Bleaching – Verkaufs- und Marketingstrategien

Die gegenwärtigen Aufhellungsprozeduren sind wirkungsvoll und die Ergebnisse persistent; die Patienten können sich lange an ihren ästhetisch ansprechenden, aufgehellten Zähnen erfreuen. Zudem stellt die Dentalindustrie sichere, schonende Produkte für das Bleaching zur Verfügung, sodass diese Privatleistung guten Gewissens in der Praxis angeboten werden kann. Der Autor hat im 1. Teil dieses dreiteiligen Beitrags die verschiedenen Möglichkeiten, Risiken und Methoden des Bleachings vorgestellt und im 2. Teil eine Übersicht über die derzeit angebotenen Produkte gegeben.* Im 3. Teil erfährt der Leser, wie er den Patienten auf das Bleaching-Angebot seiner Praxis aufmerksam machen kann und nach welchen Kriterien eine Preiskalkulation erfolgen sollte.
Erst seit Mitte 2003 werden Produkte zur Zahnaufhellung – als Medizinprodukte gekennzeichnet – in Apotheken, Drogerien und Supermärkten verkauft. Damit war für die Zahnarztpraxis zunächst ein Einbruch im Bereich dieser Leistungen verbunden. Der Durchschnittskauf pro Zahnarzt, der überhaupt Bleaching- Produkte für die Praxis erworben hat, sank von 260 € im Jahr 2003 und 243 € 2004 auf 202 € im Jahr 2005. Mit der damit erstandenen Menge können nur etwa 3 Patienten versorgt werden. Der Grund für den Rückgang in den Jahren 2003/2004 lag in einem stark rückläufi gen OTC-Markt (over the counter). Somit wurden die betreffenden Produkte auch nicht mehr so stark von Patienten weiterempfohlen, was zunächst zu einer noch geringeren Nachfrage führte. Seit 2007 ist die Tendenz jedoch wieder steigend; die Talsohle ist durchschritten.
Marktentwicklung für Bleaching in Deutschland
Bleaching verzeichnete Mitte der 1990-er Jahre ein sprunghaftes Wachstum in Deutschland (Umsatz im Dentalbereich ca. 1,2 Mio. € p. a.). Einen deutlichen Anstieg verursachte das Marketing von Whitestrips (z. B. von Crest Whitestrips aus den USA) im Jahr 2003 (Umsatz im Dentalbereich ca. 6,7 Mio. €). Nach nur 2 Jahren jedoch gab es einen deutlichen Absatzrückgang von Whitestrips von 1,6 Mio. im Jahr 2003 auf 168.000 € (2005). Nach 2007 hat das Umsatzniveau von Bleaching- Produkten im Dentalbereich (ca. 7 Mio. € p. a.) fast wieder das der frei verkäufl ichen Produkte erreicht. Jedoch kaufen nur etwas weniger als die Hälfte der Zahnärzte (ca. 48 %) überhaupt Bleaching-Produkte (Stand 2012; GfK). Davon geben 41 % der Zahnärzte bis 100 € pro Jahr aus; 28 % zwischen 100 und 200 €, 13 % 200-300 €, 8 % erwerben Bleaching-Produkte für 300-400 €, 4 % für 400-500 € und die restlichen 7 % der Zahnärzte kaufen Bleaching-Produkte für mehr als 500 € im Jahr ein (Abb. 1).
Bleaching kommt zurück in die Praxis
Seit November 2012 gibt es neue EU-Richtlinien für die Kosmetikverordnung. Danach werden Zahnaufhellungsprodukte in zwei Kategorien eingeteilt: Kosmetika und Medizinprodukte. Die aktuelle Rechtslage besagt, dass Kosmetika 0,1 bis 6 % Wasserstoffperoxid (H2O2) enthalten dürfen. Auch bei kosmetischen Indikationen muss die Erstanwendung durch den Zahnarzt erfolgen, dann darf der Patient ein Produkt mit 0,1 bis 6 % H2O2 zu Hause benutzen. Der Patient muss volljährig sein. Produkte mit mehr als 6 % H2O2 sind als Medizinprodukte kategorisiert. Diese Produkte dürfen für medizinische Indikationen nur durch den Zahnarzt in der Praxis (In-Office) eingesetzt werden. Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) sieht Zahnbleichen (Bleaching) nun als eine rein zahnärztliche Leistung an [1].
So sagen Sie es dem Patienten
Vor dem Bleachen erst einmal den Zahnarzt fragen – das ist für den Patienten von Vorteil: Der Zahnarzt kann zunächst die Ursache der Zahnverfärbung abklären und bei Bedarf therapeutische Maßnahmen einleiten. Zudem sollte dem Bleichen eine professionelle Zahnreinigung und Zahnsteinentfernung vorangehen. Auch Zahnhalsdefekte und Karies müssen vor dem Bleichen behandelt werden. Aus diesen Gründen gehört die Zahnaufhellung in Zahnarzthand (Abb. 2). Doch die meisten Zahnärzte haben den Trend zur Zahnverschönerung bisher noch nicht erkannt oder ignorieren ihn, obwohl das Thema Zahnästhetik stetig an Bedeutung gewinnt und das Bedürfnis der Patienten, Zähne aufhellen zu lassen, tatsächlich vorhanden ist, wie die Daten oben zeigen.
