungen
Die Gründe für Zahnverfärbungen können unterschiedlich sein und sowohl bestimmte Zahnareale, den gesamten Zahn oder mehrere Zähne betreffen. Zähne können aufgrund schlechter Mundhygiene, durch verfärbende Lebensmittel und Getränke, Tabakkonsum, bestimmte Medikamente und Krankheiten, natürliche Alterungsprozesse, aufgrund von Zahntraumata und bei länger andauernder Fluoridzufuhr über die empfohlenen Konzentrationswerte hinaus (Fluorosen) dunkler werden. Hinsichtlich der Ursachen lassen sich die Verfärbungen in zwei Arten unterteilen: in extrinsische (externe) und intrinsische (interne) Zahnverfärbungen.
Farbstoffe z.B. aus Nahrungs- und Genussmitteln (Tannine, Phenolverbindungen oder Nikotin bzw. teerähnliche Verbrennungsrückstände) lagern sich auf der Zahnoberfläche oder in der Pellikelschicht an. Mundspüllösungen, die Chlorhexidindigluconat bzw. Zinnfluorid enthalten, oder chromogene Bakterien können ebenfalls zu Verfärbungen („Black Stain“) führen (Abb. 1). Neben grauen und schwarzen Verfärbungen können auch – erregerbedingt – Orangetöne auftreten. Die Farbstoffe können sowohl anorganischer als auch organischer Natur sein. Eine entsprechende Übersicht zeigt Tabelle 1 [3]. Die chemischen Interaktionen der färbenden Substanz (Chromogen) mit der Zahnoberfläche werden dabei nach Nathoo [4] klassifiziert (Tab. 2).
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Tab. 1: Extrinsische Zahnverfärbungen nach Beheim-Schwarzbach (2008) [3].
© Cachovan -
Tab. 2: Klassifikation extrinsischer Zahnverfärbungen nach Nathoo (1979) [4].
© Cachovan
Diese Verfärbungen können sowohl prä- als auch posteruptiv entstehen. Sind die Ursachen intrinsischer Art, handelt es sich jedoch häufig um Einlagerungen, die sich während der Zahnentwicklung vollziehen. Der Zahnschmelz ist dann nur geringfügig „permeabel“. Eine mögliche Ursache von Zahnverfärbungen ist die Einlagerung von Farbstoffen in das Dentin während der Zahnentwicklung. Die häufigsten Beispiele sind die durch übermäßige Fluoridaufnahme verursachte Braunverfärbung und die durch die Gabe von Tetrazyklinen verursachte Gelb- bzw. Grauverfärbung während dieser Zeit. Tetrazykline bilden mit Kalzium unlösliche Verbindungen, die in Schmelz, Dentin und Zement irreversibel eingelagert werden und zu Zahnverfärbungen führen. Als Beispiel für eine posteruptive intrinsische Zahnverfärbung seien Blutungen bzw. Nekrosen der Pulpa genannt.< Eine Übersicht zeigt Tabelle 3 [3].
Agenzien, Mechanismus und gesetzliche Bestimmungen
Als Zahnaufhellung bzw. Bleaching oder Whitening bezeichnet man alle Maßnahmen, die zur optischen Aufhellung der Zähne eingesetzt werden. Die Begriffe „Whitening“ und „Bleaching“ werden häufig synonym verwendet, was streng genommen bei der Interpretation wissenschaftlicher Literatur zu Verwirrung führen kann. Nach Angaben der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA (Food and Drug Administration) wird durch das „Whitening“ (Aufhellen) die natürliche Zahnfarbe wiederhergestellt, während durch das „Bleaching“ (Bleichen) die Zähne heller als ihre natürliche Farbe werden [5]. Zahnaufhellungen erfolgen in der Regel aus ästhetischen, zum Teil aber auch aus medizinischen Gründen.
Eine kosmetische Zahnaufhellung liegt immer dann vor, wenn Patienten eine Zahnaufhellung aus rein ästhetisch-kosmetischen Gründen wünschen. Produkte, in denen mehr als 6% Wasserstoffperoxid (H2O2) enthalten ist, können eine medizinische Zweckbestimmung (Heilbehandlung gemäß Zahnheilkundegesetz ZHG) erfüllen und somit im Sinne eines Medizinproduktes zum Einsatz kommen. Sämtliche Anwendungszyklen sind in der zahnärztlichen Praxis durchzuführen. Generell gilt, dass devitale Zähne intern (beispielsweise über Einlagen) und vitale von außen aufgehellt werden. Die Anamnese bzw. der Befund geben darüber Aufschluss, welches Verfahren zur Anwendung kommt.
Grundsätzlich geht es bei Zahnaufhellungen darum, Zahnverfärbungen zu beseitigen. Die Aufhellung basiert chemisch aufdem Zerfall von Peroxiden, wodurch Radikale freigesetzt werden, die die im Zahn eingelagerten Farbstoffe, sogenannte Chromophore, oxidieren und damit entfärben [6]. Die Reaktionsmechanismen von Peroxiden führen per se zu keiner Schmelz- bzw. Dentinschädigung [7]. Im Allgemeinen werden zur Zahnaufhellung hauptsächlich Wasserstoffperoxid und das stark wasserlösliche Carbamidperoxid (CH6N2O3) in unterschiedlichen Konzentrationen verwendet. Carbamidperoxid zerfällt bei der Reaktion in Wasserstoffperoxid und Harnstoff. Harnstoff wird ausgeschieden und ist für die Reaktion nicht relevant. Weitere Bestandteile von Bleichmitteln, wie z.B. Glycerin, tragen ebenfalls nicht wesentlich zum Bleicherfolg bei [8]. Sofern Bleichgele Carbamidperoxid enthalten, liegen diese in einer Konzentration zwischen 10 und 44% vor, was ungefähr einer Wasserstoffperoxid-Konzentration von 3 bis 16% und einem Konzentrationsfaktor CP = 2,765 × H2O2 [9] entspricht. Bleichgele auf Wasserstoffperoxid-Basis variieren zwischen 6 und 40%iger Konzentration. Wasserstoffperoxid ist ein schnell reagierender Wirkstoff, der den größten Teil seiner Bleichkraft innerhalb von eineinhalb Stunden freisetzt, wohingegen Carbamidperoxid dafür fünf Stunden benötigt (Abb. 2).
Die am 01. November 2012 in Kraft getretene Kosmetikverordnung (EU-Kosmetik Richtlinie 2011/84/EU) regelt und reglementiert die Abläufe bei der Durchführung von kosmetischen Zahnaufhellungsbehandlungen. Demnach dürfen Bleichmittel mit einer Wasserstoffperoxid-Konzentration von 0,1 bis 6% ausschließlich in zahnärztlichen Praxen und nur nach ausführlicher Aufklärung abgegeben werden (Home Bleaching). Behandlungen, die auf Basis einer höher als 6%igen H2O2-Konzentration erfolgen, dürfen nur innerhalb der zahnärztlichen Praxis durchgeführt werden. Lediglich Produkte, die weniger als 0,1% Wasserstoffperoxid enthalten, sind frei verkäuflich. Zahnaufhellungsprodukte auf Basis von Wasserstoffperoxid und von Wasserstoffperoxid freisetzenden Verbindungen wie Carbamidperoxid und Zinkperoxid (ZnO2) werden Zahnbleichmitteln gleichgestellt.
Methoden der Zahnaufhellung
Zahnaufhellungen können, entsprechend der o.g. Kosmetikverordnung, sowohl in der Zahnarztpraxis („in-office“) als auch von Patienten selbst mittels „Over-the-Counter“ (OTC)-Produkten zu Hause durchgeführt werden bzw. im Sinne einer vorab instruierten und zahnärztlich überwachten häuslichen Anwendung (Home Bleaching). Eine Sonderform der Zahnaufhellung in der zahnärztlichen Praxis bzw. Klinik stellt die Walking-Bleach-Methode bei avitalen Zähnen dar.