Das Produkt „Bleaching“ kann man durch passive Werbung – mittels Patientenbroschüren, Praxiszeitung, Poster sowie über Präsentationen und Videos im Wartezimmer oder Eingangsbereich – publik machen. Des Weiteren bietet sich eine aktive Werbung im Rahmen von Zahnsteinentfernung/PZR durch die Fachangestellte oder die Dentalhygienikerin an sowie vor Restaurationen im sichtbaren Bereich. Nach unserer Erfahrung bietet die Zahnreinigung das beste Umfeld für dieses Thema. Man kann die folgende Frage einfließen lassen: „Sind Sie mit Ihrer derzeitigen Zahnfarbe zufrieden oder haben Sie schon einmal über eine hellere Farbe nachgedacht?“ Nicht jeder Patient sollte gefragt werden, sondern nur der potenziell interessierte Teil der Patienten. Die Selektion kann die Mitarbeiterin oder der Zahnarzt treffen. Voraussetzung zum Erfolg sind allerdings die eigenen ästhetisch überzeugenden Zähne. Wenn Zahnarzt und Team nicht mit schönen weißen Zähnen punkten, können sie auch keine Werbung für Zahnästhetik machen. Um Patienten zu überzeugen, kann man bspw. Vorher- Nachher-Fotos zeigen; eventuell sogar der eigenen aufgehellten Zähne. Patienten, die Interesse zeigen, sollten anschließend schriftliches Informationsmaterial über Bleaching erhalten (ein Beispiel einer Broschüre über Bleaching zur Patientenberatung finden Sie am Anfang dieses Beitrages zum Download). Eine interne Form der Kommunikation ist die Teambesprechung. Diese sollte einmal im Monat zu einer festgelegten Zeit mit pünktlichem Beginn und Schluss, ohne Störungen durch Telefon oder Patienten, vonstattengehen. Bei diesem Termin können alle Neuerungen besprochen werden, Preise (z. B. für das Bleaching) thematisiert und die Praxisphilosophie verdeutlicht werden. Möchte man Bleaching verstärkt einführen, muss das Personal selbstverständlich in einer Teamsitzung ausführlich über Bleaching informiert werden.
FAQ – Frequently Asked Questions zum Thema Bleaching
Wenn die Teamsitzung erfolgreich verlief, sollte das Team anschließend die wichtigsten Fragen zum Thema Bleaching beantworten können. Insbesondere die Mitarbeiter, die häufig mit Patienten kommunizieren (also Telefonate entgegennehmen oder am Empfang arbeiten), sollten die folgenden Fragen beantworten können:
• Wie funktioniert Bleaching?
• Was kostet es?
• Ich habe „sehr dunkle“ Zähne. Kann man die auch aufhellen?
• Wie lange dauert eine Sitzung?
• Bleibt die neue Zahnfarbe permanent bestehen?
• Gibt es Nebenwirkungen?
• Beschädigt Bleaching die Zähne?
• Wieso ist zuvor eine Zahnreinigung notwendig?
Bleaching ist nicht allein aus finanziellen Gründen für die Zahnarztpraxis wünschenswert. Darüber hinaus stärkt eine Aufhellung der Zähne als „Positiv-Erlebnis“ die Patientenzufriedenheit und -bindung und sorgt für mehr „Zahnbewusstsein“. So fördert Bleaching eine gute Mundhygiene, die Bereitschaft für eine künftige PZR und andere Privatleistungen, wie z. B. zahnfarbige Seitenzahnfüllungen, Veneers oder Vollkeramikkronen.
Abrechnung: Achtung Mehrwertsteuer
Grundlage der Abrechnung: Zahnaufhellungsbehandlungen sind nicht im Leistungskatalog der Krankenversicherungen enthalten. Zahnaufhellung ist keine zahnmedizinisch notwendige Versorgung. Bei GKV- und Privatpatienten erfolgt die Berechnung nach vorheriger schriftlicher Vereinbarung gemäß § 2, Abs. 3 Vereinbarung über Verlangensleistungen. Es empfiehlt sich eine Berechnung nach GOZ und zwar auf Basis der Leistung auf Verlangen, gem. GOZ § 2, Abs. 3 in Verbindung mit § 1(2) (keine Analogpositionen, keine Angabe der Gebührennummer; das gilt für Zahnaufhellungen intern und extern).
GOZ § 2 Abweichende Vereinbarung Abs. 3:
„Auf Verlangen des Zahlungspfl ichtigen können Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2, die weder im Gebührenverzeichnis noch im Gebührenverzeichnis der Gebührenordnung für Ärzte enthalten sind, und ihre Vergütung abweichend von dieser Verordnung in einem Heil- und Kostenplan schriftlich vereinbart werden (...).“ Die Mehrwertsteuer muss für Bleaching-Kosten grundsätzlich berechnet werden, da die Leistung im Regelfall nicht medizinisch notwendig ist. Ausnahme: Die interne Aufhellung („Walking Bleach“) kann als „zahnmedizinisch notwendige Leistung“ gelten.