Over-the-Counter-Produkte (OTC)
OTC-Bleichprodukte werden angeboten als vermeintlich kostengünstige Alternative zum Bleichen verfärbter Zähne ohne zahnärztliche Aufsicht. In der Europäischen Union dürfen Mund- und Zahnpflegeprodukte nur dann frei verkauft werden, wenn sie nicht mehr als 0,1% Wasserstoffperoxid enthalten. In den USA hingegen sind Sets für die Zahnaufhellung auch mit einer höheren Wasserstoffperoxid-Konzentration auf dem freien Markt erhältlich. Verschiedene OTC-Produkte sind beispielsweise in Supermärkten, Drogerien oder im Internet erhältlich und unterscheiden sich in ihren Applikationsformen.
Dabei handelt es sich beispielsweise um Gele zum Aufpinseln, „Paint-on“-Präparate oder um sogenannte Stripes. Letztere sind Kunststoffstreifen, die als Träger für die Bleichsubstanz dienen. Die Ergebnisse der Studie von Kim et al. [10] zeigten, dass OTC-Bleichmittel dieser genannten Formen signifikant weniger wirksam waren als beispielsweise ein durch einen Zahnarzt betreutes bzw. überwachtes Home Bleaching. Es gibt Hinweise darauf, dass Bleaching-Produkte im Placebo-Vergleich wirken. Unterschiede in der Wirksamkeit zwischen den Produkten beruhen hauptsächlich darauf, ob Wasserstoffperoxid und Carbamidperoxid enthalten sind oder nicht [11]. Die Wirksamkeit von OTC-Produkten muss sich jedoch erst zeigen und ist von den „traditionellen“ Produkten entfernt [12].
Zahnpasten mit „Zahnweiß-Eigenschaften“ machen mit mehr als 50% den Großteil der OTC-Produkte aus und enthalten selten Carbamid- oder Wasserstoffperoxid bzw. irgendeine andere Art von Bleichmittel [13]. Die Fähigkeit, Verfärbungen von der Zahnoberfläche zu entfernen, beruht auf den in den Zahnpasten enthaltenen Putzkörpern (Kalziumcarbonat, Natriumbicarbonat, Siliciumdioxid) bzw. Enzymen (Amyloglucosidase, Lactoperoxidase). Tabelle 4 [14] zeigt eine Übersicht der verwendeten Abrasivstoffe. Die Ergebnisse einer systematischen Übersicht von Casado et al. [15] lassen darauf schließen, dass das Verwenden von „Weißmacher-Zahnpasten“ potenzielle Auswirkungen auf die Zahnaufhellung hat. Diese Ergebnisse sollten jedoch aufgrund unzureichender Studienlage mit Zurückhaltung interpretiert werden [15]. In keinem Fall sind diese Zahnpasten jedoch in der Lage, intrinsische Verfärbungen zu entfernen oder naturbedingt gelblich erscheinende Zähne aufzuhellen [16].
In-Office-Bleaching
Derzeit gibt es zwei Arten von Zahnaufhellungsmaßnahmen, die vom Zahnarzt betreut bzw. überwacht werden: die häusliche Zahnaufhellung (Home Bleaching) mittels einer Schiene oder das schienenlose In-Office-Bleaching, das direkt in der zahnärztlichen Praxis durchgeführt wird, also chairside. Bei beiden Formen handelt es sich um ein externes Bleaching, d.h. das Bleichmittel wird von außen auf den Zahnschmelz aufgetragen. Das In-Office-Bleaching ist für viele Patienten vorteilhaft, da es weniger zeitaufwendig, gleichzeitig aber sehr effizient ist und eine gute Vorhersagbarkeit der Resultate einschließt. In-Office-Bleaching umfasst ein wesentlich größeres Indikationsspektrum und ermöglicht zudem oftmals den Verzicht auf stärker invasive Behandlungsmethoden wie Veneers und andere restaurative Maßnahmen [17]. Das Bleaching einzelner vitaler Zähne kann mit dieser Methode ebenfalls realisiert werden. In jedem Fall sind sowohl beim Home Bleaching als auch dem In-Office-Bleaching vorab eine eingehende zahnärztliche Untersuchung als auch eine professionelle Zahnreinigung unerlässlich. Diese Maßnahmen ermöglichen eine indikationsgerechte Einschätzung sowie per se eine Zahnaufhellung.
Eine Übersichtsarbeit und Metaanalyse von de Geus et al. [18] zeigte zwischen Home Bleaching und In-Office-Bleaching keine Unterschiede hinsichtlich des Risikos bzw. der Intensität der Zahnempfindlichkeit noch hinsichtlich der Wirksamkeit der Bleaching-Behandlung. Dieser Vergleich berücksichtigt jedoch nicht die Variationen in den Protokollen, wie z.B. tägliche Nutzungszeit, die Anzahl der Sitzungen und Produktkonzentrationen.
In der zahnärztlichen Praxis bzw. Klinik werden überwiegend Behandlungen mit Wasserstoffperoxid durchgeführt, um Zahnverfärbungen zu entfernen, wohingegen Cabamidperoxide mehr im häuslichen Bereich zum Einsatz kommen. Wie bereits beschrieben, ist Wasserstoffperoxid ein gängiges Mittel zur Zahnaufhellung. Neben den unterschiedlichen Applikationsmöglichkeiten sind die Konzentration, die Kontaktzeit und die Anzahl der Anwendungen wichtige Parameter, die sowohl die Geschwindigkeit als auch das Ergebnis der Aufhellung bestimmen.
Das Erhöhen der Konzentration kann zu einer vorübergehend erhöhten Zahnempfindlichkeit bzw. bei unsachgemäßer Anwendung zu einer Reizung des Weichgewebes führen. Die Verwendung von Bleichgelen mit hoher Konzentration erfordert daher die Anwendung eines Liquid Dams oder Kofferdams, um zu verhindern, dass das Wasserstoffperoxid mit dem Gewebe in Kontakt kommt. Verfahren zur Beschleunigung der Aufhellung können prinzipiell mittels Laser, UV-Lampen sowie einer LED-, Plasma- oder Halogen-Lichtquelle erfolgen [19]. Durch den Einsatz von Licht werden die Penetration des Peroxids und das Aufbrechen der Chromophorbindungen (Farbträger) beschleunigt [2]. Die Anwendung aktivierter Verfahren sollte vor dem Hintergrund möglicher Pulpairritationen in enger Abstimmung mit den Patienten erfolgen [20].
Um die Behandlungszeit zu verkürzen und ein gutes ästhetisches Ergebnis zu erzielen, kommen unterstützend bei der In-Office-Behandlung in erster Linie sogenannte lichtaktivierte Systeme zum Einsatz. Bleichgel und Art der Lichtquelle sollten dabei genau aufeinander abgestimmt sein und in der vom Hersteller empfohlenen Art und Weise angewendet werden [21]. Laseraktivierte Zahnaufhellungen werden aufgrund der starken Wärmeentwicklung und damit möglichen Pulpaschäden nicht favorisiert. Auch die Anwendung von UV-Lampen erzeugt Wärme. Die höchste Hitzeentwicklung ist jedoch bei Lasern zu beobachten [22]. Demgegenüber zeigen sich Behandlungen mit Kaltlicht (LED-Lampe) von Vorteil, da es hier nicht zu einer Wärmeentwicklung durch die Lampe kommt. Moderne LED-Lampen bringen bei niedriger konzentrierten Peroxidgelen (6 bis 25%) einen zusätzlichen Nutzen (Abb. 3), wohingegen das für hoch konzentrierte Gele (30 bis 40%) nicht zutrifft [6,23].
Die Aufhellungswirkung ist einer 14-tägigen Ergänzungsbehandlung mit Schienen vergleichbar [6]. Zähne mit Fluorose-bedingten Opazitäten, die mittels Icon® (DMG, Hamburg, Deutschland) Infiltration behandelt werden, zeigen nach vorheriger Lichtaktivierung mit 25%igem Wasserstoffperoxid verbesserte ästhetische Ergebnisse [24]. Die Ergebnisse einer kürzlich veröffentlichten Studie zeigen, dass die Verwendung von lichtaktivierten Bleichmitteln mit geringen Wasserstoffperoxid-Konzentrationen, neutralen bis alkalischen pH-Werten des Bleichmittels sowie einer geringen Expositionszeit (wie beispielsweise bei Philips ZOOM!) empfehlenswert ist [25].
Home Bleaching
Das Home Bleaching ist eine Methode, die Patienten unter zahnärztlicher Kontrolle zu Hause eine Zahnaufhellung ermöglicht. Dazu werden nach vorheriger Abformung der Kiefer individuelle Schienen angefertigt, die als Träger für das Bleichmittel dienen. Konfektionierte Schienen sind weniger geeignet. Für die Schienenbehandlung kommen niedrig konzentriertes Wasserstoffperoxid (3 bis 12%) bzw. Carbamidperoxid (10 bis 16%) infrage [26]. Neben der Anpassung der Schienen und einer genauen Instruktion durch den Zahnarzt sind regelmäßige Kontrollen in der Praxis Bestandteil der Bleichtherapie. Ebenso wichtig sind eine regelmäßige professionelle Prophylaxe, unter Einbeziehung von Fluoridspülungen, sowie gegebenenfalls auch desensibilisierende Maßnahmen [26]. Je nach Produktkonzentration werden die Schienen entweder nachts oder tagsüber und vorzugsweise am Abend für einen definierten Zeitraum getragen. Die Behandlungsdauer beträgt in der Regel ein bis zwei Wochen. Das In-Office- und das Home Bleaching können auch miteinander kombiniert werden [27], wobei die Kombinationsbehandlung und das Home Bleaching häufiger zu Hypersensibilitäten der Zähne und Gingivairritationen führen können, als das beim In-Office-Bleaching der Fall ist [28]. Tabelle 5 [6] zeigt eine Gegenüberstellung von Home Bleaching und In-Office-Bleaching.
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Tab. 5: Gegenüberstellung In-Office- vs. Home Bleaching aus Noack et al. „Zahnaufhellung – medizinisch indiziert“ (2015) [6].
© Cachovan
Walking-Bleach-Technik zur Aufhellung avitaler Zähne
Verfärbte Frontzähne infolge eines Traumas bzw. einer Wurzelkanalbehandlung (Einlagerung von Pulpagewebsresten, Verwendung von Silberstiften etc.) werden oft als ästhetische Beeinträchtigung angesehen [29]. Infolgedessen gibt es in solchen Fällen eine starke Nachfrage hinsichtlich Zahnaufhellungen [30]. Die Walking-Bleach-Technik oder das sogenannte interne Bleaching wurde erstmals 1961 von Spasser beschrieben [31]. Diese Maßnahme findet ausschließlich in der zahnärztlichen Praxis statt und kann daher als eine Sonderform des In-Office-Bleachings angesehen werden.
Bei der Walking-Bleach-Technik wird – nach vorheriger subgingivaler Reduktion der Wurzelfüllung bis auf ca. 2 bis 3 mm – Natriumperborat oder ein geringer konzentriertes Wasserstoffperoxid-Gel (ca. 10%) in das füllmaterialfreie Pulpacavum eingebracht und der Zahn dicht verschlossen. Der Verschluss sollte entweder mit einem Glasionomerzement oder einem Komposit erfolgen, da weitere Verfärbungen so am besten vermeidbar sind [32], wobei Glasionomerzemente hier praktikabler erscheinen, sofern die Füllung wieder entfernt werden muss. Nach einer Liegezeit von 3 bis 4 Tagen wird das Bleichmittel gegebenenfalls erneuert. Der Einsatz von höher konzentriertem Wasserstoffperoxid (ca. 30 bis 35%) wird hingegen aufgrund möglicher Wurzelresorptionen nicht empfohlen [33,34]. Zudem kann es negative Einflüsse auf die Mikrohärte von Schmelz und Dentin haben [29]. Die Resultate einer Zahnaufhellung bei avitalen Zähnen sind insbesonder bei gräulichen oder gelblichen Verfärbungen vielversprechend, wohingegen dunkle Zähne schwieriger aufzuhellen sind. Das Bleaching mittels Walking-Bleach-Technik ist ein minimalinvasiver Eingriff und birgt bei korrekter Durchführung nur geringe Risiken [32]. Alternativ kann als Bleichmittel Carbamidperoxid verwendet werden, jedoch sollte auch hier auf einen indikationsgerechten Einsatz geachtet werden. Dabei zeigt sich die beste Dentinpenetration bei Anwendung von 37%igem Carbamidperoxid [29].
Zahnaufhellung: Kontraindikationen und Sensibilitäten
Als absolute Kontraindikation werden Schwangerschaft und Stillzeit angesehen sowie Unverträglichkeiten gegen einen oder mehrere Inhaltsstoffe des Bleichmaterials [17]. Daneben gibt es weitere Einschränkungen (relative Kontraindikation), wobei hier hauptsächlich hochgradige Struktur- und Farbveränderungen der Zähne (Dysplasien, starke Fluorosen, schwerwiegende Tetrazyklinverfärbungen), mangelnde Patienten-Compliance bzw. unrealistische Erwartungshaltungen und große Substanzdefekte sowie insuffiziente Restaurationen der aufzuhellenden Zähne zu nennen sind [35]. Da es hier durchaus unterschiedliche Bewertungen gibt, sollten hinsichtlich Kontraindikationen in jedem Fall die Herstellerangaben bzw. -informationen zu den jeweilig angewendeten Bleichmitteln beachtet werden. Beispielhaft sei das Abraten einer Zahnaufhellung bei Patienten unter 18 Jahren genannt, deren Zähne große Pulpacava haben und somit eher mit Sensibilitäten reagieren können. Hier zeigt sich durchaus „Spielraum“, da eine Aufhellungstherapie bei Jugendlichen sinnvoll sein kann, wohingegen nach Empfehlungen der American Academy of Pediatric Dentistry (AAPD) im Wechselgebiss keine derartigen Anwendungen erfolgen sollen [36]. Bei Jugendlichen muss aber aufgrund der nach Behandlungsende zu erwartenden reversiblen Hypersensibilitäten genau aufgeklärt und abgewogen werden, ob eine Zahnaufhellung sinnvoll ist [36].
Die Anwendung von lichtaktivierten Systemen ist zudem kontraindiziert bei Einnahme von fotoreaktiven Arzneimitteln wie einiger Fluorchinolone (Ofloxacin, Norfloxacin), Medikamenten aus der Gruppe der Psoralene und Chlorthiazid [37]. Sofern nicht bekannt sein sollte, ob ein Medikament als fotosensitiv einzustufen ist, sollte diese Auskunft vor einem möglichen Behandlungsbeginn unbedingt beim behandelnden Arzt eingeholt werden. Bei allen Methoden der Zahnaufhellung können nach der Behandlung „postoperative“ Sensibilitäten auftreten bzw. beim In-Office-Bleaching kann es bereits während der Behandlungsphase „intraoperativ“ [22] zu Empfindlichkeiten kommen, die von verschiedenen Faktoren abhängig sind. Wie erwähnt, spielen hier die Konzentration des Bleichmittels sowie Applikationszeiten eine wichtige Rolle. Diese Empfindlichkeiten sind jedoch in der Regel vorübergehend, was beachtet werden sollte [38]. Es ist ratsam, die Patienten vorher über mögliche Sensibilitäten aufzuklären [36], wenngleich sich diese analgetisch gut behandeln lassen. Nichtsteroidale antiinflammatorische Medikamente, wie Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure (ASS), zeigen hier deutliche Vorteile [39].
Eine Einnahme von Ibuprofen vor Behandlungsbeginn vermag jedoch nicht, postoperative Hypersensibilitäten zu vermeiden [40]. Desensibilisierende Maßnahmen hingegen wirken dem Auftreten von Hypersensibilitäten entgegen. Ebenso kann es sinnvoll sein, unmittelbar im Anschluss an ein In-Office-Bleaching ein Gel zur Minderung von Sensibilitäten zu applizieren bzw. es den Patienten zum vorübergehenden häuslichen Gebrauch mitzugeben [36]. Relief® ACP (Philips GmbH, © 2015 Discus Dental, LLC) bietet beispielsweise so eine Anwendungsmöglichkeit. Es bewirkt bei den Patienten eine Reduktion von Sensibilitäten [41] und fördert gleichzeitig die Remineralisierung des Zahnschmelzes [42,43]. Abbildung 4 veranschaulicht schematisch die Wirkungsweise von ACP (Amorphes Calciumphosphat).
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Abb. 4a–c: Wirkungsweise von ACP (Amorphes Calciumphosphat). ACP Kristalle verschließen die Dentinkanälchen, reduzieren so Sensibilitäten und es resultiert eine glatte Zahnoberfläche.
Quelle: Philips GmbH -
Abb. 5a u. b: Dokumentation vor (a) und nach (b) In-Office-Bleaching.
Quelle: Philips GmbH
Visuelle vs. elektronische Farbbestimmung
Die natürliche Zahnfarbe setzt sich im Wesentlichen aus Helligkeit, Sättigung (Chroma) sowie dem Farbton zusammen und hängt hauptsächlich von der Farbe des Dentins ab [44]. Eine wichtige Rolle im Rahmen des Bleachings kommt der Bestimmung der Zahnfarbe zu. Diese sollte vor jeder Zahnaufhellung erfolgen und fotografisch dokumentiert werden, um nach der Anwendung den Behandlungserfolg bewerten zu können [17] (Abb. 5). Dabei sind standardisierte Umfeldbedingungen u.a. mit einer im Hinblick auf die Farbtemperatur und -intensität geeigneten Lichtquelle zu empfehlen, ebenso wie die Möglichkeit einer softwarebasierten Dokumentation und Auswertung der Fotos [45,46].
In Praxen wird häufig der Vitapan Classical Shade Guide® (VITA Zahnfabrik H. Rauter GmbH & Co. KG, Bad Säckingen, Deutschland), also der „VITA Farbring“ zur Farbbestimmung verwendet. Da dieser nach Farbtönen (A, B, C und D) sortiert ist, bietet sich im Vorfeld einer Bleaching-Behandlung eine Anordnung nach den hierbei vorliegenden 16 Helligkeitsstufen an, d.h. von B1 bis C4 mit ansteigendem Chroma. Der Farbschlüssel VITA Bleachedguide 3D-MASTER® (VITA Zahnfabrik H. Rauter GmbH & Co. KG, Bad Säckingen, Deutschland, Abb. 6) eignet sich, neben seiner Funktion als Farbskala, insbesondere zur Kontrolle von Bleaching-Behandlungen, d.h. sowohl zur Verlaufs- als auch zur Endkontrolle.
Die visuelle Farbnahme ist jedoch subjektiv und wird von diversen Einflussfaktoren beeinflusst, wie dem Farbempfinden des Betrachters oder möglichen Farbfehlsichtigkeiten, den Lichtverhältnissen, der Lichtdurchlässigkeit (Transluzenz) und der Oberflächenstruktur [47]. Visuelle Farbbestimmungen sind daher nur begrenzt reproduzierbar, sodass elektronische Verfahren mit dem Potenzial zur hoch reproduzierbaren Bestimmung von Farbkoordinaten und nachfolgenden dreidimensionalen Farbraum-Analysen zur Ermittlung von Farbunterschieden hier eine zuverlässige Möglichkeit darstellen [46]. Dies ist insbesondere für Bleaching-Behandlungen bedeutsam. Dabei sollten jedoch keine unterschiedlichen Farbbestimmungssysteme verwendet werden, um eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten [47]. Elektronische Zahnfarbmessgeräte, wie beispielsweise das VITA Easyshade Advance 4.0® (VITA Zahnfabrik H. Rauter GmbH & Co. KG, Bad Säckingen, Deutschland) werden auch im Rahmen von wissenschaftlichen Studien angewendet [25].
Fazit
Das In-Office-Bleaching stellt eine minimalinvasive Form der zahnärztlichen Behandlung dar und ist hinsichtlich der Wirksamkeit allen anderen Möglichkeiten der Zahnaufhellung überlegen. Es sollte im Rahmen eines umfassenden Behandlungsplans durchgeführt werden, der sowohl eine gründliche Anamnese als auch eine professionelle Zahnreinigung (PZR), lege artis Dokumentation und Kostenaufklärung einschließt. Ebenso sollten Vorteile, eventuelle Risiken und die Behandlungsdauer mit den Patienten besprochen werden. Bei indikations- und sachgemäßer Anwendung sind die Methoden zur Zahnaufhellung sicher und effektiv.