Kalkulation
Die Preise für das Bleaching müssen individuell kalkuliert werden, wobei man unbedingt den jeweiligen Aufwand beachten sollte: a) Home-Bleaching mit individueller Schiene: Dafür notwendig sind Diagnose, Schienenherstellung, Anleitung und Kontrolltermin(e). b) Home-Bleaching mit Opalescence Go (Ultradent Products, Köln), VivaStyle Paint On (Ivoclar Vivadent, Schaan/FL-Liechtenstein) oder Whitestrips (Crest Whitestrips aus den USA): Dafür notwendig sind Diagnose, Anleitung und Kontrolltermin(e). c) In-Offi ce-Bleaching: Vergleichbar mit dem Home- Bleaching; jedoch eine oder mehrere Sitzungen in der Praxis (Wartezimmer). d) Chairside-Bleaching: Hier zu berücksichtigen: Belegung des Patientenstuhles (Stuhlzeit).
Welche Methode für welchen Fall?
Praxiserfahrungen haben gezeigt, dass für das Aufhellen des gesamten Zahnbogens im Ober- und Unterkiefer meistens Bleaching-Gel (10- bis 15%iges Gel) kombiniert mit einer individuellen Schiene am wirtschaftlichsten und praktischsten für Praxis und Patient ist. Aufhellen von Einzelzähnen oder Zahngruppen – auch vor oder nach der Gesamtaufhellung – ist mit hoch dosiertem Bleaching-Gel (40 %) rasch und gezielt möglich. Einzelne devitale Zähne können mit speziellen Bleaching-Gelen für Endodontie oft in kürzester Zeit aufgehellt werden.
Methoden und Preise
Individuell: Die individuell hergestellte Schiene – der Goldstandard der Zahnaufhellung, das Premiumkonzept – spricht die meisten Patienten an. Die individuell hergestellten Schienen sind insbesondere für Patienten, die schlechte Erfahrungen mit frei verkäufl ichen Produkten gemacht haben wichtig, denn es fi ndet eine laborseitige Tray-Herstellung statt. Die optimal passende Schiene kann langfristig eingesetzt werden. Honorar: zwischen 150 und 300 € pro Kiefer. In-Offi ce-Bleaching: Wenn es schnell gehen muss oder eine starke Startbehandlung sinnvoll ist, empfehlen sich die Anmischung in der Spritze und eine chemische Aktivierung. Da ein stärkerer Effekt durch Licht oder Laser wissenschaftlich nicht erwiesen ist, erscheinen teure Lichtquellen überfl üssig. Ablauf: Gel auf den Zahn fl ächig auftragen und einmassieren. Das Ziel ist in weniger als einer Stunde erreicht. Nachteil: Mitunter mehr Empfi ndlichkeiten und nicht immer optimales Aufhellungsergebnis in der ersten Stunde; Belegung eines Patientenstuhls. Vorteil: Sehr gezielte Anwendung möglich, volle Kontrolle, schnelles Ergebnis in eventuell nur einer Stunde. Honorar: je nach Zeitaufwand, ca. 300-600 € pro Std. inkl. Material. Home-Bleaching: Für diese Variante sprechen die Einfachheit der Handhabung, der angenehme Geschmack, eine professionelle Zahnaufhellung vom Zahnarzt, dessen Überwachung und der ansprechende Preis. Ablauf: In der Praxis wird in einer Sitzung die Diagnose gestellt und die Handhabung des Produkts gezeigt. Der Patient kann dann sofort starten. Er wendet Kombi-Trays (Opalescence Go), VivaStyle Paint On (Ivoclar Vivadent) oder ein ähnliches Produkt selbstständig an. Honorar: zwischen 99 und 150 € für Ober- und Unterkiefer. Bemerkenswert ist, dass Home-Bleaching von 68 % (2012) auf 50 % Marktanteil (2014) abgefallen ist, obwohl alle Studien für das Home-Bleaching sprechen.
Fazit
Nach einer kurzen Blüte in den Jahren 2003/2004 sind die Umsätze frei verkäufl icher Zahnaufhellungsmittel wieder stark zurückgegangen. Der Grund: enttäuschte Patienten. Das Bleaching außerhalb der Zahnarztpraxis hat offensichtlich nicht funktioniert. Die kurzfristige Nachfrage hat jedoch gezeigt: Das Interesse für Bleaching ist da. In den Folgejahren ist es den Zahnärzten nicht gelungen, diese Nachfrage zu kanalisieren und den Patienten zu vermitteln, dass der Zahnarzt der Spezialist für Zahnaufhellung ist. Seit 2012 haben wir eine neue rechtliche Situation: Die zahnärztliche Praxis ist nun gesetzlich allein zuständig für die Zahnaufhellungsbehandlung. Zahnärzte haben jetzt ganz offi ziell das Zepter in die Hand bekommen – nun sollten sie diese Aufgabe auch ernsthaft übernehmen.
Beispiel einer Patientenbroschüre zum Download: